Der Heimatfilm gilt als das einzige Genre, welches die deutsche Filmindustrie hervor gebracht hat, dessen Charakter sich in keinem anderen Produktionsland findet und daher beinahe nur von einem deutschsprachigen Publikum konsumiert wurde. Ebenso erfolgreich wie die milden Nachkriegs-Heimatfilme waren zwei Dekaden später deren Pervertierung, die so genannten Lederhosenfilme. Sex-Klamotten in der Tradition bayerischen Bauerntheaters und der damals enorm populären „Schulmädchen-Report“ Reihe.
„Liebesgrüße aus der Lederhose“ umfasst als Filmreihe sieben Teile, voneinander narrativ beinahe vollständig unabhängig, allerdings veröffentlicht unter demselben Banner und mit vertrauten Gesichtern besetzt. Die Reihe kann bedenkenlos als Aushängeschild des bayerischen Erotikfilms gelten, auch wenn der erste Teil noch nicht den rechten Schwung aufwies. Nach dem Crossover mit der Ruhrpott-Reihe „Lass jucken Kumpel“ kehrte man wieder zurück zum ursprünglichen Konzept und setzt voll und ganz auf den süddeutschen Akzent bzw. Humor.
Besonders auffällig am dritten Teil „Sex-Express aus Oberbayern“ ist die untergeordnete Präsenz von Nackt- und Sex-Szenen. Bis auf wenige Ausnahmen und kurze Einblicke verzichtet der Film fast vollständig auf den Erotikanteil und funktioniert überraschenderweise immer noch ausgesprochen gut.
Das liegt in erster Linie am fähigen Team, welches hinter dem Projekt steht und an der vorzüglichen Besetzung, der größten Stärke der „Liebesgrüße“-Saga. Peter Steiner und Franz Muxeneder spielen sichtlich begeistert und tragen ihren Kleinkrieg überraschend abwechslungsreich aus. Beiden kommen sowohl ausgiebige schauspielerische sowie komödiantische Erfahrung zugute, außerdem unterstützende Sidekicks wie Erich Kleiber, Rosl Mayr und Georg Einerdinger. Zudem tritt Johannes Buzalski („Mark of The Devil“) in einer kurzen Gastrolle auf, geht im übermütigen Schwank beinahe völlig unter – es war einer seiner letzten Auftritte.
Anstelle ausufernder Softerotik tritt ein hohes Maß grobschlächtigen Humors, der durch die tollen Schauspieler trotz aller Plattheit immer noch einen gewissen Effekt erzielt, der den meisten Sexklamotten der 70er völlig abgeht. Die seriösen Darsteller sind sich auch für keine Zote zu gut und machen jeden Spaß mit – da gibt es auch mal eine Mistgabel in den Hintern und bei einer ausufernden Kneipenschlägerei fliegen die vollen Maßkrüge gegen die Köpfe. Jene Schlägerei macht einen wesentlich körperlicheren Eindruck als noch die katastrophal inszenierte im ersten Teil. Hier erinnern die Prügelszenen beinahe schon an die seligen Kultfilme mit Bud Spencer und Terence Hill.
Wie so oft gibt es Musikeinlagen, die sich im dritten Teil aber kaum mehr als störend erweisen sondern besser in die Handlung integriert worden und jede Menge sexistischer Schwulenwitze. Für die ist, wie auch in den weiteren Teilen Georg Einerdinger verantwortlich, der schon hier den tuntigen Berliner Karl gibt und diese Rolle immer mehr überspitzen sollte und hier von einer ganzen Gruppe ähnlich dargestellter Homosexueller zusätzlich unterstützt wird. Musikalisch gibt es keine wirkliche Abwechslung, volkstümliche Musik wie man sie aus dem Genre kennt und natürlich das unverwechselbare Titellied.
Auch wenn der Plot nicht überaus originell erscheint, so entspricht er genau den Vorgaben des Genres und hat alles, was ein Film dieser Art braucht. Ein wenig mehr Sex hätte nicht geschadet, dafür gibt es einige eindeutige Spitzen. Die ganze Story unterminiert die staatliche und politische Autorität, zeigt klein karierte Lokalpolitiker, deren Tätigkeit an Banalität kaum zu übertreffen ist. Da regt man sich maßlos über die Zusammenlegung zweier Orte und deren Umbenennung auf nur um schlussendlich des Geldes wegen zusammen zu finden.
Fazit: Trotz mangelnder Frivolität unterhält der dritte Liebesgruß bestens und begeistert mit herbem Slapstick und unvergleichlichem Charme. Außerordentlich flott inszeniert, so kommt keine Langeweile auf - Klamauk aus Oberbayern in Hochform.
07 / 10