Review

Als Regisseur Brad Anderson im Jahre 2001 den inzwischen zum absoluten Geheimtipp avancierten „Session 9“ herausbrachte, war ich sehr gespannt, welches Projekt er als nächstes angehen würde und ob es an die Qualität seines Debüts heranreichen könnte.
Mit „the Machinist“ liegt sein Nachfolgefilm nun vor, und allein ein Blick auf seine Hauptfigur lässt erkennen, dass es sich dabei um ein außergewöhnliches Werk handelt: Für die Rolle des an Schlafstörungen leidenden Trevor hungerte sich Christian Bale unglaubliche 30 Kilo (!) von seinem perfekten „American Psycho“-Erscheinungsbild herunter, um seinen Charakter glaubwürdig „verkörpern“ zu können.
Es ist schier unglaublich, was er für diese Rolle auf sich genommen hat, denn er ist kaum wieder zu erkennen und besteht wahrlich nur noch aus Haut und Knochen – eine achtungswürdige Herangehensweise, denn er beweist damit konsequenten Mut zur Hässlichkeit, nur dass er seinen Körper wirklich dementsprechend verändert hat, ganz ohne maskenbildnerische Meisterleistungen (wie etwa bei Charlize Theron in „Monster“). Er ist so dünn, dass man sich schon fast Sorgen machen müsste – wenn nicht bekannt wäre, dass er in „Batman Begins“ ja schon wieder in „alter (physischer) Form“ zu sehen ist…
Bei Bale ist es jedoch nicht nur die äußere Erscheinung, die einem Respekt abverlangt, sondern sein glänzendes Spiel im Allgemeinen. Mit diesem Film beweist er einmal mehr, dass er zu der besten Schauspielern seiner Generation gehört, so glaubhaft stellt er die von geborgener Zuneigung bis zur totalen Paranoia reichende Palette an Emotionen seiner Figur dar.

Über die Handlung sollte man im Vorfeld so wenig wie möglich wissen, denn es handelt sich hierbei um einen dieser Filme, die mit dem Kopf des Zuschauers spielen, Aufmerksamkeit und Konzentration verlangen – ein filmisches Puzzle, nichts für Ungeduldige oder oberflächliche Vielseher. Aus diesem Grund werde ich mich auf die Grundgeschichte beschränken:
Seit einem Jahr hat Trevor (Bale) nicht mehr geschlafen. Wie ein Schatten seiner selbst bewegt er sich durch seine Welt, die hauptsächlich aus einem stumpfsinnigen Fabrikjob, seiner tristen Wohnung, geborgenen Stunden bei einer Prostituierten (viel zu selten im Kino zu sehen: Jennifer Jason Leigh – „In the Cut“) oder netten Gesprächen mit einer Kellnerin (Aitana Sanchez-Gijon – „dem Himmel so nah“) im Flughafencafe besteht.
Eines Tages soll Trevor seinem Kollegen Miller (Michael Ironside – „Total Recall“) bei der Reparatur einer Maschine helfen, wird dabei aber von der bedrohenden Geste eines anderen Arbeiters (John Sharian – „Death Machine“) abgelenkt, worauf es zu einem folgenschweren Unfall kommt, bei dem Miller seinen Arm verliert. Bei der Untersuchung stellt sich heraus, dass es den anderen Kollegen offiziell gar nicht gibt, und ab jenem Zeitpunkt häufen sich die merkwürdigen Ereignisse, die schließlich in totaler Paranoia und Selbstzerstörung münden – merkwürdige Post-Its mit dem „Galgenraten“-Spiel kleben auf einmal an seinem Kühlschrank, aus dem auch Blut zu sickern beginnt, der geheimnisvolle Mann mit angenähten Zehen als Finger taucht immer wieder auf, und zudem scheint es immer konstant 13:30 Uhr zu sein…

Für diese Art von „Mindfuck“-Filmen gibt es gelungene („Mulholland Dr.“) und weniger gelungene Beispiele („Attic Expeditions“) – „the Machinist“ gehört eindeutig zu ersterer Kategorie, denn die Puzzleteile werden dem Zuschauer subtil und unaufdringlich präsentiert, so dass es an dem Betrachter selbst liegt, die Zeichen (z.B. Fische oder rote Farbe) zu erkennen, sie zu verstehen und in den Gesamtkontext einzusetzen. Nach der soliden Schlusswendung muss man den Film noch einmal Revue passieren lassen – dann fallen die Elemente auch in ihre Plätze und vervollständigen das Bild.

Die Darsteller sind allesamt gut, Brad Andersons Regie zurückhaltend, aber fokussiert, die Kameraarbeit unspektakulär, die Bildsprache vorwiegend in tristen und verwaschenen Grau- und Blautönen gehalten. Das ruhige Erzähltempo und die unaufdringliche Inszenierung geben die Grundstimmung optimal wieder (allein die Geisterbahn-Sequenz ist einfach genial), doch als geringfügigen Negativpunkt könnte man anführen, dass der Film dem Zuschauer gegen Ende einfach vieles verständlich machen möchte – etwas weniger an Erklärung hätte zwar noch mehr „denkfaule“ Zuschauer verschreckt, es aber für echte Cineasten (die bereit dazu sind, sich intensiver mit dem Gesehenen auseinander zu setzen – siehe wiederum „Mulholland Dr.“) auch getan.

Fazit: Ein guter und düsterer Film mit einem großartigen Hauptdarsteller, irgendwo zwischen Hitchcock und Lynch angesiedelt, bei dem der Betrachter auch nach- und mitdenken muss … 8 von 10.

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