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Allgemein gilt Blade Runner von Ridley Scott (Gladiator) als einer der Meilensteine des Science Fiction-Genres. Für mich mag das allerdings nur im Ansatz stimmen, denn wenn man den Film mit anderen SciFi-Streifen der 80er Jahre vergleicht, dann muss man zwar sagen, dass Blade Runner wohl das beste ist, was Scott in diesem Sektor in den 80ern hervorgebracht hat, während John Carpenters Die Klapperschlange purer Rock'n'Roll ist, und für mich persönlich James Cameron mit The Terminator den SciFi-Meilenstein überhaupt in den 80ern abgeliefert hat. Nun mag jeder aus dieser Palette an hervorragenden SciFi-Filmen seinen ganz eigenen Favoriten haben, doch muss man Blade Runner anerkennen, dass er sich durch seine Mach- und Erzählart ein Stück vom Rest abhebt - jedenfalls was die Atmosphäre und die Locations angeht. Ein großen Anteil daran, dass der Film wohl einer der emotionalsten Filme seiner Art ist, trägt vermutlich die tragische Begebenheit, dass Ridley Scott seiner Zeit mit dem Streifen den Tod seines älteren Bruders Frank verarbeiten wollte, und daher in dem Film philosophische Fragen über das Dasein der Menschen aufwirft. Das alles kann dennoch nicht kaschieren, dass die eigentliche Geschichte von Blade Runner unklar und unkoordiniert wirkt, und mehrere Elemente nur unzureichend oder garnicht begründet werden.

L.A. im Jahre 2019. Der Mensch erschafft sogenannte Replikanten, diese Wesen sind intelligenter und körperlich stärker als ihre Erbauer. Sie sind optisch nicht von einem Menschen unterscheidbar und diesem in allen Belangen überlegen. Sie haben eine festbestimmte Lebensdauer und müssen auf weitabgelegenen Monden Ressourcen für die Menschheit abbauen. Irgendwann gibt es eine Revolte der Replikanten, sie kehren auf die für sie verbotene Erde zurück, und fangen an sich gegen ihre Schöpfer zu stellen. Die Regierung setzt die Blade Runner ein. Diese Spezialeinheit hat die Aufgabe, die Replikanten zu jagen und zu terminieren. Deckard (Harrison Ford) ist so ein Blade Runner und wird beauftragt, den Faux pas der Regierung auszumerzen und die revoltierenden Replikanten auszuschalten.

Einen der Pluspunkte des Films bringt die Hauptrolle von Harrison Ford (Firewall) mit sich, da es Scott und Ford schaffen, hier einen tollen Charakter zu erarbeiten. Denn Deckard ist im Prinzip der klassische Held Noir, ein Idealist, der mit der Vernichtung seiner Träume zum Zyniker geworden ist. Die Ereignisse des Films hauchen seinen Hoffnungen neues Leben ein. Seinen internationalen Durchbruch schaffte zudem Rutger Hauer (Sin City) mit dem Part des Roy Battys, der in gewisser Weise ein Romantiker ist, der von einem längeren Leben als jene vier Jahre, auf die sein Körper programmiert wurde, träumt. Diese beiden Figuren sind es, die Blade Runner im Grunde ausmachen. Und hinter beiden Charakteren steht eine Frau, zu denen sie sich jeweils emotional hingezogen fühlen. Diese werden widerrum passend von Sean Young (Air Borne) und Daryl Hannah (Kill Bill) verkörpert, und sind nicht minder auschlaggebend für die lokale Handlung als die beiden männlichen Hauptprotagonisten.

Auszeichnend für den Film ist unter anderem das Drehbuch, das genau wie Total Recall oder Minority Report auf einem Roman von Philip K. Dick beruht. Der Film vereinfacht die Vorlage, doch werden die romantischen Elemente verstärkt, was ihn zusammen mit den philosophischen Ansätzen ein Stück von der Mehrheit abhebt. Diesbezüglich zieht die Frage nach dem Menschsein sich wie ein roter Faden durch die gesamte Handlung, da sowohl Deckard als auch Roy auf der Suche nach sich selbst, ihren Bestimmungen und ihren Herkünften sind, zumal sie ihre Existenzen in dieser Zukunft anzweifeln. Aber trotz dieser Tatsachen ist Blade Runner im Endeffekt eine positive Einstellung des Lebens, was erst deutlicher wird, wenn Roy sympolisch eine Taube als Zeichen der Hoffnung freisetzt, als sein Akku im Finale entgültig versagt. Jedoch werden diese Themen und Fragen hier nur ansatzweise angerissen und von Scott nicht weiter herausgearbeitet. Denn es ist klar, dass man dieses Potential noch weiter hätte herausarbeiten können, um dem Gesamtwerk einen noch tiefgründigeren Touch zu verleihen. So verbleibt Blade Runner im Grunde nur bei einer Replikantenhatz mit Charaktermomenten.

Wie die meisten SciFi-Filme der 80er Ära ist auch Blade Runner ziemlich düster, schmutzig und sehr ernst ausgelegt, was von der Atmosphäre noch unterstrichen wird. So wie die Handlung sich dem Film Noir bedient, verwendet auch das hervorragende Locationdesign Dinge aus der Vergangenheit, verwendet Motive verschiedener Vorgänger und baut buchstäblich futuristische Elemente auf ältere Strukturen auf. Das führt auch dazu, dass Scotts Produktion einer der wenigen US-Sience Fictioner ist, wo die Metropolen der zukünftigen Welt nicht wie Drogenzeugnisse von irgendwelchen Architekten daher kommen. Bezüglich der Kleidung ist man den gleichen Weg gegangen, wenngleich Rachels Kleidung schon etwas zu übertrieben entworfen wurde.

Doch der Film hat auch im Actionsektor etwas zu bieten, wenn Deckart Jagd auf die Replikanten macht und er im dramatischen Showdown mit Roy konfrontiert wird, der ihm hart zusetzt. Inszenatorisch brilliant gestaltet sich der in Zeitlupe abgefilmte Tod von Zhora, als Deckart sie mit seiner Waffe tödlich trifft, was von Anleihen bei The Wild Bunch zeugen könnte. Und es ist auch nicht schwer zu erraten, welcher OO7-Streifen sich etwas von dem Schlagabtausch zwischen Deckart und Pris abgeschaut hat. Auch anderen zukünftigen Science Fiction-Beiträgen wie The Matrix oder RoboCop diente Blade Runner in Sache Action, Philosophie und Ausstattung als Vorbild.

Somit kann sich Blade Runner ein kleines Stück von anderen Werken seines Genres abheben, bleibt im Gesamtkontext aber nur eine technisch gut gemachte Verbindung aus Androidenjagd und Film Noir, die durch moralische und philosophische Fragen, Handlungen, Charaktere und toller Kulissen veredelt wird. Klar dürfte nämlich sein, dass Alien Scotts bessere SciFi-Arbeit und Total Recall die bessere Dick-Verfilmung sind, auch wenn andere dies nicht so sehen mögen.

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