Entweder ist es eine Verkaufsstrategie oder schlicht der heutige Zeitgeist, einen Film wie "Friends with Money" als Komödie einzuordnen. Dazu passt es auch, den Filmtitel gar nicht erst ins Deutsche zu übersetzen, sondern darauf zu vertrauen, daß sowieso jeder weiß, was diese Worte bedeuten und damit noch zusätzlich einen lässigen Eindruck zu hinterlassen.
Der ist auch durchaus gerechtfertigt, denn Nicole Holofcener erzählt hier eine Geschichte von vier ungleichen Freundinnen mit leichter Hand ohne Kitsch oder übertriebene Dramatik. Aber sie bleibt dabei jederzeit ernst und schildert den Lebensalltag der vier Frauen sehr authentisch und im Detail genau beobachtet. Der Begriff "Komödie" dagegen läßt zurecht auf humorvolle Geschichten und einen gewissen Anlaß zu lachen schließen, der hier keine Sekunde erfüllt wird. Deshalb halte ich auch die oberflächliche Bezeichnung als Komödie ,die heutzutage jedem Film angeheftet wird, der sich mit dem Alltag beschäftigt ohne dabei die ganz großen weltbewegenden Probleme zu streifen, für schädlich. Denn diese erzeugte Erwartungshaltung hat sicherlich zu dem eher schlechten Ruf beigetragen, den der Film zu unrecht genießt, und der auch die Geneigten abschreckt.
Wie der Titel schon aussagt, der aus der Sicht von Olivia ausgedrückt ist, haben ihre Freundinnen Geld. Doch nicht nur das, sie sind auch verheiratet und haben jeweils ein Kind. Nur Olivia fällt vollkommen aus dem Rahmen, da sie weder eine Beziehung hat noch einen guten Job - im Gegenteil, da sie ihren Job als Lehrerin unter einer Horde reicher Schnösel überfordert hat, hat sie ihn hingeschmissen und verdient sich ihr Geld jetzt als Putzfrau.
Die Qualität des Films liegt neben den sehr guten Darstellern in der Vermeidung von Stereotypen und klischeehaften Polarisierungen. Holofcener verzichtet auf genretypische Befriedigungen, a la "reich, aber unglücklich" , "schön, aber fustriert" oder "arm, aber glücklich und ehrlich", indem sie alles schön durchmischt.
So ist Jane (Frances McDormand) ,eine erfolgreiche Modedesignerin, frustriert, weil sie sich für hässlich hält und trotz fehlender materieller Sorgen keine wirkliche Zukunft sieht. Dabei hat sie einen fürsorglichen und netten Mann, der allerdings bei den Freundinnen im Verdacht steht, schwul zu sein. Janes Wutanfall im Kaufhaus, weil sich Einer an der Kasse vorgepfuscht haben soll, ist ein Höhepunkt des Films, denn er zeigt die amerikanischen Menchanismen sehr deutlich. Political Correctness und äußerliche Ruhe sind die höchsten Güter, denen auch einmal eventuelle Gerechtigkeit geopfert werden kann. Dabei verzichtet der Film völlig darauf, uns darüber aufzuklären, ob Jane nun im Recht war oder nicht - selten habe ich so eine Szene einerseits entlarvend, andererseits tragisch im Film gesehen. Nur komisch ist sie nicht, sondern sehr signifikant für Janes inneren Zustand.
Franny (Joan Cusack) ist die reichste unter den Freundinnen und hat dazu noch eine glückliche Beziehung. Über ihre scheinbare Fürsorglichkeit einerseits und völliges Unverständnis andererseits kann man gehörig die Nase rümpfen, aber sie ist sich mit ihrem Mann in dieser Beziehung absolut einig. Holofcener gelingt mit der Darstellung dieses Paares eine intelligente Sichtweise, da sie einerseits die versnobte Abgehobenheit und das damit fehlende Einfühlungsvermögen seziert, aber uns Zusehern nicht die Befriedigung gibt, darin ein Unglück für die Beiden zu empfinden. Im Gegenteil, als ihr Mann Franny fragt "Ob sie sich wohl auch heute noch mit der (armen) Olivia befreunden würde ?", antwortet sie lakonisch mit Nein - sie ist weiter ihre Freundin, aber solche Fragen machen sie nicht betroffen.
Am härtesten trifft es noch Christine (Catherine Keener), die schon lange eine sehr schlechte Beziehung führt. Aber auch hier gelingt es die ehelichen Auseinandersetzungen auf einem ernsthaften Niveau zu halten, ohne ins Voyeuristische abzugleiten.
Bleibt noch Hauptakteurin Olivia, die als Einzige nicht über das nötige Kleingeld verfügt, um sich ein schönes Leben zu machen. Wie las ich zuletzt so schön - "New York ohne Geld ist die Hölle" - ganz so einfach macht es sich Holofcener nicht, indem sie hier die Unterschiede einzig auf den finanziellen Hintergrund beschränkt. Olivia wirkt in ihrer ganzen Art wenig zielstrebig und läßt sich nach Strich und Faden ausnutzen. Selten habe ich Jennifer Aniston so langsam und fast pflegmatisch gesehen und Holofcener vermittelt sehr schön, warum in den USA so viele Psychiater damit beschäftigt sind, die Leute bei Laune und damit produktiv im Sinne des Kapitalismus zu halten.
Wer hier nicht ständig aktiv und zielstrebig bei der Sache ist, wird gnadenlos ausgebeutet. Doch dieser Aktivismus hat einen hohen Preis, der sich auch an den äußerlich erfolgreichen Freundinnen zeigt - die wütende Jane, die keine alltägliche Gelassenheit mehr besitzt, die abgehobene Franny, die ihre Sensibiltät und menschliche Wärme zugunsten von Spendenveranstaltungen verloren hat oder Christine, die seit Jahren versucht, ihre von Beginn an gescheiterte Beziehung zu erhalten. Ob der Einzelne damit glücklich oder unglücklich ist, scheint Zufall oder persönliche Einstellung zu sein - Nicole Holofcener verurteilt nicht, moralisiert nicht und zeigt auch keine möglichen Auswege, sondern sie schildert einfach nur - genau beobachtet, leicht inszeniert, alltäglich. Und dabei betrachtet sie alle Personen mit einem sympathischen Blick, bleibt aber immer in der Sache ernsthaft und fast leise in ihrer Erzählweise.
Fazit : sehr gut gespielter Blick in den Lebensalltag von vier Freundinnen, die es bis auf Eine materiell geschafft haben. Diese Eine, Olivia, schlägt sich dagegen mit banalen Alltagsproblemen herum und wird täglich mit ihrem finanziellen Mißstand konfrontiert.
Dies alles schildert Regisseurin und Autorin Nicole Holofcener mit einem liebevollen Blick, trotz der sehr genau beobachteten und geschilderten Mißstände. Doch um eine Komödie handelt es sich hier keineswegs - auch wenn am Ende Olivia einen kleinen Samenkorn des Glücks findet - und eine Erwartungshaltung in diese Richtung wird unweigerlich enttäuscht.
Aber deshalb ist dieser Film trotzdem kein Film für die Generation 35+ , wie gerne kolportiert wird, sondern für Alle, die an einer leise und unaufgeregt erzählten , sehr lebensnahen Geschichte interessiert sind, der man nur vorwerfen kann, daß sie nicht auf Effekte, Polarisierungen und sonstige Showwerte setzt (7,5/10).