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Dass Wesley Snipes ein durchaus passabler Schauspieler ist, hat er mit Rollen in Filmen wie To Wong Foo oder One Night Stand bewiesen. Doch die 90er sind längst vorbei und der Blade-Franchise, seine letzten großen Rollen, war mit dem enttäuschenden dritten Teil 2004 auch abgeschlossen. „Auf zu neuen Ufern" wird sich der gute Wesley dann wohl gedacht haben. Doch leider war die Entscheidung, nun mit günstigeren Direct-to-DVD-Produktionen den Heimkinomarkt aufzurollen, einzig seinem Konto, nicht seiner Karriere förderlich.

Mit zumindest fragwürdigen Produktionen wie 7 Sekunden oder The Detonator fügt sich Snipes nahtlos in die Reihe der alternden Actionstars ein, wo seit einigen Jahren schon Aikido-Rollmops Steven Seagal oder Prügel-Belgier Jean-Claude van Damme agieren. Mit dem Unterschied nur, dass es dem Zuschauer um Snipes irgendwie leid tut.

The Marksman
von 2005 war dabei einer der ersten Filme von Wesley Snipes nach dessen „Neuorientierung". Preisgünstig in Rumänien gedreht, wurden einige Szenen aus Top Gun und Active Stealth aus Kostengründen schamlos integriert. Ein erstes Exempel dafür, dass dieser Film eine grottige Gurke ist, vor der jeder Filmfan gewarnt werden sollte.

Snipes spielt einen „Painter" genannten Spezialagenten der US Army, der feindliche Ziele markiert, um diese dann per Luftunterstützung zerstören zu können. Seine neue Mission verschlägt ihn nach Tschetschenien, wo ein Bösewicht namens Zaysan (Dan Badarau) plant, ein stillgelegtes Atomkraftwerk zu reaktivieren und mit einer radioaktiven Wolke die Gegend zu kontaminieren. Hunderttausend Tote wären die Folge. Mit seinem Team führt Painter die Mission erfolgreich durch, er markiert das Ziel, doch läuft das Unternehmen zu glatt. Painter kommt hinter eine Verschwörung, die bis in die russische Regierung hinein reicht...

Zum Auftakt von The Marksman bekommt der Zuschauer erst einmal etwas von Painters Können serviert, als der im Wald des Nachts eine ganze Truppe überwältigt. Die Szenerie ist dabei ziemlich dunkel geraten - wohl ein Versuch, mit der der mäßig begabte Regisseur Marcus Adams seine eigene Unfähigkeit kaschieren wollte. Es folgt ein mit digitalen Effekten aufgepeppter Vorspann, der ebenso wie das häufige Ins-Bild-Halten von Notebooks oder anderem technischen Gerät High Tech, Aufwand und somit auch Kostspieligkeit der Produktion zu symbolisieren versucht. Doch dies schlägt fehl, wenn von Anzugträgern und Beamten andauernd nur ewig darüber diskutiert wird, was man denn angesichts der Krisensituation tun soll - und das nimmt schon etwa eine gefühlte Hälfte des Films in Anspruch. Actionsequenzen sind ohnehin eher spärlich gesät und erschöpfen sich in wenig spektakulären Shoot-Outs oder betont taktischem Herumgelaufe in sichtbar billigen Kulissen, die an Abrisshäuser oder Nachbars Scheune aufgefüllt mit Styropor erinnern.

Den Erzählfluss völlig zerfasernd ist beispielsweise im ersten Viertel auch das häufige Hin- und Herspringen zwischen den einzelnen Schauplätzen, vermittelt durch kryptische Texteinblendungen wie „Der Kreml, Russland". Da hätte mich auch eine Einblendung wie "Zwischenstopp bei McDonald´s, Irgendwo in Rumänien" nicht verwundert. Die mürrische Kampfglatze Wesley Snipes sitzt anfangs zum Beispiel in einer klischeehaften Kneipe in Wiesbaden (!) inklusive bayrischer Biergläser rum, wo seine Kameraden erst einmal über ihn lästern, bevor dann kurz vorm Einsatz sein Trauma von einer zuvor gescheiterten Mission aufgedeckt wird, welches er einer Ex-Freundin (oder so) von ihm noch mal erzählt. Gähn! Klischee reiht sich an Klischee und Wesley Snipes macht dauerhaft die gleiche grimmige Miene zum Spiel.

Richtig schlecht sind darüber hinaus auch die betont coole und stylische Kamerarbeit, welche immer wieder mit kurzen Zeitraffern bei Establishing Shots hantiert, ohne dass irgendein Sinn dabei erkennbar wäre. Kamermann Michael Slover verwurstete mit derartigen Kapriolen schon Seagals The Foreigner und Snipes´ 7 Sekunden. Die im Pathos ertrinkende Filmmusik lässt auf einen entfesselten Komponisten schließen, der versuchte, die kalt lassende Filmhandlung zwischen hohlem Geballer, noch hohleren Dünn-Dialogen und einem Wesley Snipes, der nur einen angepissten Gesichtsausdruck aufsetzen darf, doch noch etwas mitreißend zu gestalten.

The Marksman
ist dabei im Ergebnis in Sachen Dramaturgie und Inszenierung so unterirdisch schlecht geworden, dass dies sich auch auf den Unterhaltungsfaktor des Films auswirkt. Zwischen den wenigen Actionsequenzen herrscht in endlosen Dialogen und militärischen Formalitäten schlicht Langeweile, so dass ich mich bei später Stunde nur schwerlich vom Einschlafen abhalten lassen konnte.

Der beste Witz des Films: PRO 7 kündigte The Marksman als „Blockbuster" an. Selten hab ich vor 90 Minuten filmischem Abfall im Nachhinein herzhafter gelacht. Dümmlicher C-Actionheuler für die Tonne und wahrlich verschwendete Lebenszeit. Zielgenau (so der deutsche Untertitel) ist daran wahrlich nichts ausser Snipes Manövrierung ins Karriere-Aus. Nicht einmal Trash-Vergnügen will sich dabei einstellen  


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