Nachdem der junge Regisseur Eli Roth mit dem (beinahe) No Budget-Budget-Horrorfilm „Cabin Fever“ einen Überraschungserfolg hingelegt hatte, muß sich sein Leben gehörig verändert haben. Dies wird für den Außenstehenden vor allem dann ersichtlich, wenn man sich mit seinem zweiten Film „Hostel“ beschäftigt. Nach dem Erfolg seines Erstlings hat Roth niemand Geringeren als Quentin Tarantino als Fan gewonnen, der für „Hostel“ sogar seinen Namen hergab. So heißt es nun „Quentin Tarantino präsentiert Hostel“. Das verspricht ja schon Einiges. Doch damit noch nicht genug. So konnte Roth zudem Takashi Miike für einen Cameo-Auftritt (eigentlich doch kein Cameo, denn er taucht im Abspann als Miike Takashi auf) gewinnen. Noch bevor man den Film gesehen hat, schreien die Einen laut „Kult“, während die Anderen nicht leiser „Hype“ brüllen...
Insofern hat „Hostel“ schon eine ganz schöne Vorgeschichte, noch bevor man auch nur eine Minute des Films gesehen hat. Zudem werden die Erwartungen sehr hoch geschraubt. Dies ist die Bürde, die der Film tragen muß und vor der er sich letztendlich auch beweisen muß. Um eines vorwegzunehmen: Der Film enttäuscht in keinster Weise. Roth hat trotz des ganzen Rummels um seine Person einen harten, atmosphärisch sehr dichten und guten Horrorfilm auf die Leinwand gezaubert. Der Film wirkt viel hochwertiger als „Cabin Fever“. Von daher hat Roth die zusätzlichen Mittel, die ihm der Erfolg seines Erstlings und sein Kumpel Quentin beschert haben, richtig angelegt. Obwohl „Hostel“ ein Ruf als sehr harter Horrorfilm vorauseilt, nimmt sich der Film gerade anfangs Zeit, eine Geschichte zu erzählen und die Charaktere ausführlich einzuführen. Dies gelingt Roth hervorragend, denn trotz des niedrigen Horrorgehalts der ersten Filmhälfte unterhält der Film dennoch. In diesen Minuten funktioniert der Film beinahe auf „American Pie“-Niveau. Es geht um den Europa-Trip einiger junger Amerikaner, die sich vorkommen, wie im Sexparadies (tatsächlich gibt es im gesamten Film sehr viel nackte Haut zu sehen). Diese Filmminuten sind es auch, die aus den Jugendlichen Identifikationfiguren für das Publikum machen und die später folgenden Folterszenen viel intensiver wirken lassen. Die Darsteller sind allesamt unbekannt, machen ihre Sache aber sehr gut. Aus den Schauspielern, die die Reisegruppe darstellen, ragt der junge Jay Hernandez heraus. Im Laufe des Films kristallisiert er sich immer mehr als Hauptdarsteller heraus und wirkt wie eine junge Version von George Clooney, die im Verlaufe der Handlung den ganzen Film auf seinen Schultern trägt.
Die Folterszenen sind wirklich hart. Sie wirken durch eine gute FX sehr realistisch und sind für ein Mainstreampublikum sicherlich mit Vorsicht zu genießen. Vor allem durch die oben schon erwähnte erste Filmhälfte wirken die Folterszenen zusammen mit den realistischen und blutigen Effekten sehr grausam. Roth dreht an diesem Rad auch bis zum Äußersten. Nachdem sich Hernandez’ Figur aus dem Folterstuhl befreien kann und das Heft in die Hand nimmt, entweicht die Anspannung aus dem Kinosaal. In der Vorstellung, die ich besucht habe, wurden die Gewaltakte, mit der er sich an seinen Peinigern rächt mit Applaus goutiert. Dies ist exemplarisch für Kino, das nicht nur bewegt, sondern die Zuschauer auch physisch in ihren Sitzen winden lässt. Insofern muß man für diese Atmosphäre nicht nur dem Regisseur gratulieren, sondern auch den Darstellern, die es trotz ihres niedrigen Bekanntheitsgrades schaffen, eine denkwürdige und memorable Leistung abzuliefern. Die europäischen Drehorte haben nicht nur mitgeholfen das Budget klein zu halten, sondern verstärken die Atmosphäre. Malerische Ausblicke wechseln sich mit bedrohlichen engen Gassen und apokalytischen ruinösen Gebäuderesten ab. Apropos Europa: Es lohnt sich definitiv „Hostel“ im englischen Original zu sehen. Durch die vielen vertretenen Nationalitäten entsteht ein Sprachenwirrwarr, das nur schwerlich durch eine Synchronisation abgebildet werden kann. Zudem ist es bemerkenswert, dass den Hauptdarsteller in einer lebensgefährlichen Situation seine Deutschkenntnisse retten... Menschen mit Deutschkenntnissen leben halt länger, oder so ähnlich.
Alles in allem kann man Eli Roth zu seinem zweiten Film nur gratulieren. „Hostel“ ist ein klarer Tipp für alle Horrorfreaks, die mit Futter bedient werden, das vorher meist nur in der Videothek erhältlich war. Insofern schließt sich „Hostel“ einem erfreulichen Trend an, der mit erfolgreichen Vorgängern wie „Dawn Of The Dead“ und „The Texas Chainsaw Massacre“ begründet wurde: Das Vordringen des harten Horrorfilms in den Mainstream. Im Gegensatz zu den genannten Filmen, die allesamt Remakes von älteren Horrorstreifen sind, schafft Roth dies aber mit seinem eigenen, originären Film. Ob das durch Tarantino angelockte Trendpublikum allerdings seinen Spaß bei den Folterungen haben wird, sei an dieser Stelle mal dahingestellt...
Fazit:
8/10