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„Anything Else“ ist der wohl größte Flop in der Karriere Woody Allens, was aber nichts über die Qualität des Streifens aussagt. Vielmehr liegt der kommerzielle Untergang des Films an der katastrophal falschen Werbe-Strategie der mittlerweile nicht mehr existierenden Firma Dream Works. Diese hatte bereits bei ihrem ersten Animationsfilm „Antz“ mit Woody Allen zusammen gearbeitet und nun versuchte man es mit der Produktion einer Komödie des Meisters. Der Schuss ging gewaltig nach hinten los, was primär an der Tatsache liegt das man sich für das Marketing ein viel zu junges Zielpublikum ausgesucht hat. Mit der Verpflichtung von Jason Biggs („American Pie“, „Loser“) hatte der immer unangepasste Regisseur sicher kein Zugeständnis an einen pubertären Zuschauerkreis im Sinn.

Vielmehr fordert Woody die junge Darsteller-Riege zu reifen schauspielerischen Leistungen auf und hilft Biggs über sein stereotypes „American Pie“-Image hinweg zu kommen und endlich aus der Teenie-Komödien Sparte hervor zu treten. Unterstützt wird er dabei hervorragend von der erfahrenen Christina Ricci, die bereits zur Zeit der Dreharbeiten in über dreißig Filmen mitgespielt hatte. Sie liefert eine Paradevorstellung ab, spielt mit viel Elan und passt perfekt in den neurotischen Allen-Kosmos. Die Chemie zwischen den beiden stimmt auch, was für eine Beziehungs-Komödie schließlich ein elementarer Faktor ist.

Jimmy Fallon, in den USA bereits vor Jahren ein gefeierter „Saturday Night Live“-Star ist in einer seiner ersten Film-Rollen zu sehen und macht sich erstaunlich gut. Entgegen seinem Stand-Up Humor wirkt er in „Anything Else“ sehr ruhig und zeigt, dass schauspielerisches Talent in ihm steckt. Zwei Jahre später sollte er in seiner Hauptrolle in „Ein Mann für eine Saison“ erstmals eine größere Rolle bekommen. Highlight bleiben aber die Alt-Stars: Woody selbst ist in Hochform und präsentiert sich in seiner altbewährten Paraderolle – hier nun aber nur noch als Mentor für den vierzig Jahre jüngeren Jerry (J. Biggs). Seine paranoiden Wortschwälle erquicken einerseits durch trockenen Humor, andererseits durch zynische Abrechnungen mit Intellektualismus. Weiterhin großartig ist Danny De Vito, dessen Leinwand-Präsenz in den letzten Jahren gesunken ist – schon lange widmet er sich lieber kleinen Nebenrollen und der Arbeit hinter der Kamera, sei es als Produzent oder als Regisseur. Hier lässt er aber noch mal seine darstellerischen Muskeln spielen, überzeugt voll und ganz als schmieriger, abgehalfterter Agent.

Allens Drehbuch beinhaltet wie üblich brillanten Wortwitz und authentische Dialoge – weder künstlich noch gestellt sondern einfach nur echt. Atmosphärisch dicht und wunderbar leicht folgt das Erzähltempo genau dem Rhythmus des entspannten Jazz-Soundtracks. Unter der seichten Oberfläche befinden sich aber tiefe Lebens-Weisheiten eines gereiften Künstlers, versteckte aber unmissverständlich vorhandene politische Seitenhiebe sowie satirische Einblicke hinter die Kulissen der Stand-Up Branche. Schon in „Broadway Danny Rose“ setzte Allen dem Stand-Up ein Denkmal, portraitiert das Business in „Anything Else“ allerdings wesentlich ätzender. Die Doppelbödigkeit aus unbeschwerter Unterhaltung und nachdenklicher Kunst macht die leicht flache Story wett und funktioniert einmal mehr bestens – in vielerlei Hinsicht ähnelt der Film seinem Vorgänger „Hollywood Ending“, der auch im Showbusiness angesiedelt ist. Einige nette Selbstverweise finden sich und können vor allem alteingesessene Fans gefallen.

Fazit: Schade das „Anything Else“ international dermaßen untergegangen ist und nicht mal die Produktions- und Werbekosten wieder einspielen konnte. Schuld ist hier definitiv keiner der beteiligten Künstler sondern die grottenschlechte Vermarktung. Zum Glück hat sich Woody in seiner England-Phase mit „Match Point“ und „Scoop“ kommerziell wieder gefangen und nun wird es Zeit für deutsche DVD-Veröffentlichungen von „Anything Else“ und „Hollywood Ending“.

7,5 / 10

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