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Es ist inzwischen 3 Jahre her, seitdem aus Frank Castle (Thomas Jane) der "Punisher" wurde. Die Besonderheit des "Punishers" - im Gegensatz zu den sonstigen Comichelden des Marvel-Universums - liegt nach landläufiger Meinung im Verzicht auf sogenannte "Superkräfte". Frank Castle ist ein besonders gut ausgebildeter Kämpfer, verfügt aber sonst über keine außergewöhnlichen Fähigkeiten. Allerdings kämpft er auch nicht gegen andere sogenannte "Superschurken", wie das zum Beispiel bei "Spiderman" die Regel ist. Deshalb ist der Unterschied in diesem Punkt nur bei oberflächlicher Betrachtung gegeben - auch der "Punisher" begegnet seinen Gegnern immer auf Augenhöhe.

Nein, der eigentliche Unterschied liegt in seiner Intention zu kämpfen. Während etwa Spiderman immer Selbstzweifel hegt, ob die Mittel, die er anwendet, angemessen sind und dabei niemals die Vernichtung seines Gegners plant, so nimmt sich der "Punisher" heraus, darüber zu bestimmen, wen er bestraft. Und seine Argumente klingen genauso wie sämtliche sonstigen Selbstjustiz-Parolen auch - da wo das Gesetz die Verbrecher nicht dingfest machen kann, muß eben der "Bestrafer" die Gerechtigkeit in seine fähigen Hände nehmen.

Um eine solche Vorgehensweise moralisch rechtfertigen zu können, muß eine entsprechende Vorgeschichte erzählt werden. Und da fahren die Macher genregerecht das ganz große Geschütz auf - die Ermordung der gesamten Familie. Gerade als Frank Castle sich zur Ruhe setzen will und sich endlich mal Zeit für Frau und Kind nimmt, wird er Opfer eines Rachefeldzuges. In seinem letzten Job als Undercover-Agent hatte es eine Panne gegeben, als ein junger Mann dabei erschossen wurde. Leider handelte es sich um den Sohn des berüchtigten Unterwelt-Königs Howard Saint (John Travolta), der deshalb blutige Rache an dem seiner Meinung nach dafür Verantwortlichen schwor, zusätzlich noch gepuscht durch die Wut seiner Frau Livia (Laura Harring).

Dieses Szenario wird gerne verglichen mit einem der Klassiker der Selbstjustiz "Mad Max", bei dem auch der Held zuerst den Verlust der nächsten Angehörigen erleiden muß, bevor er brutale Rache ausübt. Doch statt damit die "Punisher"-Story zu rechtfertigen, kann man an diesem Vergleich sehr gut erkennen, wo die Schwäche der Geschichte um Frank Castle liegt. "Mad Max" hatte ein Endzeit-Szenario, daß den gesamten Niedergang der menschlichen Moral verdeutlichen sollte. Max, einer der wenigen "anständigen" Charaktere im Film, muß erkennen, daß er sich gegen die rein aus sadistischen Trieben und gefährlicher Dekadenz handelnden Täter nur mit den selben Mitteln wehren kann. Damit will "Mad Max" keine Lösung anbieten, sondern verdeutlicht nur ,daß die Menschheit auf ihre Selbstzerstörung hinsteuert. Nicht ohne Grund wird dieser Gedanke in "Mad Max 2" konsequent weitergedacht - mit einer Rächergeschichte hat das nichts mehr zu tun.

Hier dagegen wird die Vorgehensweise des "Punisher" parallel zur Polizeiarbeit gestellt, quasi als Ergänzung für die besonders schweren Fälle. Eine Infragestellung von gesellschaftlichen Vorgängen, eine Hinterfragung von demokratischen Rechten ,findet nicht statt - Frank Castle, der selbst den Anschlag auf seine Familie nur schwerverletzt übersteht, lebt nur für seine Rachegedanken. Irgendwelche Selbstzweifel oder depressive Gedanken werden in eine verklausulierte Einsamkeit und eine leichte Trunksucht gepackt, aber nur so weit, daß unser Held noch jederzeit zur Tat schreiten kann.

