Review

Betrachtet man "Das Leben der Anderen" aus heutiger Sicht, so muß man anerkennen das Regisseur Von Donnersmarck alles richtig gemacht hat. Der Oscar für "Den besten nicht englischsprachigen Film" als i-Tüpfelchen, gab den letzten Hinweis darauf, dass wir es hier nicht mit einem "typischen deutschen Film" zu tun haben, sondern mit einem international anerkannten Werk.
Erkennbar ist das auch hier in der OFDb-Liste, die den Film im Ranking sehr hoch einordnet (entgegen der sonstigen Gepflogenheit, deutsche Filme mit niedrigen Wertungen abzustrafen) und in der IMDb schafft er es sogar unter die TOP 100 aller Filme.

Angesichts solcher Meriten scheint es vermessen zu sein, den Film kritisch unter die Lupe nehmen zu wollen, besonders da er sich sogar einem gesellschaftskritischen und politisch brisanten Thema widmet, dass seine Wirkung bis heute nicht verloren hat. Nur stellt sich die Frage, ob Von Donnersmarck dieses Thema auch in dieser allgemeingültigen Form aufbereitet hat oder ob es sich nicht eher um einen Rückblick in eine längst vergangene Epoche handelt ?

Gleich zu Beginn konfrontiert er uns mit einer Szene, die hoffen lässt. Stasi-Hauptmann Gerd Wiesler (Ulrich Mühe) befragt einen der Mithilfe zur Republikflucht verdächtigen Mann. Seine Methoden sind äußerst perfide und lassen dem Angeklagten, dem dazu kein Schlaf erlaubt wird, keinerlei Chance. Wie sich herausstellt, beschreibt Wiesler die Szene für eine Ausbildung im Hörsaal und erntet Widerspruch durch einen Studenten. Dieser fragt nach den Menschenrechten bezüglich des Schlafverbotes, was ihm eine negative Eintragung einbringt.

Leider kann man bei dieser beeindruckenden Szene schon erkennen, wie der gesamte Film funktioniert. Anstatt auf die Gesprächsführung näher einzugehen, deren Methodik bis heute allgemeingültig ist für sämtliche Arten von Verhören, bei denen das Urteil schon zuvor gefasst wurde, werden die Extreme betont. Die Schlaffolter und das Kreuzchen am Namen des "aufmüpfigen" Studenten bleiben stattdessen in Erinnerung.

"Das Leben der Anderen" widmet sich einem dunklen Kapitel der DDR und es ist aller Ehren wert, einmal wieder deutlich zu machen, zu welchen Auswüchsen diktatorische Staaten greifen und unter welcher Willkür die Menschen leiden müssen. Die Geschichte um den Schriftsteller Dreymann (Sebastian Koch), seine Freundin und Schauspielerin Christa-Maria Sieland (Martina Gedeck) wird an nur wenigen Orten inszeniert, was dem Film eine dichte und überzeugende Atmosphäre verleiht. Nach einer Theateraufführung wird durch den Oberstleutnant Anton Grubitz (Ulrich Tukur) eine komplette Überwachung von Dreymanns Wohnung angeordnet, um die sich Wiesler verantwortlich kümmert. Ausgangspunkt dieser Maßnahme ist, neben dem ständigen Mißtrauen des Staates gegenüber seinen Künstlern ,der Minister Bruno Hempf (Thomas Thieme), der selbst eine Auge auf die tablettensüchtige Frau Sieland geworfen hat ,und deshalb deren Freund Dreymann loswerden will.

An Hand dieser persönlichen Geschichte ist zu erkennen, wie sehr die als Schutz vor Feinden des Staates behaupteten Maßnahmen von persönlichen Interessen durchwirkt sind und wie wenig der Einzelne eine Chance hat, sich dagegen zu wehren. So wird Christa-Maria Sieland immer mehr zu einem Opfer, dass zwischen ihrer Liebe zu Dreymann und dem sie bedrängenden und bedrohenden Minister hin und her pendelt. Doch auch für die Stasi läuft nicht alles nach Plan, denn merkwürdigerweise gibt es keine Nachweise für "Straftaten" bei Dreymann...

In der Figur des Hauptmann Wiesler wird durch Ulrich Mühe hervorragend ein Mensch gezeigt, der plötzlich aus der vorgegebenen Linie ausbricht. Angesichts des eigenen ereignislosen und tristen Lebens, erkennt er in Dreymanns Verhalten eine Qualität, die dazu führt, dass er ihn vor seinen Vorgesetzten schützt, deren eigenen Machtinteressen ihn immer mehr anwidern. Sicherlich gibt es auch in den finstersten Epochen immer ein Zeichen von Hoffnung und die Art wie Mühe das hier spielt, in dem er keineswegs aus seinem sonstigen Charakter ausbricht, sondern nur minimal andere Konsequenzen zieht, ist wirklich überzeugend. Nur verliert der Film mit jeder dieser Szenen seine Allgemeingültigkeit und wird immer mehr zum privaten Drama zwischen wenigen Protagonisten.

Gerade mit den hier beschriebenen Verhaltensmustern hätte man dieses Thema zur allgemeinen Anklage von Machtwillkür machen können, die wirklich provoziert und aufrüttelt, denn natürlich werden diese Methoden auch heute noch angewendet - nur nicht mehr mit den typischen Insignien der verflossenen DDR. In diesem Zusammenhang ist auch die beste Rolle zu nennen, die des Oberstleutnant Anton Grubitz. Dieser wirkt anders als der steife Wiesler in seiner jovialen Art durchaus umgänglich und keineswegs wie der typische Technokrat. Gerade die Szene in der Stasi-Mensa ist von unglaublicher Intensität, als Grubitz einen Witzeerzähler zum weitererzählen auffordert und sogar selber noch einen Honecker-Witz anfügt. Auch als Betrachter geht man beruhigt aus dieser Szene heraus, die sich scheinbar in Wohlgefallen aufgelöst hat, bis man ganz zum Schluß feststellen muß, wie unglaublich hinterhältig Grubitz ist.

Doch diese Momente sind selten und verschwinden in dem spannenden Drama, dass Von Donnersmarck uns hier abwechslungsreich, filmisch zwar konventionall, aber in professioneller Optik erzählt. Und das er zum Schluß noch in Wohlgefallen auflöst, in dem er natürlich den lange schreibblockierten Autor wieder einen neuen Roman schreiben lässt. Spätestens hier hat der Regisseur jede Brisanz seines Themas verschenkt und hinterlässt den wohlmeinenden und gutgelaunten Zuschauer mit dem guten Gefühl, dass eine finstere Epoche nun glücklicherweise hinter uns liegt. Und hier zeigt sich auch die Begründung für die allgemeine Anerkennung, denn natürlich wird in diesem deutschen Film Niemand mit Alltag oder aktuellen Problemen konfrontiert und dazu hat man noch die Befriedigung, einem ernsten Film beigewohnt zu haben.

Fazit : Was will man mehr ? - Das haben sich auch die Oscar-Juroren gefragt, nachdem sie festgestellt hatten, dass Von Donnersmarcks Film wunderbar ins sonstige Oscar-Beuteschema passt - gemäßigt kritisch, provokant nur für eine gesellschaftliche Minderheit, gut gespielt und inszeniert und massenkompatibel unterhaltend (6/10).

Details
Ähnliche Filme