„Fearless“ ist Jet Li’s vorläufige Abschiedsvorstellung vom Martial Arts Epos. Die Betonung liegt auf vorläufig denn ganz so endgültig wie ursprünglich angenommen ist er dann doch nicht geworden, wie die aktuellen Projekte „Warlords“ oder „Forbidden Kingdom“ zeigen. Dennoch liegt etwas Wehmut in der Luft, denn Jet Li kehrt ein letztes Mal zu seinen Wurzeln zurück und schlüpft in die Rolle eines chinesischen Nationalhelden. Seine große Karriere als Wushu-Superstar begann mit der Verkörperung des Volkshelden und Kampfkunstmeisters Wong Fei-Hung in der „Once upon a time in China“ Reihe und endet nun mit einer anderen großen Persönlichkeit der chinesischen Geschichte: Huo Yuanjia.
Eben dieser Huo Yuanjia ist eine chinesische Legende des 19. Jahrhunderts und bis in die Gegenwart populär. Seine Figur diente als Vorlage für viele große Klassiker des asiatischen Films und bekommt nun eine zeitgemäße Würdigung. Huo, besser bekannt unter seinem kantonesischen Namen Fok Yuen Gap, gründete in einer Zeit des Umbruchs, als ausländische Einflüsse die chinesische Kultur unterdrückten, den ersten Kampfsportverband Jing-Wu. Diese Vereinigung vorher rivalisierender Martial Arts Schulen gab dem chinesischen Volk jene Identität wieder, die ihnen als Fußabtreter westlicher Kolonialmächte verwehrt blieb. Yuen Gap wurde vor allem durch seine Schaukämpfe berühmt, in denen er nach und ausländische Kämpfer auf die Matte beförderte. Sein Leben wurde schließlich zur Legende als er an den Folgen einer Vergiftung starb.
Das Leben des Fok Yuen Gap diente bereits mehrmals als Inspiration für Filmemacher. Der bekannteste dürfte dabei sicher „Fist of Fury“ sein, der sich um einen fiktiven Schüler (Bruce Lee) dreht und kurz nach der Vergiftung von Yuen Gap angesiedelt ist. Das Remake „Fist of Legend“ erzählt die gleichen Ereignisse in einer neueren Interpretation. Allerdings ist die Sichtweise beider Filme ziemlich plakativ und einseitig, da die Japaner Wurzel allen Übels sind. Eine differenzierte Auseinandersetzung der Ereignisse findet hingegen nicht statt. Intensiver setzt sich „Legend of a Fighter“ mit der Person Fok Yuen Gap auseinander, indem vor allem seine Jugend und Ausbildung thematisiert wird. Höchste Zeit also sich etwas ausführlicher mit dem Leben und Wirken Huos zu befassen.
„Fearless“ erzählt die Lebensgeschichte von Huo Yuenjia sehr ausführlich und was für einen Martial Arts Film noch viel seltener ist, er erzählt sie gefühlvoll und legt wert auf die leisen Töne. Die Erzählung beginnt in Huos Kindheit, geprägt von seinem Vater, einen weisen Kampfkunstmeister. Dieser verweigert ihm das kämpfen, weil seine Asthmaerkrankung ihm dabei schaden würde. Stattdessen soll er sich auf die Kunst der Kalligraphie konzentrieren. Doch Huo will unbedingt kämpfen lernen und der Beste werden. Nach einem Zeitsprung setzt die Geschichte rund 10 Jahre später wieder ein. Huo ist unterdessen ein ausgewachsener Mann und ein gestandener Kämpfer. Bei lokalen Schaukämpfen der örtlichen Kung Fu Schulen besiegt er die Gegner reihenweise, die Menschen strömen scharenweise in seine Schule. Huo ist vom Ruhm besessen, für ihn zählt nur der Sieg und der Wille unbedingt der beste Kämpfer im Land zu werden. Statt sich auf die Werte der Kampfkunst zu besinnen, zählen für ihn nur noch materielle Dinge. Er begießt sich regelmäßig mit Alkohol und umgibt sich mit falschen Freunden, die Echten wenden sich hingegen von ihm ab.
Huos Leben ändert sich nachhaltig als er den letzten ebenbürtigen Meister im Alkoholrausch zum Zweikampf herausfordert und tötet. Dessen ergebener Schüler übt Rache und ermordet Huos Frau und Tochter. ..
Fok Yuen Gap gehört ohne Frage zu den schillerndsten Ikonen der chinesischen Kultur, weil sein Charakter Höhen und Tiefen durchlebte. Gerade als junger Heißsporn, dem nichts wichtiger ist als zu gewinnen, steht er nicht gerade für die klassischen Werte der Kampfkunst. Von einem besonnenen Meister kann da keine Rede sein. Durch den dramatischen Wendepunkt in Huos Leben findet zu sich selbst. Gerade die ruhige Phase im Mittelteil, die sein Leben in der Abgeschiedenheit der Einöde zeigt, strahlt eine unglaubliche Ruhe und Harmonie aus. Ronny Yu versteht es hervorragend diese Schönheit auch in seinen Bildern auszudrücken. Diese Szenen stehen auch im starken Kontrast zum hohen Tempo des Filmes, fügen sich aber sehr gut in die Handlung ein.
