Vorhang auf für die zweite Runde der Asien –Horror Remakes made in Hollywood. Nach dem großen Erfolg von Gore Verbinskis The Ring, brachte Regisseur Takashi Shimizu eine amerikanisierte Neuauflage seines eigenen Japan Schockers Ju-On: The Grudge (auch schon ein Remake seiner TV-Version desselben Stoffes) in die Lichtspielhäuser, nicht minder finanziell erfolgreich. Also was taugt das Remake vom Remake?
Ein unscheinbares Haus in Tokio, seit eine furchtbare Tragödie die ursprünglichen Bewohner dahingerafft hat, ist das Anwesen verflucht. Jeder der seinen Fuß auf das Grundstück setzt wird von einer Bösartigen Macht verfolgt und früher oder später gnadenlos getötet. Eines Tages bekommt die amerikanische Austauschstudentin Karen (Sarah Michelle Gellar) den Job, sich um eine alte Dame in eben jenem Haus zu kümmern, da das eigentliche Pflegepersonal verschwunden ist. Karen macht schnell Bekanntschaft mit dem Fluch in Form der drei Geister Kayako, Toshio und Takeo. Sie ist bei weitem nicht die erste, wie uns der Film in einem Geflecht aus Rückblenden erzählen wird.
Hatte man bei der Portierung von Ringu noch das Problem, das langsame Erzähltempo und die simple Geschichte durch zusätzliche Action und Wendungen aufwerten zu müssen, geht Shimizu hier den umgekehrten Weg und schaltet einen Gang zurück. An Ju-On konnte man kritisieren, dass der Film eine lose Ansammlung von Gruselszenen ist, in dem anonyme Opfer der Reihe nach von rachsüchtigen Geistern gekillt werden, wobei sich der Gruselfaktor, durch die ständigen Wiederholungen auf Dauer erschöpft. Die Macher haben daher einige Geisterattacken rausgeworfen und einige zusätzliche Charakterszenen eingebaut. Zudem wurde die Episodenstruktur mit den ständigen Zeitsprüngen etwas entschärft, aber nicht ganz aufgegeben und die Story vereinfacht, indem die Ereignisse welche die Geschichte ins Rollen bringen hier Opfer und Geister in Verbindung bringen. Die Verwendung amerikanischer Darsteller in Japan wurde handlungstechnisch sehr gut gelöst und auch perfekt ausgenutzt. Es sind viele recht kleine Szenen, wie Karen, die sich im U-Bahn Wirrwarr nach dem Weg erkundigt, oder Jennifer (Clea DuVall) die im Supermarkt an ihren Japanischkenntnissen scheitert und per Geruchstest die richtigen Nahrungsmittel ermittelt, die dem Film sehr gut tun. Die Opfer gewinnen an Profil und Sympathie beim Zuschauer, diese: Okay tot, der nächste bitte –Mentalität des Originals wurde somit weitestgehend abgeschafft.
Es ist bei fast jeder Abweichung von der Vorlage klar ersichtlich, warum diese getätigt wurde. Meist um die Plausibilität der Geschichte zu erhöhen, ansonsten um jede Art von Attacke nur einmal im Film zu haben und so Wiederholungen vorzubeugen. Komplett neu sind eine wirklich gelungene Anfangssequenz und ein weit weniger gelungenes Ende. Leider wurde das Finale ziemlich entschärft und verkürzt, der Angriff auf dem Dachboden und die komplette Spiegelszene, auch macht die Verschiebung des letzten Mordes in eine andere Lokation nicht wirklich viel Sinn. Warum man dann nicht auch das Ende so gut portiert hat, wie den Rest ist mir schleierhaft, aber Kayakos Treppenkrabbel-Nummer hat nichts an Schrecken verloren. Vielleicht sind diese Kürzungen auf das Rating zurückzuführen, es gab für Testvorführungen eine härtere R-Rated Version, ins Kino schaffte es der Film aber nur mit PG-13 (…hat dafür aber noch eine kurze aber sehr harte Gore-Szene drin). Die restlichen Geisterauftritte wurden Eins zu Eins portiert, inklusive Kameraeinstellungen, Schnitt und teilweise dem Soundtrack. Das verwunschene Haus ist exakt mit dem Original identisch und sorgt für wohlige Gruselatmosphäre. Klar, dass der Film somit wesentlich näher am Original dran ist als das Ringu Remake, so nah, dass er einem westlichen Publikum ohne Genre-Erfahrung das Prinzip des Asienhorror sehr gut vermittelt. Aber auch so nah, um sich für Kenner fast überflüssig zu machen, da so gut wie alle guten Schocks schon bekannt sind und das neue Ende deutlich hinter dem Alten zurücksteht. Durch das etwas zusammengestutzte Ende, dem Fehlen der Szenen mit den Zombie-Schulmädchen und minimal verkürzter Einstellungen bei Schockern, ist der Film nicht mehr ganz so gruselig wie die Japan-Version, aber was drin ist funktioniert genauso gut.
Die Darsteller geben ihr bestes um mit der begrenzten Screentime, mit der sie durch die episodenartige Struktur zu kämpfen haben, das Beste zu machen. Sarah Michelle Gellar kann hier wirklich überzeugen, ihre Reaktionen auf die übernatürlichen Vorkommnisse in ihrer Umgebung sind sehr natürlich und somit glaubwürdig. Dies gilt eigentlich für alle Akteure, was in Kombination mit der völligen Abstinenz von Humor für eine beklemmende Grundstimmung sorg. Na gut, Bill Pullman hat man schon mal überzeugender gesehen. Positiv muss man auch erwähnen, dass weitestgehend darauf verzichtet wurde, die Geister mit CGI aufwerten zu wollen, bis auf die erste Begegnung mit Kayako, sie schwebt nun mit fliegenden Haaren durch die Decke, sind alle anderen Effekte lediglich durch Make-Up realisiert. Die physische Präsenz ist einer der wesentlichen Aspekte, was Asienhorror so unheimlich macht, hier gibt es keine Abstriche. Ach ja wichtig: wie bei allen Filmen des Genres gilt, am besten allein, daheim, in laut und ohne Licht schauen, alles Andere ist Schockpotential-Verschwendung! Man muss sich immer vor Augen halten, welche Zielgruppe hier bedient werden soll, Mainstreamzuschauer, die vielleicht gerade mal The Ring kennen. Klar, das Hardcore Fans, welche die Ring Trilogie, Kairo, Phone, Tale of Two Sisters und Konsorten im Schrank stehen haben, hier völlig falsch sind, aber Einsteigern wird eine sehr gute Gruselshow geboten.
Fazit: The Grudge ist ein ernsthafter Horrorthriller mit vielen unheimlichen Szenen und einer guten Dosis Schocks. Der Film ist ruhig aber nie langweilig inszeniert, vor allem die Kameraarbeit und die guten darstellerischen Leistungen überzeugen. Gegenüber dem Original aus Japan ist das Remake leichter zugänglich, was die minimalen Abstriche bei der Gruselwirkung vergessen macht. Jedem, der sich gerne Gruselt und dazu keine Unmengen an Blut benötigt sei dieser Film sehr ans Herz gelegt. Kenner des Originals müssen selbst entscheiden, ob sie denselben Film noch mal mit anderen Darstellern sehen wollen. Die US-Version ist zwar eine weniger unheimliche Erfahrung, aber ein besserer Film.