Mittlerweile ist es äußerst schwierig geworden, den Überblick über die unzähligen Verfilmungen zu behalten, die auf Robert Louis Stevensons berühmter Geschichte „Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ basieren. Eine der ältesten Versionen datiert auf die frühen 30er des letzten Jahrhunderts zurück. Nun, knapp 75 Jahre später, steht erneut eine Verfilmung unter dem Regiefrischling Nick Stillwell an.
Der junge Medizinstudent Henry „Jay“ Jekyll erforscht mit seiner Kollegin Mary Glover die Wirkungen von bewusstseinserweiternden Drogen. Das Ziel: eine Art Supermensch, ein Gewinnertyp, dessen positive Eigenschaften durch den Drogencocktail hervorgehoben werden sollen. Doch die Experimente verlaufen bei weitem nicht so wie geplant. Mary stirbt bei einem Selbstversuch an einer Überdosis des Serums, was Jay aber nicht daran hindert, seine Forschungen weiter zu betreiben. Er gerät immer stärker in die Abhängigkeit des „Wundermittels“ und muss feststellen, dass ein böser, mörderischer Teil seines Ichs erwacht ist, der sich nicht mehr so einfach kontrollieren lässt.
Was soll man zu „Reborn - The new Jekyll & Hyde“ großartig schreiben, außer: einfach nur grottig?! Der Film beruft sich mit seinem Titel auf ein Meisterwerk der Literatur, hat aber im Endeffekt abgesehen von ein paar Details kaum etwas mit der originalen Geschichte zu tun. Was prinzipiell noch nichts Schlechtes bedeuten muss. Wozu braucht man den x-ten Aufguss ein und derselben Geschichte? Das Stichwort heißt schließlich Neuinterpretation. So wie hier jedoch neu interpretiert wird, müsste ab sofort jeder Film, der irgendetwas mit künstlich hervorgerufenen, zwiegespaltenen Persönlichkeiten zu schaffen hat, die Namen Jekyll und Hyde im Titel tragen. Nein, die Masche, die hier gefahren wird, beruht schlicht und einfach darauf, große Namen zu benutzen, um die Attraktivität des eigenen Produktes zu steigern.
Aber warum eigentlich aufregen, müsste man doch schon auf den ersten Blick erkennen, dass dieses Werk sicherlich nicht der große Wurf, sondern eher eine billige Low-Budget-Produktion ohne große Ambitionen, ist.
Es beginnt schon damit, dass das Script – u.a. vom Regisseur mitverbrochen- eine komplette Katastrophe ist. Ein nachvollziehbarer Handlungsstrang setzt erst gegen Halbzeit ein. Vorher beschäftigt sich der Film mit dem Hin- und Herspringen zwischen unnötig verkomplizierten Fragmenten, die vollkommen sinnfrei aneinander gereiht wurden. Auch sonst bietet das Drehbuch äußerst selten Positives. Die Handlungsmotivationen der einzelnen Charaktere werden fast gänzlich vernachlässigt oder sind an den Haaren herbeigezogener Schwachsinn. Die Figuren stellen die Projektion eines unfähigen Drehbuchautors in Reinkultur dar. Man springt mit ihnen von einem Klischee zum nächsten, seien es die dauergeilen Kerle, die alles vögeln, was nicht bei drei auf den Bäumen ist, die „heißen“ Schnecken, deren IQ nicht über der Zimmertemperatur liegt oder unser Protagonist „Jay“ Jekyll, den man absolut unglaubwürdig zum Nerd der Nation abstempelt und somit auch seine Forschungsmotivation begründen will. Eigentlich kommt keiner der Knallchargen nur annährend sympathisch rüber, sodass der Zuschauer schon recht früh den Wunsch verspürt, sie mögen alle möglichst bald zur Hölle fahren.
Ein weiteres unüberwindbares Problem stellt die, in jeder noch so dümmlichen Situation an den Tag gelegte, Ernsthaftigkeit dar. Keine Auflockerung des Dilettantismus durch ironische Einlagen oder Ähnlichem, welche das Machwerk vielleicht ein wenig unterhaltsam gestaltet hätten. Es sollte eben nicht sein und so muss sich der gebeutelte Betrachter mit dem begnügen, was er vorgesetzt bekommt.
Getarnt wird das ganze Drama als pseudodokumentarischer Humbug, der des Öfteren durch Jays Videotagebuchmitschnitte Unterbrechungen enthält. Man versucht verkrampft eine Bindung zwischen Zuschauer und Gezeigtem herzustellen, was schließlich in Marthas „grandiosem“ Schlussplädoyer „Es ist nicht das erste Mal, dass diese Geschichte erzählt wurde- und bestimmt auch nicht das letzte Mal. Aber sie ist wahr und es könnte jedem passieren.“ gipfelt. Zu diesem Zeitpunkt kann man schon nur noch von Dankbarkeit sprechen, sogleich vom folgenden Fade-out zu den Endcredits weitergeleitet zu werden.
Viele tumbe Streifen taugen wenigstens zur Unterhaltung- dieser hier nicht einmal dafür. Er bleibt von vorne bis hinten langweilig und hinterlässt nur einen bitteren Nachgeschmack bzw. Verärgerung über die verschwendete Lebenszeit. Das einzig Positive ist die stellenweise durchaus gelungene, musikalische Untermalung, die den Film jedoch auch nicht mehr retten kann.