Review

Vorsicht Spoiler!

Wie beurteilt man einen Film?
Ist die Story interessant ? Sind die Schauspieler überzeugend? Wie sieht es mit Humor , Gefühl, Spannung und Atmosphäre aus ? Die Gewichtung dieser und weiterer Kriterien ist von Genre zu Genre anders. Dann aber gibt es Filme wie "The Village", die zwar augenscheinlich alles haben, was für einen gelungenen Kinoabend nötig ist, aber trotzdem nicht unterhalten können.
Die Story ist im grossen und ganzen gut durchdacht und interessant, und auch die Atmosphäre wurde durch Shaymalans bekannte hochqualitative Kameraarbeit gut eingefangen. Mal ein minutenlanges Standmotiv, dass sich nur auf die Gesichter der Protagonisten konzentriert (besonders genial: Der nächtliche Dialog zwischen Lucius und Yvi auf der Veranda, bei dem man sich als Zuschauer zunächst mal entscheiden muss, wem von beiden man in die Augen sehen will), gefolgt von wunderschönen Schwenks und Kamerafahrten durch das Dorf und das Unterholz. Auch die Schauspieler machen ausnahmslos keine überragende Figur, aber liefern grundsolide Arbeit ab.
Die Schwächen des Films liegen ironischerweise genau dort, wo eigentlich Shaymalans Stärken liegen: spannende Geschichten aus der Sicht von sympathischen Figuren in bedächtiger, aber spannender Weise erzählen. Solche Figuren werden hier weitestgehend vermisst, denn sowohl der introvertierte Lucius als auch die blinde Yvi können diesen Part nicht erfüllen - dafür bleiben sie dem Zuschauer einfach zu fremd. Besonderes Ärgernis: Adrian Brody als geistig zurückgebliebener Noah, der einige Male für (gewollt??) komische Einlagen sorgt, die aber in diesem Szenario völlig deplaziert wirken. Auch sein späteres Ableben hat für den Verlauf der Handlung keine entscheidende Bedeutung (vielleicht eine symbolische ?).
Und auch die vielgelobte und von mir sehr geschätzte ruhige Erzählweise erfüllt hier nicht ihren Zweck: Statt fiebriger Atmosphäre herrscht hier über weite Strecken gähnende Langeweile. Man hat das Gefühl, dass dem Regisseur und Drehbuchautor nach seiner Grundidee keine weiteren Eingebungen mehr zuteil wurden, die dem Dorfszenario etwas mehr Leben eingehaucht hätten. So jedenfalls zieht sich das ganze zäh wie Gummi in die Länge ohne das etwas wirklich wichtiges passiert und man sehnt schon nach kurzer Zeit das Ende herbei, genau gesagt nach ca. 25 Minuten, kurz nachdem man zum ersten Mal einen Blick auf die "Unaussprechlichen" werfen durfte und damit ein Grossteil der dünn gesäten Spannung schon aufgebraucht war. Das Ende ist für diejenigen, die mindestens einen bekannten Shaymalan-Film kennen (und auf die man in TV-Spots noch explizit hingewiesen wurde!) zwar nicht unbedingt vorhersehbar, aber auch nicht wirklich überraschend, weil man mit einer solchen finalen Wendung rechnet. Wahrscheinlich wäre das nächste Werk des Inders ein echter Volltreffer, wenn er genau auf diese Art der Auflösung verzichten würde - spätestens jetzt dürfte sie endgültig ausgedient haben.

Meisterhafte Kameraführung, gute Darsteller, interessante Story - doch leider fehlen Identifikationsfiguren und jeglicher Unterhaltungswert.
3/10

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