Mit Jet Li wurde die ideale Person für diese Rolle besetzt, es gibt derzeit keinen anderen Schauspieler in Hongkong der besser für den Part geeignet wäre. Jet konnte bereits in früheren Jahren Erfahrung mit ziemlich gleichwertigen Figuren sammeln, was sich jetzt bezahlt macht. Er ist deutlich gereift und das steht seiner Rolle, gerade in den späten Jahren sehr gut zu Gesicht. Ein jüngerer Schauspieler wäre sicher nicht in der Lage Charisma und Erfahrenheit auszustrahlen wie sie Jet Li hier zeigt. Eine deutliche Veränderung zeigt Jet Li auch in seinem schauspielerischen Können, gerade in seinen frühen Filmen fehlte es noch deutlich am Geschick auch dramatische Szenen glaubhaft rüberzubringen. In dieser Hinsicht hat sich der Ausflug nach Hollywood also doch gelohnt. Was aber noch viel wichtiger ist, er hat nichts von seinem athletischen Können verlernt und präsentiert sich auch in den Actionszenen von seiner allerbesten Seite. Für einen Mittvierziger ist das schon beachtlich, auch wenn Wirework im Einsatz ist.
„Fearless“ steht und fällt mit den Actionszenen und besinnt sich erfreulicherweise auf die Wurzeln des Genres. Mit Yuen Woo Ping wurde zudem einer der erfahrensten und populärsten Choreographen ins Boot geholt, die auf dem Markt erhältlich sind. freilich ist das noch keine Garantie für einen guten Film ist, aber die Zusammenarbeit beider trug in der Vergangenheit bereits erfolgreich Früchte. Die Fights bestehen zu großen Teilen aus Schaukämpfen, die Jet Li gegen seine Landsmänner und später auch gegen ausländische Kämpfer bestreitet. Die frühen Kämpfe sind allesamt sehr spritzig, wenn auch bisweilen etwas kurz. Dafür folgt zeitweise eine Actionszene der Nächsten. Nach dem ruhigeren Mittelteil geht richtig die Post ab, wenn Jet Li in der großen Arena gegen etliche westliche Kämpfer antritt. Besonders imposant ist dabei der Kampf gegen Ungetüm Hercules, verkörpert von Nathan Jones (Tom Yum Goong). Großes Highlight ist aber der Schlusskampf, in dem Li nacheinander vier Kämpfer bezwingen muss. Die Atmosphäre ist wirklich sehr stimmig und wird durch die fulminante Kulisse und beispielsweise die chinesischenTrommler noch verstärkt. Das besondere an diesem Finale sind die unterschiedlichen Gegner, da alle Zweikämpfe mit unterschiedlichen Waffen ausgetragen werden. Leider sind einige der Szenen etwas sehr kurz gehalten und hätten ruhig noch ausgiebiger zelebriert werden können. Über den sensationellen und dramatischen Schusskampf mit dem Japaner Tanaka soll an dieser Stelle nichts gesagt werden, lasst ihn auf euch wirken.
Yuen Woo Ping und Jet Li lösen jedenfalls ihr Versprechen ein und präsentieren eine energiegeladene Actionszene nach der Anderen. Im Gegensatz zu anderen Martial Arts Klassikern sind viele Kämpfe sehr kurz gehalten und durch Schnitte geprägt. Das beeinträchtigt das Sehvergnügen aber nur marginal. Etwas gewöhnungsbedürftig ist hingegen das häufige Speed-Up, der einzige Kritikpunkt einer ansonsten tadellosen Inszenierung.
Fazit:
Ronny Yu, Jet Li und Yuen Woo Ping ergänzen sich in „Fearless“ prächtig, wovon der Film ungemein profitiert. Endlich besinnt sich das Martial Arts Genre wieder auf seine Wurzeln und kann nach etlichen Enttäuschungen wieder einen richtigen Knaller vorweisen. Es stimmt einfach alles, angefangen bei den tollen Actionszenen, der Ausstattung und der Musik. Sogar der Einsatz von CGI ist überlegt platziert und fügt sich gut ins Gesamtbild. „Fearless“ atmet den Geist der Kampfkunst und überträgt diesen Spirit auch auf das Publikum. Schade dass diese epochale Ode an die Kampfkunst gleichzeitig auch Jet Li’s Abschied vom Wushu-Film darstellt, weitere hochkarätige Filme dieser Art wären durchaus wünschenswert.