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Mitte der 1970er Jahre befand sich der deutsche Sexfilm auf einem kommerziellen Höhepunkt, ein Großteil der deutschen Kinofilme war dem Genre zugehörig. Während die Schulmädchen-Reporte, deren riesiger Erfolg diese Entwicklung begünstigte, sich noch mehr oder weniger scheinheilig unter dem Deckmantel der Aufklärung rechtfertigten, so warfen die folgenden Produktionen diesen Ansatz völlig über Bord. Mit dem Schauplatz eines urig gezeichneten bayerischen Kurortes und den Alpen als malerischer Hintergrund ist „Liebesgrüße aus der Lederhose“ einer der Lederhosenfilme schlechthin. Obwohl die Filme in der Regel in sexistischen, rassistischen und homophoben Klischees baden und sowohl den Ruf des deutschen Volkes (der unter anderem dank dieser speziellen Filme immer wieder auf Bayern beschränkt wird) als auch des deutschen Filmes nachhaltig schädigten genießen sie unter Kennern und Liebhabern einen ganz besonderen Kultstatus und versprühen einen unvergleichlichen Charme, für den man aber unbedingt eine gewisse Vorliebe mitbringen muss.

Die denkbar einfache Story wird in ihrem vollen Potential nicht genutzt, entwickelt zu spät den nötigen Drive und von Regisseur Franz Marischka stellenweise völlig aus den Augen verloren. Zu viele Sequenzen versanden pointenlos im Nichts und somit plätschert die Geschichte zunächst sehr planlos vor sich hin bevor es in der zweiten Hälfte ordentlich was zu lachen gibt. Sowohl die Storyline um die Konkurrenz der beiden Wirtshäuser kommt etwas zu kurz als auch das etwas abrupt inszenierte Finale. Bis zum Ende hin findet der Film trotz durchaus vorhandener Stärken zu keinem flüssigen Rhythmus und lässt den roten Faden teilweise nur erahnen.

Absolut authentisch sind die Originalschauplätze mit allem was dazugehört: Traditionelle Trachten, Kulissen und Equipment vermitteln bis ins kleinste Detail ein urbayerisches Flair, unterstützt durch einen passenden Soundtrack und die volkstümlichen Darsteller. Jene sind allesamt direkt aus dem geographischen Umfeld gegriffen, zu hören am ausgeprägt angewandten Akzent, der in nahezu jedem Dialog zur Geltung kommt. Dagegen halten nur Rinaldo Talamonti, der wie immer den dämlichen italienischen Gastarbeiter zum Besten gibt und Peter Hamm, der in seiner Hauptrolle ein wenig untergeht und von der bayerischen Kultfigur Peter Steiner gnadenlos an die Wand gespielt wird.

Steiner war zum Zeitpunkt des Drehs schon ein angesehener Star ein seiner süddeutschen Heimat, war bekannt durch etliche Theaterrollen und Auftritte im Fernsehen. Seinen angesehenen Ruf riskierte er mit den finanziell einträglichen Lederhosenfilmen massiv, verkörperte er darin meist doch ein stark überspitztes, sexistisches Klischeebild, welches so gar mit der konservativen bayerischen Grundhaltung übereinstimmt. Gerade die Provokation der spießbürgerlichen Landbevölkerung ist unübersehbar, leider kommt der Film aber über leichte satirische Ansätze nicht hinaus. Erstaunlicherweise etablierte sich Steiner trotz diverser weiterer einschlägiger Auftritte wieder voll und ganz bei der Öffentlichkeit und konnte später mit seiner Bauern-Sitcom „Zum Stanglwirt“ wieder große Erfolge und hohe Einschaltquoten einfahren.

Leider verliert sich „Liebesgrüße aus der Lederhose“ in überzogen zotigem Humor dem besonders in der ersten Hälfte die Frische fehlt, kaum ein Gag zündet wirklich. Die Derbheit der Witze entspricht aber stark der Tradition des Bauerntheaters, dessen Mechanismus sich der Film größtenteils bedient. Regisseur Franz Marischka nutzt seine Erfahrung mit schnulzigen und auch albernen Heimatfilmen geschickt um die Kulisse in gewohnter Optik zu präsentieren, dabei aber die Prüderie des Genres Heimatfilm völlig über Bord zu werfen und ins Gegenteil zu verkehren. Doch auch mit dem eigenen Genre geht „Liebesgrüße aus der Lederhose“ eher augenzwinkernd um und nimmt sich selbst zu keinem Zeitpunkt irgendwie ernst, die locker entspannte Atmosphäre am Set ist auch heute noch für den Zuschauer spürbar. Sämtliche Frauen sind nymphomanisch gezeichnet und fallen über wirklich jeden Kerl her, so dass die Männer des Ortes schon überfordert sind und sich vor dem Liebesakt oftmals drücken.

Nacktszenen gibt es viele zu sehen, durchaus ansehnliche
Darstellerinnen ebenso, mit Sex wird aber, im direkten Vergleich zu anderen deutschen Erotikfilmen, stark gegeizt. An den Kinokassen stimmte das Ergebnis, so das der Weg für ganze sieben Fortsetzungen geebnet wurde, im deutschen Fernsehen erlangten die Filme in den 90er Jahren erneute Popularität und erfreuen heute mehrere Generationen von Fans. Ganz im Stil einer Komödie mit Bud Spencer und Terence Hill packt Marischka gegen Ende eine alberne Schlägerei dazu, die mit erbärmlicher Choreographie amüsiert.

Fazit: Ein Kultfilm der Lederhosen-Epidemie, auch wenn andere Genrevertreter weitaus unterhaltsamer gestaltet sind und auch mehr Frivolitäten zu bieten haben. Dennoch lohnenswert für Fans und solche die es werden wollen.

05 / 10

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