Review

Einem größeren Publikum dürfte “Dio Perdona... Io No” unter dem Titel “Zwei vom Affen gebissen” bekannt geworden sein, und zwar unter Kenntnis einer langjährigen Kollaboration der hier erstmals zusammen agierenden Bud Spencer und Terence Hill. Geht man von ihren erfolgreichen Comedy-Werken aus und betrachtet dann das zwanghaft auf Komödie zusammengeschnittene Endprodukt, wird man ohne Zweifel zu dem Schluß kommen, dass nichts so richtig stimmt, und enttäuscht wird man sich wieder den anderen Werken zuwenden. Das ist nur wenig überraschend, ist der erste Spencer/Hill-Film doch noch ein vollwertiger, ironiefreier, gnadenloser und dreckiger Italowestern. Und aus einem solchen eine Komödie zu basteln führt zwangsläufig zur Verschandelung.

In Hinblick auf das Ausgangswerk, welches alleine hier besprochen und bewertet wird, mutet der deutsche Neu-Titel “Zwei vom Affen gebissen” an wie ein schlechter Witz. Doch selbst der deutsche Originaltitel “Gott vergibt... wir beide nie” trifft es nicht ganz. Das hier ist nämlich nicht der Film zweier Hauptdarsteller. Es ist der Film von Terence Hill.

Hill spielt Django, einen gewitzten Spieler und Revolverhelden, der zusammen mit seinem Compadre, gespielt von Bud Spencer, einer Versicherungssumme hinterherjagt, die ausgezahlt werden würde, wenn jemand den Dieb einer Ladung Gold aus einem Zug und den gleichzeitigen Mörder der Insassen des gesamten Zuges ausfindig machen kann. Was wie ein gewöhnlicher Job beginnt, wird für Django am Ende persönlich, denn verbunden mit dem Raubüberfall holt ihn die Vergangenheit wieder ein.

Die persönliche Komponente betrifft nur Hills Charakter, weshalb er auch zum alleinigen Hauptdarsteller herausgehoben wird und die Gleichwertigkeit zwischen Spencer und Hill nichtig wird. Obgleich beide schon hier Kollegen spielen, ist Spencer trotz seines zweiten Platzes in der Order of Appearance untergeordnet, spielt nur den komplementären Partner, der Django/Hill unterstützen soll. Und selbst das ist weit weniger sauber, als man es von dem Gespann kennt: im Angesicht des Goldes kann da auch mal die Gier größer sein als die Loyalität.

So ist nicht die Verbindung zwischen Spencer und Hill der entscheidende rote Faden, sondern die neu aufgerollte Vergangenheit zwischen Django und Bill Sanatonio (Frank Wolff), einem alten Bekannten, den Django in einem Streit vor mehreren Monaten glaubte, erschossen zu haben. Doch nun ist er wieder da, putzmunter und zu allem Überfluss in den Raubüberfall verwickelt, dem Django und sein Partner nachgehen. Das Geschäft wird persönlich, und alles läuft auf eine eiskalte Abrechnung hinaus, bei der es nur einen Überlebenden geben kann.

Regisseur Giuseppe Colizzi bietet aufbauend auf diesem Verhältnis eine abwechslungsreiche Rückblenden-Struktur auf, beginnend bei dem (sehr schön eingefangenen) Eintreffen des Geisterzuges mit den toten Passagieren, einem weiterführenden Aufbau der Situation und schließlich einer Rückblende, bei der wir über das letzte Aufeinandertreffen zwischen Django und Bill Sanatonio informiert werden. Das lässt die Situation plötzlich in einem ganz anderen Licht erscheinen und erfordert völlig neue Handlungsmuster. Im weiteren Verlauf geht es darum, Bill zu finden, denn wo er ist, ist auch die Beute. Und der geschäftliche Aspekt wird um eine Dimension erweitert, womit die Aufgabe an Komplexität gewinnt.

