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Wie schon der Titel andeutet handelt es sich bei John Waters’ erstem längerem Film um pursten Trash, einen Angriff auf den guten Geschmack und ein Rundumschlag gegen amerikanische Wertvorstellungen. Bereits seine frühen Kurzfilme „Eat your Make-up“ und besonders „The Diane Linkletter Story“ zeigen schon deutlich in welche Richtung sich die Werke des späteren Trash-Papstes entwickeln sollten. „Mondo Trasho“ kommt fast komplett ohne Dialoge aus und damit auch ohne richtiges Drehbuch und lebt von dem Effekt einzelner Szenen, der Improvisation der Crew und natürlich der Präsenz Divines.

Schon hier beweist Waters viel Talent als Regisseur und begeistert sofort mit exquisiter Musikauswahl und starken Bildern. So schmutzig der Film sofort wirkt (er beginnt immerhin mit einer Tier-Snuff Szene, der Schlachtung eines Huhns), so offensichtlich ist schon der einzigartige Stil des Dream-Teams Divine/Waters vorhanden. Die Figuren sind überzeichnet und werden kaum charakterisiert, Tabubrüche gibt es an allen Ecken und Enden zu finden und Divine begeistert mit ihrem unverkennbarem Overacting und haarsträubendem Outfit.

In der Tat fällt es schwer den Film am Stück zu konsumieren, doch viel Aufmerksamkeit verlangt „Mondo Trasho“ nicht: Vielmehr sind viele Sequenzen einfach zu lang geraten und erfüllen bloß die Funktion die Lauflänge zu strecken. Ein allseits anerkanntes Mittel von Amateurfilmern, für den Mainstream-Zuschauer wohl der größte Kritikpunkt. Doch nicht nur das: Die Kamera wackelt ständig, öfter mal wird das Bild kurz unscharf und die Schnitte entbehren fast jeglichen Sinn für Timing. Daraus resultiert eine chaotische Optik, die jederzeit zu entgleisen droht und den Zuschauer auf eigenartige Weise zu fesseln vermag. Der flotte Soundtrack trägt viel bei zum Tempo und lässt einige schwache Szenen noch etwas besser aussehen.

Um die Rechte für die Songs kümmerte sich der Regisseur ungefähr soviel wie um den Filmgeschmack einer durchschnittlichen amerikanischen Hausfrau. Doch irgendwie fanden seine Filme doch ein Nischenpublikum und seine späteren Farbfilme konnte Waters sogar nach Europa verkaufen. Im Gegensatz zu seinen Kultfilmen „Pink Flamingos“ oder „Female Trouble“ sind seine schwarz-weißen Werke beinahe vergessen und schwer zu erwerben. Die spröden Bilder passen hervorragend zum roh montierten Filmmaterial und erzielen selbst nach fast dreißig Jahren noch ihre Wirkung.

Natürlich bleibt „Mondo Trasho“, wie auch die Kurzfilme, nicht viel mehr als eine Übung, ein Versuch und zugleich ein Umriss all dessen was noch in viel konzentrierter und derberer Form kommen sollte. Für Fans ein Muss, vor allem weil es sich quasi um die direkte Vorstufe zu Waters erstem Meisterwerk handelt, nämlich dem ebenfalls hauptsächlich improvisierten „Multiple Maniacs“. Gut zwanzig Minuten weniger hätten es aber auch getan…

Fazit: „Mondo Trasho“ lebt von der anarchischen Inszenierung und der wüsten Deformation all dessen, was Kino im eigentlichen Sinne ausmacht. John Waters ist ungeschlagen in seiner Radikalität und der Zelebrierung unmoralischer Geschmacklosigkeiten. In seinen weiteren Filmen vermochte es der kontroverse Regisseur sich konsequent zu steigern und in ungeahnte Tiefen filmischer Widerlichkeit vorzudringen.

6,5 / 10

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