Es tut immer wieder weh, wenn alles so herrlich einfach hätte sein können...
Meine Güte, ein anständiger Abenteuerfilm kann doch nicht so schwer sein. Drei Abenteuer von Dr. Jones, die Mumien-Filme, die Jagd nach dem grünen Diamanten und natürlich die Goonies, das scheint es zu sein. Mehr kann man wohl nicht erwarten. Nachdem mich die beiden TOMB RAIDER-Folgen und die Gentlemen-Liga nicht gerade aus meinem Kinosessel fetzten, schnupperte ich nun ein weiteres Mal Morgenluft: NATIONAL TREASURE, eine filmgewordene Schnitzeljagd unter fachlicher Anleitung vom Guru of Kaboom, Jerry Bruckheimer, brachte scheinbar alles mit, was ein anständiger Abenteuerstreifen so braucht.
Als da wären: Ein gigantischer Schatz, in diesem Fall das Gold der Freimaurer, eine Kette von Rätseln und Geheimnissen, die sich durch die Jahrhunderte zieht, und ein beherzter Held, der es schafft, am Ende nicht nur den Schatz, sondern auch ein Schätzchen klarzumachen. In diesem Fall verkörpert von Nicolas Cage, Bruckheimer-Spezi und nicht die verkehrteste Wahl. Beigefügt werden dann noch ein Schurke, ein lustiger Sidekick, der ebenfalls schatzsuchende Vater, Verfolgungsjagden... ja, dann hat man auf dem Reissbrett doch schon mal was zusammen.
Und am Ende kommt wenig bis nichts dabei herum. So eine Schande. Das Wort, das mich zuerst anspringt, wenn ich "Wettlauf um einen Schatz" höre, ist DYNAMIK, und die lässt Regisseur Jon Turteltaub durch seine betuliche Inszenierung gar nicht erst aufkommen. Ich bin der Letzte, der sich für schnelle Schnitte ausspricht, aber zumindest ein bisschen Kamerabewegung mehr und ein paar Halbtotalen weniger sollten anno 2004 schon drin sein. Man könnte jetzt zwar sagen, dass diese Machart richtig schön nostalgisch rüberkommt, aber der Inhalt des Films, mitsamt seinem Gehacke und Gelaser, erinnert eher an MISSION: IMPOSSIBLE als an einen altmodischen Abenteuerfilm. Fingernägel-gefährdende Spannung muss man hier schon mit der Lupe (oder Franklins Brille) suchen, unsere Helden puzzeln sich munter von einem Ort zum Nächsten, und dann und wann bekommt man mitgeteilt, dass auch der Schurke nicht schläft und ihnen aber sowas von im Nacken sitzt. Nicht zu vergessen das FBI, das über so einen Raub auch nicht gerade erbaut ist. Dann heisst es wieder einmal rennen, bis die Sohle qualmt. Selten soviele Verfolgungsjagden zu Fuß gesehen. Und weder die noch jene auf Rädern können begeistern. Bruckheimer sollte sich, gemessen an seinen anderen Werken, wirklich was schämen.
Es stellt sich zudem die Frage, wem man hier die Daumen drückt. Gruppe Cage oder Gruppe Bean? Denn gleich zu Beginn des Films outet sich Cage als absolut vom Schatz Besessener, der alles tun würde, um ihn zu finden. Als er dann herausfindet, dass er dies nur über das Entwenden der Unabhängigkeitserklärung bewerkstelligen kann, schmeisst er sein Lebenswerk kurzerhand hin, verteufelt Beans Vorschlag, die Erklärung "auszuborgen", macht sich damit einen handfesten Feind, nur um 10 Minuten später selbst das Pergament klauen zu wollen. Ein Mann mit Überzeugungen, alles was recht ist. Da kann man schon mal Verständnis für seinen Gegenspieler entwickeln, der Disney-gebunden sowieso nicht sooo böse ist. Ebenfalls nicht hilfreich zur Sympathiesteigerung: Cages extrem nervige Gurkentruppe, rekrutiert aus einem unlustigen Hackersidekick, der höchst schmerzhafte Oneliner ablassen darf ("Tausche Computer gegen Hirn"), einer love-interest-Gelehrten, die innerhalb von Sekunden Dokumente aus der Bibliothek von Alexandria verifiziert, und einem Vater, der noch einen Rest von Planung und einen Hauch von Connery mit sich herumschleppen darf und dem Sohn Vorhalte bezüglich der verstorbenen Mutter macht. Klischees im Dutzend. Jaaa, es ist ein Disney-Film, da ist es halt mal etwas grober, höre ich jetzt manchen rufen, aber da sei FLUCH DER KARIBIK vor, der es besser machte.
Wirklich fies kommt hier auch der nach PEARL HARBOR eigentlich zurückgefahrene Bruckheimer-Patriotismus daher, der für uns relevante Zeilen der Unabhängigkeitserklärung romantisch zum Mitlesen aufleuchtet, und der Nicolas Cage schon mal historisch bedingte Schauer über den Rücken laufen lassen darf. Hefte raus, Klassenarbeit!
Ach ja, die Schauspieler. Nicolas Cage geht in Ordnung, aber was er da macht, könnten auch andere. Die absolute Besessenheit für den Schatz konnte ich in seinem Blick nicht ausmachen, da müssen sich Schatzsucher aller Couleur immer wieder Dr. Jones geschlagen geben. Sean Bean ist, wie eigentlich immer, sehr überzeugend, muss aber aufgrund der Familienthematik seinen Schurken mit angezogener Handbremse spielen. Jon Voight darf hier seinen Adventure-Daddy-Part aus TOMB RAIDER wiederholen, und das mit Erfolg. Harvey Keitels Rolle, nun ja, ohne zuviel zu verraten, aber eine "das-muss-auch-noch-in-den-Film"-Idee zum Ende macht seinen Auftritt eigentlich komplett lächerlich. Und Diane Kruger macht, ähnlich wie Franka Potente in BOURNE, Werbung für die Aktion "Keine Eigensynchro". Abgesehen davon hat sie größtenteils nervige Dialoge verpasst bekommen, die, um noch einmal auf INDIANA JONES zu kommen, im Vergleich zu Willie Scott, bestimmt nicht als solche gedacht waren.
Was den Film rettet, sind die stellenweise hübschen Ideen bei den Rätseln, da dürfen Geheimtinte gekleckst und Schalter gedrückt werden, dass den drei Fragezeichen ganz warm ums Herz werden würde. Und die potentiell interessante Templer-Thematik mitsamt illuminatischer Einbindung in die Jetztzeit (Dollarnoten) macht sich auch gut in einem Abenteuerfilm.
Tja, und wieder einmal wurde am Thron unseres Lieblingsabenteurers gekratzt. Aber nur zaghaft. Er dürfte nichts gespürt haben.