Ein weiterer Schwachpunkt liegt in der Figur des Harold Saint, gerade weil John Travolta diesen eher zurückhaltend gestaltet. Seine mafiaartig organisierte Verbrechergang scheut sich natürlich nicht davor, kurzfristig störende Personen zu beseitigen, aber das unterscheidet sie nicht von vielen anderen ähnlich strukturierten Gangs. Auch Saint hat nicht viel von einem dämonischen, sadistisch über Leichen gehenden Gangsterboss und selbst die umfassende Tötung von Castles Familie wirkt fast zufällig, da diese auf Grund des Familienfestes nun einmal alle zusammen waren. Noch unwirklicher wirkt Travoltas Spiel aber, als Castle beginnt, seine Rache umzusetzen. Gezielt streut er Mißtrauen zu Saints engstem Mitarbeiter und zu Saints Frau. Dabei muß er sich nicht mal viel Mühe geben, denn schon kleinste Indizien bringen Saint dazu, sich weder die Meinung der Verdächtigen anzuhören, mit denen er schon 20 Jahre zusammen arbeitet oder lebt, noch ihnen eine kleine Chance zu geben, bevor er sie tötet.

Diese Charakterisierung ist nicht nur unglaubwürdig, sondern stellt das gesamte Konstrukt in Frage, daß ja letztlich die Selbstjustiz rechtfertigen soll. Einen Mann wie den "Paten" hätte man mit solchen Hinweisen keine Sekunde hinters Licht führen können, dafür hatte dieser eine viel zu gute Menschenkenntnis und ein stabiles Selbstvertrauen. Aber für einen wahnsinnigen, von cholerischer Paranoia bestimmten Gewalttäter ist die Figur des Howard Saint viel zu ruhig und beherrscht angelegt.

Das ist nicht stimmig und deshalb kommt auch Frank Castle in dieser Sequenz nicht gut weg. Es mag sein, daß seine Rache in diesem besonderen Fall gerechtfertigt ist. Aber die Art wie er sie angeht, hat nichts souveränes an sich, sondern zeigt nur einen kleinen von Rache umnebelten Geist. Nicht nur das sein Erzeugen von Mißtrauen etwas perfides an sich hat und keineswegs ein Kampf mit offenem Visier darstellt, auch die gesamte Demütigung seiner Gegner, die zuletzt in dem wehrlos dahin gleitenden Saint gipfelt,verdeutlicht nicht gerade einen hehren, an Gerechtigkeit glaubenden, sondern eher kleingeistigen Charakter.

Die größte Heldentat im Film zeigt meiner Meinung nach Dave, der von Ben Foster gespielte, etwas linkische Nachbar. Während sich Frank Castle versteckt hält, wird Dave gefoltert. Dave hält die Klappe, aber für mich war es unerträglich zuzusehen, wie der eigentliche Held dabei regungslos verharrte - auch wenn es dafür natürlich rationale Gründe gab, die in diesem Fall selbstverständlich anzuwenden sind. Insgesamt bleibt die Figur des Frank Castle oberflächlich und lädt nur für Helden-Junkies, die immer an den Typen glauben, der zuletzt noch die Knarre in der Hand hält, zur Identifikation ein. Nicht ohne Grund durfte ich schon mehrfach lesen, wie gut Thomas Jane sein Muskeltraining doch getan hätte - als wenn das ein wichtiges Kriterium für die überzeugende Verkörperung dieser Rolle wäre.

Natürlich kann der "Punisher" durchgehend gut unterhalten. Er ist abwechslungsreich, gut gefilmt und hat auch ein ordentliches Timimg bezüglich der Actionszenen, die im Film eher selten sind. Aber das sollte einem nicht den Blick verklären vor einer Vielzahl ärgerlicher Details, die den "Punisher" letzlich zu einem fragwürdigen, unsympathischen Charakter werden lassen. "Gewaltverherrlichung" ist ja ein beliebtes Schlagwort, daß bei den Einen Empörung bei den anderen klammheimliche Freude auslöst. Hier ist es gerechtfertigt, aber nicht wegen der Selbstjustiz oder der dargestellten Brutalität, sondern wegen des unreflektierten Verhaltens seines Helden und der unkritischen gesellschaftlichen Einordnung der Macher. In diesen Punkten ist der "Punisher" tatsächlich Welten entfernt von seinen Kollegen "Spiderman" oder "X-Men".

Fazit : Ob der "Punisher" jemals eine Fortsetzung erfährt, kann ich nicht beurteilen, aber wenn sie den hier begonnenen Weg weiterführt, kann ich gut darauf verzichten. Wenn sie allerdings den Charakter des Frank Castle vielschichtiger, menschlich nachvollziehbarer gestaltet, dann kann der zweite Teil eine Bereicherung sein.

Hier setzen die Macher nur auf eine sehr vordergründige Rachestory mit den üblichen Elementen "Leid" und "böser Gangster", die uns Zuschauern eine einfache Philosophie an die Hand gibt, um die brutalen Vergeltungsmaßnahmen mit wohligem Erschauern und Freude an der Action zu goutieren. Für einfache Gemüter sicherlich ein ordentlicher Actionfilm, der aber in seinem Charakter ärgerlich und fragwürdig daher kommt(3/10).

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