Review

1982, als "Rambo" herauskam, wurde er noch als das angesehen, was er war - ein Actionfilm, der den "Rocky"-Star Sylvester Stallone weiter pushte. Doch dann erschien der zweite Teil im Jahr 1985 und spaltete die Menschheit in oberflächliche Actionliebhaber und Friedenswillige, die gar nicht wussten ,wohin mit ihrer Empörung. Und obwohl sich an diese mehr als 20 Jahre zurückliegenden Reaktionen kaum Jemand mehr erinnert, entwickelte sich von da an die Mär vom "guten" ersten und "bösen" zweiten Teil, die bis heute nicht in Frage gestellt wird.

Plötzlich wurde "Rambo:First Blood" mit ganz anderen Augen gesehen, betonten alle die staatliche Gewalt, die hier - stellvertretend für eine gesamte Gesellschaft - die Vietnam-Heimkehrer mit Füßen tritt und keinerlei Verständnis für deren Trauma hat. "Rambo" stand vielleicht nicht an erster Stelle, wurde aber in einer Reihe mit den wichtigsten Vietnam-Filmen angesehen, sei es "Apocalypse now", "Deer Hunter" oder "Platoon". Die Tränen des John Rambo rührten den Betrachter und liessen vergessen, dass dieser kurz zuvor eine komplette Polizeiarmee und ein halbes Dorf platt gemacht hatte.

Entgegengesetzt dazu verschwand "Rambo 2", der als Actionfilm überzeugte, immer mehr in den Untiefen ideologischer Verbannung. Betrachtet man beide Filme einmal ohne die Vorurteils-Brille, erkennt man schnell ,dass sie sich in wesentlichen Punkten ähneln und zu Unrecht in dieser Verschiedenheit betrachtet werden. Einer der Hauptvorwürfe gegen Teil 2 gilt der extremen Darstellung der vietnamesischen Krieger und des russischen Offiziers, deren Foltergelüste und übertriebene Gewalt als negativ überzeichnet und einseitig diffamierend angesehen wird.

Dagegen verliert Niemand ein Wort über das Verhalten der Polizisten in der friedlichen amerikanischen Kleinstadt. Vielleicht sollte man seine eigenen Vorurteile einmal hinterfragen, warum man es als völlig normal ansieht, dass Polizisten einen einfachen, nicht einmal besonders heruntergekommenen Mann von der ersten Sekunde an schikanieren. Wenn in "Easy Rider" zum Schluß die beiden Protagonisten von zwei Hinterwäldlern von ihren Motorrädern geschossen werden, dann hat das eine perverse Logik der sich aufschaukelnden Provokation, doch die Figur des sehr ruhigen John Rambo taugt gar nicht für eine solche Rolle.

John Rambo war in den Ort gekommen, um einen alten Freund zu besuchen, und mußte erfahren, dass dieser an Krebs gestorben war, was dessen verbitterte Frau auf die vielfache Verwendung chemischer Kampfstoffe während des Vietnamkrieges - sicherlich zurecht - zurückführte. Doch so deutlich wird der Film gar nicht, sondern deutet diesen Fakt nur an, so wie er über die gesamte Laufzeit niemals besonders kritisch in seiner Aussage ist. Extrem ist er nur in der Beschreibung der Verhaltensweise der Polizisten, die zu immer rüderen Methoden greifen und schon nach kurzer Zeit soviel Hass aufgebaut haben, dass sie Rambo am liebsten nur noch tot sehen wollen.

So geschickt das für den Spannungsaufbau und die dann folgenden kriegerischen Handlungen ist, so wenig überzeugend ist die Herführung. Das sich "Rambo" inzwischen auch noch das Verdienst der charakterlichen Tiefe ans Revers heften kann, ist, angesichts der eindimensionalen Charaktere bis hin zu Rambo selbst, schon fast anachronistisch. Der Film bemüht sich keine Sekunde zu erklären, warum Sheriff Teasle (Brian Dennehy) so völlig unsouverän reagiert. Als Rambo, der sich dazu noch ausweisen kann, sagt, dass er nur eine Kleinigkeit essen will, verweist er den Fußgänger an einen 26 Meilen entfernten Ort. Zwar bemüht sich Dennehy den Sheriff als einen machtgierigen, wenig einsichtigen Typen darzustellen, den der kleinste Widerspruch auf 180 bringt, aber das erklärt noch lange nicht, warum auch seine Mitarbeiter ,angesichts des Einzelgängers, von vornherein nur niederträchtig und verachtend reagieren.

