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Es ist immer so eine Sache, wenn Regiedebütanten ihre eigenen Erinnerungen und Vorstellungen in ein ambitioniertes Konzept stecken. Das kann im Idealfall eine erfrischende Perle des Independentkinos werden - siehe „Garden State" - oder eben aufgrund ihres experimentell-spröden Charakters als filmische Fingerübung auf Festivals - und nur da - auf Gegenliebe stoßen. Bei „Der die Tollkirsche ausgräbt" ist leider letzteres der Fall.

Deutschland 1918: Familientochter Cecilie (Emilia Sparagna) soll den reichen Alfred (Max Urlaucher) heiraten, um finanziell abgesichert zu sein. Doch dann gräbt der Hund im Garten den eingewickelten Körper von einem Punk (Christoph Bach) aus und Cecilie verliebt sich in ihn. Der Vater hält ihn für den neuen Kaiser und die Mutter (Teresa Harder) intrigiert mit Magie gegen ihn. Doch Cecilie will mithilfe der Macht der Tollkirsche, einer magischen Pflanze, herausfinden, ob er der Richtige ist...

Ein Punk aus der heutigen Zeit landet plötzlich in einer schwarz-weißen Stummfilmwelt. Was sich inszenatorisch und formal originell anhört, versandet jedoch als filmästhetische Fingerübung. Die Welt des Punks besteht aus Wörtern und Geräuschen, die für den Zuschauer hörbar sind. Er kommuniziert in Sätzen, während die Personen aus dem Stummfilmuniversum mit Texttafeln kommunizieren und - bis auf Musik, die ihre Gesten auditiv transformieren - auch in Geräuschen nicht zu hören sind. Das Nebenher dieser beiden Ebenen ist schon die interessanteste Überlegung im Plot des Films, der sich ansonsten in mit der Zeit monoton-ärgerlichen Slapstick-Einlagen und kitschig-naiven Zaubereigebaren erschöpft. Regiedebütantin Franka Potente kam bei „Der die Tollkirsche ausgräbt" aber glücklicherweise nicht auf die Idee, ihren behäbigen Kurzfilm auf Spielfilmlänge breit zu walzen. Dafür hätte das von ihr stammende, ohnehin schon substanzarm anmutende Drehbuch nicht ausgereicht. Das permanente übermäßige Gestikulieren der Protagonisten (ebenfalls eine Eigenart von den Figuren des Stummfilms) ist hier ebenso extrem überzogen dargestellt wie die geschminkten Münder. Es ist Kameramann Frank Griebe („Das Parfum") zu verdanken, dass „Der die Tollkirsche ausgräbt" ästhetisch gesehen dabei nie seine letzte Würde preisgeben muss. Ansonsten hätte Franka Potente mit ihrem prätentiösen Werk der Totalabsturz gedroht.

Fazit: Behäbige Fingerübung, welche auch über eine kurze Laufzeit von 40 Minuten nicht zu überzeugen vermag. „Der die Tollkirsche ausgräbt" ist ein prätentiöses Werk um die Magie der Liebe, die durch peinlich überzogene Slapstickeinlagen viel verliert und trotz seiner inszenatorischen Extraordinarität nur wenig gewinnt.

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