Wie so oft neigen Marketingabteilungen dazu, Filmen, die sich einen leichten, scheinbar komödiantischen Blick auf die unstete Jugend mit ihrer schnoddrigen Sprache und ihrem Leben zwischen Jobsuche ,Liebeslust und -frust leisten, den Stempel "Kultfilm" aufzudrücken. Dahinter steckt die Vermutung, dass sich besonders die jugendliche Zielgruppe der unter 30jährigen von den Erlebnissen der fünf jungen Männer ,die in Hollywood Fuss fassen wollen, angesprochen fühlen. Und der Begriff "Kult" vermittelt in diesem Zusammenhang eine extreme Sprache, abgefahrene Spässe und verrückte Frauengeschichten - also das, was man von ein paar abgefahrenen Jungs, die des Nachts in den angesagten Bars und Kneipen Hollywoods unterwegs sind, erwartet und was fälschlicherweise als "realistisch und lebensnah" verkauft wird.
Doch Doug Liman, der inzwischen als Block-Buster Regisseur und Produzent ("Mr. und Mrs.Smith", die "Bourne Trilogie") dick im Geschäft ist, setzt in seinem frühen Film "Swingers" nicht auf diese Karte. Vielleicht liegt das an John Favreau, der hier nicht nur als Hauptdarsteller überzeugt, sondern auch das Drehbuch schrieb, denn "Swingers" wirkt in seiner Inszenierung so alltäglich, dass man beinahe vergisst, dass die Story in Hollywood spielt. Es ist anzunehmen, dass Favreau in seinem ersten Drehbuch seine eigene Geschichte erzählt, denn die Dialoge und die Erlebnisse der jungen Männer hier sind - abgesehen von den Gesprächen über ihre Chancen beim Casting - kaum von jeder anderen Gruppe junger Männer zu unterscheiden.
Und genau hier liegt die Stärke der Story, die gleichzeitig auch ihr Schwachpunkt ist (zumindest, wenn man sich durch den "Kult"-Stempel blenden lässt) - die Geschichte von Mike Peters (John Favreau) bleibt bis zum Schluss unkonkret und ohne klare Aussage. Sie lebt von dem Spannungsfeld der beiden Freunde Mike und Trent (Vince Vaughn), die ganz unterschiedliche Auffassungen von Spass und Frauen haben, aber deren gegenseitige Sympathie dabei nicht in Frage gestellt wird.
Gerade die Polarisierungen und Extreme, die sogenannte "Kultfilme" oft ausmachen, existieren in "Swingers" nicht, was sich schon in einer der ersten Szenen zeigt. Mike ist seit Monaten unglücklich, weil sich seine Freundin Michelle nicht mehr bei ihm meldet und einen neuen Freund hat. Die 6-jährige noch aus Highschool-Zeiten stammende Beziehung ging auseinander, als Mike von New York nach Los Angeles zog, um als Schauspieler Karriere zu machen. Schon hier wird ein völlig anderes Bild gezeichnet, als normalerweise üblich - ganz offensichtlich war die langjährige Beziehung zu seiner Freundin für Mike eine Option für die Zukunft und nur weil er sich plötzlich an einem Ort befindet, an dem es vor schönen Frauen nur so wimmelt, bedeutet das für ihn nicht, daran etwas zu ändern.
Trent hat da eine ganz andere Haltung ,denn er ist nur an schnellen und möglichst vielen Abenteuern interessiert. Er nimmt seinen Freund Mike mit nach Las Vegas, um dort einen drauf zu machen und obwohl ihr Versuch, möglichst cool und wohlhabend zu wirken, schnell scheitert, gelingt es Trent problemlos zwei Mädchen für die Nacht aufzureissen. Trotz der hier schon typischen Rolle für Vince Vaughn als leicht grossmäuliger, von ungebremstem Selbstbewusstsein beseelter Draufgänger, wirkt er hier noch wesentlich zurückhaltender und natürlicher als in späteren Rollen ("Hochzeitscracker"). Denn so spaßsüchtig und wenig verantwortungsvoll sein Frauenbild wirkt, so intensiv und ernsthaft ist er an seinen Freunden interessiert. Auch in Las Vegas, wo er seinen Sex unterbricht, um nach Freund Mike zu sehen, der leider wieder in seine übliche Litanei verfallen ist, jeder anderen Frau von seiner Ex-Freundin zu erzählen...
Doch auch Mikes Frust wird nicht überzogen dramatisch dargestellt, sondern als das was er ist - die Schwierigkeit Veränderungen zuzulassen. Sehr gelungen ist in dieser Konstellation auch Ron Livingston als Mikes alter Schulfreund Rob, der ihm nach Hollywood gefolgt ist. Livingston ist hier genauso bieder wie gewohnt und damit als ernsthafter Gesprächspartner für Mike ein guter Antipode zu Trent. Dazu gesellt sich noch Sue (Patrick van Horn), eher Trents Bruder im Geiste, der für die wenigen verrückten Momente zuständig ist. Zusammen mit Charles ziehen sie nachts um die Häuser, versuchen Frauen kennenzulernen und lenken sich ein bißchen vom meist frustrierenden Alltag in Hollywood ab.
Offensichtlich ist dabei, dass sie über nur begrenzte Geldmittel verfügen und auch nur wenig Beeindruckendes vorzuweisen haben - und das in einem Umfeld, in dem Prestige alles ist. "Swingers" hat konsequenterweise nur wenig Berührungspunkte zu Stars und Reichtum und zeigt mit den ärmlichen, heruntergekommenen Wohnungen die andere, realistischere Seite, ohne auch nur eine Sekunde sozialkritisch zu werden. Denn dafür haben die Jungs zuviel Spass und auch Mike gelingt es letztendlich, seinen Frust loszuwerden, ohne deshalb seinen Charakter zu verleugnen.
Fazit : "Swingers" ist eine Komödie und will auch positiv unterhalten, aber dabei setzt sie nicht auf extreme Haltungen oder abgedrehten Spass, sondern auf eine realistische und doch leichtfüssige Schilderung.
Die Qualität zeigt sich in der abschließenden Botschaft, die verdeutlicht, dass sowohl Trents oberflächliche, aber charmante und menschenfreundliche Art, als auch Mikes ernster und moralischer Charakter notwendig ist, um hier zu überleben. Ohne Trent hätten die Jungs nur halb so viel Spass, aber auch Trent muss erkennen, dass seine etwas einseitige Art ihre Grenzen hat. Doch das vermittelt "Swingers" ganz leicht und immer mit Sympathie für seine Protagonisten, so wie er auch zum Schluss das weitere Geschehen nur andeutet...
Ein kleiner, undramatischer und dennoch realistischer Film. Nicht übertrieben lustig und ohne große Ereignisse, aber sehr sympathisch (7,5/10).