MIt "Der große Kürbis" erreichte Charles M.Schulz einen frühen Höhepunkt in seinem Zeichentrickfilmschaffen, den er zumindest in dieser Art und Weise nicht mehr wiederholen konnte. Auch hier widmet er sich wieder einer ureigenen amerikanischen Sitte - der "Halloween" - Nacht. Inzwischen weiß man auch in unseren Breitengraden damit etwas anzufangen, aber Ende der 60er Jahre wirkten diese Gruselfeiern noch völlig fremdartig.
Trotzdem konnte "Der große Kürbis" immer schon seine Faszination ausüben, weil Schulz das seltene Kunststück gelang, nicht nur verschiedene Geschichten zum Thema beizusteuern, sondern diese gestalterisch und erzählerisch in eine verfremdete, sehr farbige Welt eintauchen zu lassen, so dass sich die Atmosphäre dieser Nacht wie ein Schleier über den Film legt.
Während Charlie Brown in der "All Star" Folge noch im Mittelpunkt stand, ist er hier eher das störende Element, denn sein naiver Pragmatismus passt so gar nicht in die gespannte, aufmerksame Atmosphäre, in die alle voller Erwartung hineingehen. Die Charakterisierung als Pechvogel ist wie immer bei Schulz nur vordergründig zu sehen. Das Charlie Brown statt Süßigkeiten nur Steine in den hingehaltenen Beutel bekommt, ist nicht nur eine irre Idee, sondern auch Ausdruck seiner unbeweglichen Haltung, die sich nur daran orientiert, ob er mitmachen darf oder nicht. Weswegen ihn nicht einmal die Information, nur aus Versehen eingeladen worden zu sein, davon abhält, gut gelaunt mitzufeiern.
Im Gegensatz zu dieser unzerstörbaren Psyche, bewegt sich Linus auf dünnem Eis, denn er alleine glaubt an die Erscheinung des "Großen Kürbis", weswegen er nicht nur auf die üblichen Vergnügungen verzichtet, sondern aufgeregt die Nacht in einem Kürbisfeld verbringt. Einzig die in ihn verliebte Sally begleitet ihn, aber nicht ohne einzufordern, dass Linus' Voraussage auch in Erfüllung geht, denn sie erwartet selbstverständlich eine gewisse materielle Gegenleistung, wenn sie schon auf das Sammeln der Süßigkeiten verzichtet.
Die verschiedenen Handlungsstränge verbindet Schulz mit Snoopy's Fantasien als Pilot im ersten Weltkrieg. Immer wieder taucht Snoopy kurz in der Realität auf, um dann wieder in entfernte Gebiete abzutauchen. Dabei lässt sich der Film viel Zeit und es gelingen Übergänge zwischen Fantasie und Realität, die dem gesamten Geschehen etwas Unwirkliches verleihen. Das kulminiert in der Szene, in der Snoopy zu den Klängen von Schröders Klavierspiel mal Freude, mal Trauer ausdrückt - eine fast zweiminütige Sequenz, die in ihrer Ausgestaltung völlig losgelöst wirkt, aber letztlich nur die Emotionen ausdrückt, die diese Nacht ausmachen - wenn man sich auf sie einlassen kann. Es ist nur konsequent, dass letztendlich Snoopy aus dem Kürbisfeld aufsteigt...
So bilden Linus abschließende Worte, die trotzig schon die Hoffnung auf die nächste Halloween-Nacht heraufbeschwören, einen sympathischen Schlusspunkt. Die Fantasie und Freude haben über den kleinlichen Pragmatismus gesiegt - und sei es nur für diesen einen Moment.
Fazit : "Der große Kürbis" ist ein wunderschöner Zeichentrickfilm, denn er verbindet klassische Geschichten aus der Welt der Peanuts mit ihren entlarvenden Verhaltensmustern, mit einer künstlerisch komplexen Umsetzung, die atmosphärisch dicht die Halloween-Nacht nachempfinden lässt, ohne dabei den eigentlichen Comicstil zu verleugnen.
Gerade auch in dem dichten Zusammenwirken der Bilder mit der großartigen Musik entstehen hier Momente, die man sich immer wieder ansehen mag und dieses Werk zu einem Kunstwerk werden lassen (10/10).