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Eigentlich genießt „Batman“ mittlerweile eine hinreichende, filmische Präsenz. Anhand des schwarzen Rächers zeigt sich allerdings deutlich, wie unterschiedlich Grundlagen interpretiert werden können. Während Comic-Kenner mit Tim Burtons düsterer Inszenierung noch ausreichend bedient wurden, ließ Joel Schumacher den schwarzen Helden in knallbunten Farben und grenzdebilen Storys im Mainstreamformat versinken. Dass der Irrsinn gestoppt wird, war nicht nur ein Anliegen der Fans, denn eigentlich wurde die Komplexität des Charakters Bruce Wayne noch nie, selbst von Burton, angemessen beleuchtet.
Die Verpflichtung von Regisseur Christopher Nolan (Memento) deutete schon im Vorfeld auf eine andere, unkonventionellere Richtung, weg von hochglanzpolierten Blockbustern, hin.

In der Tat bewegt sich Nolan zusammen mit Drehbuchautor David S. Goyer mehr auf die Comics zu und reduziert Eigeninterpretationen auf ein Minimum. Daraus entsteht ein Charakterdrama erster Güte, in dem die Anfänge und Urfragen rund um den schwarzen Rächer erklärt bzw. thematisiert werden.

Was Geschah nach dem Tod von Bruce Waynes Eltern??
Warum wurde Bruce ein Patron im Kampf gegen die Ungerechtigkeit??
Wodurch erlangt er seine Stärke??

Nolan fängt bei Null an und versucht der Comicvorlage Realismus einzuhauchen, so dass nie eine Assoziation mit einem Comic oder einem märchenhaften Rahmen wie bei Burton wahrgenommen wird. Der Grund, weshalb das Vorhaben auch gelingt, liegt nicht einmal in der an sich übertriebenen Handlung, sondern vielmehr in der Hingabe für die einzelnen Charaktere. Die Zeiten sind vorbei, in denen das Wesentliche nur Vorwand war, denn der Protagonist und spätere schwarze Rächer wird als verlorene, von Ängsten geplagte Seele dargestellt. Das Resultat der inneren Zerrissenheit, der Bewältigung von Verzweiflung, ist letztendlich genau das, was wir unter „Batman“ verstehen. Nolan deckt schonungslos die bisherigen filmischen Versäumnisse und das Vorwandsdenken mancher Regisseure auf, indem er mit unglaublicher Intensität, hervorgerufen durch eine stets unbehagliche Atmosphäre, den Werdegang von Bruce Wayne eindrucksvoll erzählt.

Ein Blick auf die Liste der Darsteller genügt, um das Feingefühl des Regisseurs zu erkennen. Christian Bale ist prädestiniert für die Rolle als Bruce Wayne. Die Mischung aus edlem Yuppie und rachsüchtigen, verzweifelten Charakter, wirkt sehr authentisch. Man merkt wie viel Herzblut Bale für die schauspielerische Herausforderung investiert hat. Nach jahrzehntelanger Suche hat man endlich den wahren „Batman“ gefunden.
Obwohl der Focus ganz klar auf Wayne gerichtet ist, erkennt man jederzeit die Besonderheit aller Charaktere. Drehbuchautor David S. Goyer rehabilitiert sich nach einigen literarischen Schandtaten mit „Batman Begins“ und versteht es eine optimale Rahmenbedingung für den genialen Plan von Nolan zu schaffen. Das zeigt sich schon bei der Integrierung und Wahl der Bösewichte. Ra’s Al Ghul und Scarecrow werden angemessen in den Plot eingefügt und von Ken Watanabe bzw. Cillian Murphy als charismatische Figuren dargestellt. Liam Neeson glänzt als Ducard, dem Lehrmeister von Bruce Wayne.
Michael Caine spielt als Alfred eine erwartungsgemäß zentrale Rolle, da er für den späteren Batman ein Vaterersatz ist, wobei diese Funktion erstmals in vollem Ausmaß beleucht wird. Für derartige, kleine Finessen, darf man den Machern gratulieren, denn nicht nur inhaltlich auch hinsichtlich der Wahl des eigentlich abonnierten Bösewichts Caine, beweist man wiederum Fingerspitzengefühl. Konsequent setzt man auch mit Morgan Freeman und Gary Oldman weitere schauspielerische Größen in vermeintlichen Nebenrollen ein. Selbst Katie Holmes ist nicht die üblich, weibliche Trophäe, die den schwarzen Rächer neurotisch anhimmelt. Ihre Rolle ist wesentlich für die Erklärung des Phänomens „Batman“.

In punkto Dialoge wählt man einen ansprechenden Kompromiss aus überwiegend tiefgründiger Ernsthaftigkeit, verfeinert mit philosophischen Denkansätzen und auflockernden Humor, wobei das Batmobil dann doch ein wenig zu häufig als Gagobjekt dient.

Subtile Vorgehensweisen ziehen sich dennoch wie ein roter Faden durch den Film, der auch visuell eher handgemacht wie künstlich wirkt. Die Action ist gut verteilt und wird nur selten mit Hilfe von Animationen inszeniert, so dass auch hier eher ein plastischer Eindruck haften bleibt. An das knallbunte Schumacher Computerspielformat wird man erfreulicherweise nie erinnert.
Ein kleiner Kritikpunkt ist im Wesentlichen nur die obligatorische, postmodern wirre Kameraführung bei diversen Nahkämpfen. Schade, dass sich die Macher hier nicht von den gegenwärtigen Konventionen abgegrenzt haben. Als musikalische Begleitung verwendet man einen zweckmäßigen Score, der allerdings nicht an die imposanten Kompositionen von Danny Elfman aus Tim Burtons ersten beiden Verfilmungen heranreicht.

Erfreulicherweise darf man bei „Batman Begins“ mit der Erkenntnis aus dem Kino gehen, dass „Batman“ noch nie mehr „Batman“ war. Nolan reizt den von Goyer vorgegeben Storyrahmen perfekt aus und bringt dem Betrachter suggestiv die Anfänge einer verzweifelten Seele, die erst durch einen langwierigen, inneren Prozess zum schwarzen Rächer wurde, nahe. Gegen Ende kündigt sich traditionell der nächste Bösewicht an und angesichts des gelungen Neuanfangs kann man eine Fortsetzung nur begrüßen. (8,5/10)

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