An dieser Konstellation ist auch der Schwachpunkt fast aller Stallone-Filme zu erkennen, in denen es Sylvester Stallone fast nie wagte, sich tatsächlich negativ zu verhalten. Während Bruce Willis sich gehen lassen kann und man - bei aller Sympathie für ihn - auch seine Mitmenschen in ihrer Abscheu verstehen kann, funktioniert hier der Konflikt nur als überzogenes Klischee. Der Betrachter kann beim besten Willen kein Fehlverhalten bei Rambo entdecken und auch seine Gegenreaktion erfolgt erst nach einer längeren Quälerei, so dass die Schuld hier völlig einseitig nur bei den Polizisten liegt. Und auch die dann sich immer mehr ausbreitende Eskalation, geht auf deren Konto, da diese sogar konkrete Friedensangebote Rambos nur mit unkontrolliertem Geballer beantworten.

Der Aufbau des Konfliktes ähnelt in seinem Charakter dem Teil 2, wobei dieser dort sogar komplexer gestaltet ist, da er die Rolle der USA in Vietnam keineswegs unkritisch betrachtet und diese eine Hauptschuld daran trägt, warum Rambo überhaupt in diese Auseinandersetzung gerät. Teil 1 profitiert nur von dem einfachen Fakt, dass die Polizei hier als Stellvertreter für die US-Regierung angesehen wird und man damit gleich das richtige Feindbild vorgesetzt bekommt, so dass man Rambos Gegenreaktion nur gut heissen kann und es regelrecht geniesst, wie er die ganzen bornierten, selbstgerechten Typen platt macht.

Aber nicht zu sehr, denn Rambo bleibt bei aller Gewalt immer so kontrolliert, dass seine Gegner mit ein paar Beulen und Fleischwunden davonkommen, außer sie verunglücken aus eigener Schuld (was aber nur dem gaaaaanz Bösen passiert). Schließlich sind hier zu guter letzt doch alle Menschen Amerikaner und da darf selbst die von seinem Ausbilder geschaffene "Kampfmaschine" keine echten Hassgefühle entwickeln, damit zum Schluß alle mit in seine Tränen einstimmen können und sich das Herz halten, angesichts dieser kritischen und bewegenden Geschichte.

Fazit : "Rambo" überzeugt als Actionfilm mit zum Teil grandiosen Kampfaufnahmen, die Stallone in seiner Lieblingsrolle als Einzelkämpfer zeigen. Doch dieser positive Aspekt kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die gesamte Story eine Ansammlung von Klischees darstellt, die nur den Vorteil hat, dass sie sich ein Feindbild ausgesucht hat, dass weltumspannend nachempfunden werden kann.

Stallone gefällt sich hier wieder als grundsolider Typ, der von seiner Umwelt missverstanden wird. Doch während das in "Rocky" authentisch wirkt, ist der hier entstehende Konflikt völlig überzogen geschildert und setzt eine sadistische ,kriminelle Polizei voraus. Die dann aber doch verschont wird, da Rambo letztendlich keinem ein Haar krümmt.

Gerade im Vergleich zu diesem verlogenen ersten Teil wirkt Teil 2 wesentlich konsequenter und ehrlicher, indem er aus seinen Intentionen gar kein Geheimnis macht. Im Ausblick auf den kommenden Teil 4 kann ich nur hoffen, dass sich Stallone nicht wie in "Rocky" wieder auf den Ursprung zurückfallen lässt, sondern sich stärker an dem wesentlich besseren Teil 2 orientiert und vielleicht auch wieder richtig böse wird...(5,5/10).

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