Die vor Spannung knisternden Aufeinandertreffen zwischen Django und Bill sind das Highlight des Films. Die Motivation der Schießerei in der Rückblende und damit die gesamte Herleitung des Verhältnisses zwischen den beiden alten Freunden/Feinden wirkt allerdings etwas unglaubwürdig übertrieben. Vielleicht fehlt hier auch einfach nur eine weiterführende Erklärung, aber so, wie man es sieht, ist die Provokation Bills dem vorhergehenden Streit unangemessen. Das grandios inszenierte Schußduell im brennenden Haus wirkt da fast wie Perlen vor die Säue. Nimmt man die Motivation des Duells jedoch so hin, sind die Aufeinandertreffen von Django und Bill atmosphärisch packend.
Vor allem wird mehr als in allen späteren Werken deutlich, weshalb Hill von seinem Auftreten und von seinem Äußeren her für den Western prädestiniert ist. Er erscheint als dunkle Eminenz, wird in seiner ersten Szene am Kartentisch zunächst überhaupt nicht - wenn, dann nur als Schatten - gezeigt, bevor er mit wenigen kargen Worten seinen unumstößlichen Standpunkt klarmacht. Sein Gesicht wird von einem Drei-Tage-Bart verborgen, seine markante Knochenstruktur im Gesichtsbereich wirft Schatten, und ein großer Hut lässt es unmöglich zu, den schweigsamen Unbekannten zu identifizieren. Es ist etwas Geheimnisvolles an ihm, das später zugunsten der Komik aufgehoben wurde. Dementsprechend gibt seine Mimik durchweg Züge preis, die es in seinen Komödien nicht mehr gegeben hat; und umgekehrt vermisst der Spencer/Hill-Fan das verschmitzte Lächeln, das nur sehr selten aufblitzt. Wäre dieser Film erst in der Spätphase von Hills Karriere entstanden, hätte man ihn ob seiner straight-coolen Alternativ-Performance, die oftmals einen anderen Schauspieler hinter dem abgeklärten Gesicht vermuten lässt, im Vergleich zu seinen anderen Filmen in den Himmel gelobt. So sehr nimmt man ihm den düsteren Anti-Helden ab.
Besonders markant ist die Präsenz seiner stahlblauen, durchdringenden Augen, die wie funkelnde Diamanten in einer schwarzen Höhle glitzern und damit eine semantische Metaphorik bilden, die das tiefe Wasser, den Abgrund des wortkargen Django aufzeigen. Wie geschaffen ist dafür der durch Sergio Leone berühmt gewordene Eye-Shot, der in einer Szene auch hier Verwendung findet. Ebenbürtig ist da Djangos Gegenüber: Bill-Darsteller Frank Wolff drückt mit seinen dunklen, fast schwarzen Augen einen Kontrast zu Hill aus, der berechnende Leere vermuten lässt, die Leere eines gefühllosen Killers. Überhaupt zeigt Wolff als ruchloser Bill Sanatonio eine überragende Leistung, die der von Hill mindestens ebenbürtig ist, wodurch das Duell erst seinen Reiz bekommt. Nicht immer, aber oft legt er ein unberechenbares Verhalten an den Tag, das Zwischen Loyalität, Verrat und reiner Willkür pendelt, was sich in dem Verhalten gegenüber seinen Männern, aber vor allem gegenüber Django zeigt.

Bud Spencer hingegen spielt seine Rolle annähernd so, wie man es von ihm kennt. Seine Präsenz ist nicht so ehrfurchterregend wie das taktische Spiel zwischen Django und Bill, jedoch kann er seine Aufmerksamkeit trotzdem auf sich ziehen. Sein Charakter komplementiert die Szenerie, und die größte Leistung dieser Figur dürfte es sein, einen interessanten Gegenpart zu Hills Charakter zu bieten. Und diese Mischung funktionierte so gut, dass letztendlich noch Dutzende von Filmen mit Spencer/Hill-Rezeptur folgen sollten.

Insgesamt ist dem Film ein starker Spannungsaufbau zu attestieren, der jedoch in ein Finale mündet, das Geschmackssache ist. Nach der Vorgeschichte hätte man im Finale vermutlich eine Schießerei Mano à Mano erwartet. Vielleicht empfand man das als zu vorhersehbar, so dass man eine nicht ganz so dramatische, dafür unberechenbarere Alternative vorzog.

So oder so, “Zwei vom Affen gebissen” - oder, wie man ihn besser nennen sollte, “Gott vergibt... wir beide (noch besser: ich) nie” - ist ein spannender, vollkommen ironiefreier Spaghettiwestern. Zu bedenken ist, dass es kein Spencer/Hill-Film ist, sondern ein Film mit Bud Spencer und Terence Hill. Zudem agiert Spencer lediglich als untergeordneter Buddy, während sich das Duell zwischen Terence Hill und Frank Wolff als zentral herausstellt. Die Präsenz dieser beiden zentralen Figuren ist betonenswert, denn sie verleiht dem gesamten Film eine ungebrochene Atmosphäre. Der drum herum gestrickte Plot ist strukturell interessant und innovativ, allerdings mit einer fragwürdigen Ausgangsmotivation und einem vielleicht allzu unpersönlichen Finale versehen. Dennoch ein verblüffend gut funktionierender Western, der Sergio Leone alle Ehre macht.

Details
Ähnliche Filme