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Urbane Legenden sind an die Stelle klassischer Schauermärchen und Gespenstergeschichten getreten, erzählen sie doch vom modernen Leben, von Technologie, sind gespickt mit Anspielungen auf den Alltag, auch in der Großstadt. Diese Legenden reflektieren (wie auch schon seit hunderten und tausenden Jahren von Jahren die Volksmärchen) stets den Kulturkreis, dem sie entstammen. Eine filmische Auseinandersetzung mit dem Thema hätte durchaus innovativ gestaltet werden können und auch für einen Horrorfilm bietet das grundsätzliche Thema viel Stoff. Doch leider reflektiert „Düstere Legenden“ nicht die Visionen seiner Macher sondern lediglich den Zustand des Horrorgenres. Eine ganz andere Richtung hätte man einschlagen können und den Film erst recht nicht im Teeniemilieu ansiedeln müssen. Doch natürlich geht man lieber auf Nummer sicher und steckt die eigentlich sehr originelle und eigenständige Korsett eines dumpfen Teenie-Slashers. Und warum? Aus rein kommerziellen Gründen, um unbedingt das letzte bisschen Geld aus dem Genre zu pressen. Schade, in der vorliegenden Version ist die Grundidee nichts mehr als verschwendet.

Bei den Charakteren ist nichts Neues zu erwarten, ein oberflächlich agierender Cast füllt die eindimensionalen Rollen durchweg lustlos oder untalentiert. Ein Beispiel ist die Schönheit Danielle Harris, die als Gothic-Girl sämtliche Klischees erfüllt und wie immer einfach super aussieht. Mehr wird von den Nachwuchsdarstellern auch nicht verlangt, niemand kann hier sein (wenn überhaupt vorhandenes) Talent unter Beweis stellen. Jared Letho, Tara Reid, Joshua Jackson, Alicia Witt oder auch Rebecca Gayheart – hübsche Gesichter, manche davon bereits vertraut. Innerhalb der künstlich stilisierten Inszenierung bleibt jede Natürlichkeit oder Glaubwürdigkeit gnadenlos auf der Strecke. Da hilft auch ein Robert Englund in einer nervigen Nebenrolle rein gar nichts.

Weiterer Kritikpunkt ist die Vorhersehbarkeit: Schon früh wird klar, wer der Mörder ist, wovon die plumpen Ablenkungsversuche und billigen Twists zu keiner Sekunde ablenken können. Der gesamte Showdown gestaltet sich nach einfachsten Baukastenprinzipien, langweilt außerordentlich und bestätigt mit dem dämlichen Ciffhanger am Ende auch noch in der Schlussminute die offensichtliche Einfallslosigkeit der Macher. Sowohl das Ende als auch die konstruierten Morde (nicht ganz so realitätsfern wie „Saw“) zeugen von einem unlogischen Skript, das jegliche innere Dichte vermissen lässt – was bei einem saftigen Slasher nicht unbedingt das Problem sein muss. Aber schon zur Zeit der Veröffentlichung war dieser Zug abgefahren, „Scream“ hatte die Messlatte sehr hoch gelegt und „Düstere Legenden“ kann einfach keinem Vergleich mit Genrekollegen standhalten.

Eine gewisse ironische Distanz hätte gut getan um zu retten was zu retten blieb, doch auch hier hat man sich ordentlich in die Nesseln gesetzt. Joshua Jackson bekommt eine nette Anspielung an „Dawsons Creek“, der Serie, der er seine Karriere zu verdanken hat. Doch die simplen Mechanismen des Slashers bleiben unangetastet und wirken in einer derart abstrakten Geschichte eher fehl am Platze. Weiterhin fehlt die Stringenz in der Dramaturgie und nicht zuletzt eine angemessene, unheimliche Atmosphäre. Wie schon „Ich weiß was du letzten Sommer getan hast“ erscheint „Düstere Legenden“ optisch glatt poliert, ohne Ecken und ohne Kanten. Mit Blut wird leider gegeizt, auch wenn die ein oder andere skurrile Tötung vorhanden ist. Da hätten die urbanen Legenden auch wesentlich mehr hergegeben, den Film hätte es aber ohnehin nicht gerettet. Augenzwinkernden Humor, der die eigenen Unzulänglichkeiten abgemildert hätte, bleibt ebenso aus wie die Befriedigung des durchschnittlichen Gorehounds.

Hoffnungslos verschenkt wirkt der schön komponierte Score von Christopher Young („Sider-Man 3“, „Hellraiser“, „Species“), dessen Klänge nicht unbedingt nach Auftragsarbeit klingen. Von seinen besten Arbeiten ist er hier aber dennoch weit entfernt, trotzdem ist das Titelthema einfach viel zu gut für einen Film wie „Düstere Legenden“. Regisseur Jamie Blanks inszeniert zwar ganz ansehnlich für ein Langfilmdebüt und bekommt auch einige schön arrangierte Bilder hin. Einen individuellen Stil kann man nicht erkennen und es ist wohl bezeichnend, das Blanks anschließend nur den noch schlechteren Slasher „Schrei wenn du kannst“ in Szene setzen durfte. Vielleicht rettet sein nächster Film „Storm Warning“ ja die angeknackste Karriere…

Fazit: Ein weiterer Tiefpunkt des End-90er Slasher-Hypes, ausgelöst durch Wes Cravens Geniestreich „Scream“. „Düstere Legenden“ ist nicht mehr als ein rein kommerzieller Schnellschuss, dem Liebe zum Genre absolut fremd ist und der rückblickend geradezu peinlich banal ist. Grundsätzlich hatte aus dem Stoff eine zynische Horror-Satire (wie z.B. „Severance“) werden können; und gerade diese Tatsache macht alles noch viel schlimmer als wären erst gar keine Chancen verschenkt worden.

01 / 10

Das dem Film zwei Fortsetzungen folgten zeugt nicht von der Qualität des Originals sondern von der sturen Haltung vieler Produzenten, einen bekannten Namen vollends auszuschlachten. Wie auch der erste Teil sind die beiden Nachzieher aber beinahe komplett aus dem kollektiven Bewusstseins des Publikums verschwunden.

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