„Thank You for Smoking” ist nur vordergründig ein Film, der sich mit dem Zigarettenkonsum beschäftigt. Vielmehr beleuchtet er ein ganz anderes Phänomen: Die Macht der Worte und die der Argumentation. Skizziert wird hier das Leben des Tabak-Lobbyisten Nick (Aaron Eckhart), der das tut, was er am besten kann: Reden. Dies tut er im zweifelhaften Dienst der Tabakindustrie. Zwar sind auch ihm die Gefahren bekannt, die der Zigarettenkonsum mit sich bringt, doch er mag was er tut. Und was er tut, möchte er besonders gut machen. Insofern unterscheidet sich seine Charakterisierung nicht besonders von der Frage, ob nicht auch ein brutaler Kindermörder eine bestmögliche Verteidigung durch einen Anwalt verdient hat. Basierend auf den Ideen der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit hat er dieses Recht natürlich. „Thank You for Smoking” geht der Frage nach, welche Menschen sich freiwillig in solch ein Sperrfeuer der öffentlichen Kritik aussetzen, das im beschrieben Falle des Anwaltes oder eben des Tabaklobbyisten aufkommt. Die Antwort, die der Film liefert, ist dabei so einfach, wie realistisch: Menschen, die gut sind, in dem was sie tun. Menschen, die an das Recht glauben, sich zu verteidigen bzw. Interessen zu vertreten und dabei aufkommende moralisch-ethische Zweifel verdrängen. Insofern trägt „Thank You for Smoking” sowohl gesellschaftskritische, wie auch satirische Züge, hängt diese aber vor allem an der Person des Nick Naylor auf.
Dieser wird passend von Aaron Eckhart verkörpert, der für diese nicht unproblematische Rolle ein absoluter Glücksgriff ist. Immer sympathisch, spielt er den Enthusiasmus, der diese fiktive Person an ihrer Arbeit empfindet erfrischend. Es wäre ganz sicher einfacher gewesen, einen Tabaklobbyisten als qualmendes, skrupelloses Monster darzustellen, doch dann wäre „Thank You for Smoking” wohl ein unlustiges, wie vorhersehbares filmisches Pamphlet geworden. Diese Klippe umschifft Regisseur Jason Reitmann geschickt. Eckhart ist Teil einer einzigartigen Besetzung, deren Zusammenstellung noch bemerkenswetrter wird, wenn man das brisante Thema bedenkt, dass „Thank You for Smoking” anfasst. Neben Eckhart agieren Hollywoodgrößen, wie William H. Macy, Robert Duvall, Katie Holmes, Maria Bello oder Rob Lowe. Eine Schwäche des Filmes ist es allerdings, dass sich die Inszenierung so sehr auf Eckharts Person konzentriert, dass die anderen Stars enorm eindimensional bleiben, keine Tiefe haben und somit eher Abziehbild-Charakter erhalten. Macy als ambitionierter, wie hilfloser Senator auf einem Anti-Zigaretten-Kreuzzug ist ebenso verschenkt, wie Rob Lowe als Filmproduzent, der nur auf Geld aus ist. Einzig Eckhart bekommt den Raum, seiner Figur Tiefe zu verleihen. Zudem kann man Katie Holmes als Fehlbesetzung bezeichnen. Sie spielt eine skrupellose Reporterin, die für eine Story alles tut, dabei auch vor Sex nicht zurückschreckt. Leider nimmt man der Holmes eher das brave Mädchen ab, auf das sie in der Regel abonniert ist, als das berechnende Luder, das sie hier darstellt. Insofern ist die Besetzung zwar als durchaus beeindruckend zu bezeichnen, doch ist sie ebenso verschenkt.
Von der Prämisse her lässt sich „Thank You for Smoking” mit „Lord of War“ vergleichen. Dort verfolgte man den Aufstieg und Fall eines Waffenhändlers, der, ebenfalls überzeugend, von Nicolas Cage dargestellt wurde und als Identifikationsfigur für das Publikum herhalten mußte, egal, wie fragwürdig seine Handlungen auf der Leinwand waren. „Thank You for Smoking” wirkt im direkten Vergleich differenzierter, weil realistischer. Der Zuschauer hat zu keiner Zeit das Gefühl, einer realitätsfremden Story zu folgen, was bei „Lord of War“ eher schwer fiel. Trotz dieser Realitätsnähe gelingt es Reitman in seinem Film auch immer lustige, wie skurrile Momente zu erschaffen, bei dem dem Zuschauer nur selten das Lachen im Halse stecken bleibt. So ist es z.B. eine nette Idee, dass Nick sich in seiner Mittagspause immer mit seinen „Kollegen“ trifft: Pressesprecher der Alkohol- und Waffenindustrie. Allesamt moralisch fragwürdige Institutionen, die massiv Lobbyarbeit betreiben. Und was ist die Erkenntnis? Siehe da, auch die Vertreterin der Alkohollobby, wie auch der Kollege der Waffenindustrie sind nur Menschen. Und dabei gar nicht unsypathisch, sondern einfach nur darauf bedacht, einen guten Job zu machen. So allgemeingültig und simpel diese Erkenntnis doch erscheint, so selten gab es diese in Hollywood zu sehen, wo doch sonst diese Institutionen durch raffgierige wie skrupellose Vertreter dargestellt werden. Allein der gesunde Menschenverstand sollte dem Zuschauer klarmachen, dass nicht alle Personen, die für diese Industriezweige arbeiten, schlecht sein können, schließlich arbeiten dort viele Menschen. „Thank You for Smoking” serviert dem Zuschauer diese Erkenntnis noch einmal auf dem Silbertablett. Gegen Ende, als Nick der Tabaklobby Lebewohl sagt, denkt der Zuschauer schon an ein typisches Hollywoodende vom geläuterten Advokaten des Teufels, doch die letzte Szene belehrt das Publikum eines besseren: In dieser berät Hauptdarsteller Eckhart Vertreter der Mobilfunkindustrie, wie sie die Zusammenhänge zwischen Handys und Gehirntumoren am besten leugnen. Diese Szenen sind es, die einen Zynismus verströmen, der im ganzen Film gut dosiert wird. Gerade Zynismus kann eine Filmsuppe schnell versalzen. Reitmann geht mit dem Gewürz sehr behutsam um und bewahrt „Thank You for Smoking” so eine gewisse Leichtigkeit.
„Thank You for Smoking” ist sowohl für Raucher, wie für Nichtraucher gut ansehbar, steht doch das Laster nur auf dem ersten Blick im Vordergrund. Stattdessen werden die Personen charakterisiert, deren Beruf es ist, sich für ethisch zweifelhafte Institutionen einzusetzen. Dies macht der Film sehr gut, auch wenn er keine bahnbrechenden neue Ergebnisse auftischt. Zudem ist eine der größten Stärken des Filmes eine seiner größten Schwächen. Die großartige Besetzung, die aber irgendwie verheizt wird, weil den großartigen Darstellern und Darstellerinnen nicht genügend Platz geboten wird, um das individuelle Können auszuspielen. „Thank You for Smoking” ist ein starker und intelligenter Film, der das Potenzial für mehr allerdings leichtfertig verschenkt.
Fazit:
7 / 10