Warum sieht man sich einen "King Kong"-Film an ?
Es wird sicherlich kaum Jemanden geben, der die Story um den Riesenaffen, der zum Schluß New York aufmischt, nicht kennt. Doch irgendwie ist an dem Thema, dass in seiner Urfassung 1933 ein Riesenerfolg war und dazu noch ein tricktechnischer Meilenstein, der Habitus des Sensationellen hängen geblieben. So war es nicht erstaunlich, dass Peter Jacksons Remake 2005 ebenfalls voll einschlug, besonders da es sich dem Original verpflichtet fühlte und mit den neuesten tricktechnischen Möglichkeiten eine würdige und im Detail eigenständige Umsetzung bot.
Zwischen diesen beiden Polen ist das erste Remake von 1976 in Vergessenheit geraten und wird bezüglich seiner Umsetzung auch allgemein deutlich kritischer bewertet. Dabei war sein Erscheinen nicht viel weniger sensationell als das des Originals von 1933. Mitte der 70er Jahre war der Originalfilm auch keineswegs so gegenwärtig wie heute, da es noch keinerlei Möglichkeiten gab, Filme für den Privatgebrauch zu kopieren (geschweige denn zu erwerben) - man konnte ihn nur zu seltenen Anlässen im TV ansehen.
Um ein wenig einen Blick auf den damaligen Zeitgeist zu werfen, gestatte man mir in dieser Review eine kurze Schilderung aus meinem Privatleben :
"King Kong" war Mitte der 70er Jahre einer der ersten "Block Buster" der Filmgeschichte, ohne das der Begriff damals schon bekannt war, und er war der teuerste Film der damaligen Zeit. Auch ich, damals gerade sechzehn, entschied mich sofort für diesen Film, als ich mit meiner neuen (und ersten richtigen) Freundin ins Kino wollte. Die Story war mir zwar grob bekannt, aber den Originalfilm kannte ich ebensowenig wie die meisten anderen Kinobesucher.
Damals waren Remakes noch eine sehr seltene Spezies und wir empfanden diesen Film deshalb als Neufassung und ich kann mich noch gut erinnern, den Film mit einiger Spannung verfolgt zu haben (so gut das ziemlich abgelenkt von der letzten Reihe aus möglich war). Die damalige Kritik erging sich eher in ihrer allgemeinen Ablehnung gegenüber Hollywood-Großprojekten, denen Seelenlosigkeit und Sensationsgier vorgeworfen wurde. So merkwürdig es klingt, hatte Peter Jackson es zumindest in diesem Punkt einfacher, da eine Story wie "King Kong" heute als Klassiker gilt und nicht mehr an Kategorien wie Logik oder Trivialität gemessen wird.
Der Eindruck, den der Film bei mir hinterliess, verblasste mit der Zeit und reduzierte sich hauptsächlich auf die persönlichen Erinnerungen. "King Kong" war eben ein großes Spektakel, aber die Story fand ich nicht besonders anspruchsvoll. Wie sehr ich den Film vergass, erkennt man auch daran, dass es mir völlig entfallen war, dass Jeff Bridges und Jessica Lange die Hauptrollen spielten, da ich sie mit ganz anderen Produktionen identifizierte.
Doch zurück zur Gegenwart, in der ich mir den Film nach vielen Jahren zum ersten mal wieder konzentriert ansah, noch mit der frischen Erinnerung an Peter Jacksons Fassung. Und so merkwürdig es klingen mag - mir gefiel der Film und vor allem, ich fand ihn erstaunlich modern.
Natürlich kann die Tricktechnik hier nicht mit der aktuellen CGI-Technik mithalten - so sind King Kongs Bewegúngen hier viel weniger affenartig - aber die Verlegung in die 70er Jahre gibt dem Film etwas klar strukturiertes und damit einfacheres und weniger überladenes. Schon die Entwicklung der Story, die sich nicht mit irgendwelchem Vorgeplänkel auf dem Festland aufhält, ist sehr straight und führt zielgerecht zu der geheimnisvollen Insel.
So ist es auch sehr angenehm, dass hier keine Soldaten oder schwer aufgerüsteten Kämpfer mit von der Partie sind, sondern nur Forscher und Seeleute, die eben notgedrungen zur Waffe greifen. Auf der Insel konzentriert sich auch alles auf den Riesenaffen, so dass hier nicht - wie bei Jackson - an jeder Ecke eine neue Gefahr lauert, weswegen der Film sich regelrecht komische Momente leistet, als zum Beispiel der Geologe dem Leiter der Expedition Fred Wilson (Charles Grodin, angemessen fies) klar macht, dass das Öl schon fast fertig ist - er müsse nur noch den klitzekleinen Moment von 10000 Jahren warten.
Vielleicht lag es am damaligen Zeitgeist, aber außer "King Kong" selbst wirkt hier alles sehr nachvollziehbar. Außer einer Schlange gibt es keine weiteren Ungeheuer, keine besonders bösen oder eigennützigen Charaktere und selbst das abschließende Töten des Gorillas wird nicht übertrieben stilisiert. Man kann den Film deshalb wenig aufregend finden, aber angesichts unserer heutigen Filme, in denen ein Ungeheuer keinen Schritt mehr machen kann, ohne das geschätzte zehn Autos durch die Luft wirbeln, hat diese kleinere Dimension auch etwas angenehmes. Die Wahl des "World Trade Centers" als abschließender Schauplatz des Show-Downs, passt ebenso in dieses Bild, denn diese - leider zerstörten - wunderbaren Beispiele der architektonischen Moderne, wirken wesentlich frischer als es das kitschige "Empire State Building" jemals könnte. Und es ist eine schöne Fussnote der Filmgeschichte, dass dieser "King Kong" diesem Gebäude hier ein kleines Denkmal setzt.
Fazit : Es lohnt sich, diesen eigenwilligen "King Kong" nochmals zu betrachten. Sicherlich wird er heute, nach Jacksons fulminanter Umsetzung, noch weniger Freunde finden, aber wer langsam genug hat von dem ganzen Bombast, kann hier fündig werden.
Die Story um den Riesenaffen wird zügig und in verhältnismäßig kurzer Zeit umgesetzt und verfügt dazu über eigene Elemente wie die sehr gelungene Sequenz auf der Schiffsüberfahrt mit King Kong nach New York.
Nur wer sich ausschließlich auf die Tricktechnik konzentriert, wird diesen Film altmodisch finden, ansonsten ist er sowohl in seiner sonstigen Optik als auch in seiner Inszenierung klar strukturiert und modern und drückt auch weit weniger auf die Tränendrüse (7/10).