Österreich als Filmland hat schon so einige nette Beiträge zu Tage gefördert. Man denke nur an Michael Hanekes "Funny Games", der immer noch eine der brillantesten und heftigsten Medienkritiken darstellt, die es in letzter Zeit zu sehen gab. Oder auch "Hotel", der aufgrund seines völlig aus dem Rahmen fallenden Inhaltes ebenfalls bei so manchem für Erstaunen sorgte. Und auch "In 3 Tagen bist du tot" soll in seinem Genre als Slasher weit besser sein, als so manch anderer Genrevertreter von heute. Auf der Berlinale 2006 allerdings sorgte ein ganz anderer Ösi-Film für Begeisterung. "Slummering", die Geschichte zweier reicher Kids, die sich mit einem Obdachlosen einen üblen Scherz erlauben. Für den goldenen Bären nominiert und beim Flanders International Film Festival sogar für sein Drehbuch ausgezeichnet, könnte man nun Hoffnung haben, es wirklich mit einem weiteren Goldstück der österreichischen Filmlandschaft zu tun zu haben. Leider ist dem aber nicht so.
Eigentlich ist es gar verwunderlich, wie gerade dieser Streifen hier so großartig beim Publikum ankommen konnte. Denn eigentlich stimmt hier nur das Grundgerüst, was aber aufgrund einiger extrem mieser Details, schon nach kurzer Zeit lautkrachend in sich zusammenbricht. Es geht, wie gerade schon erwähnt, um zwei reiche Kerle aus Wien, die den lieben langen Tag eigentlich nichts weiter zu tun haben, als Mädchen zwischen den Beinen zu photographieren, Passanten zu belästigen und auch sonst allerlei Unfug anstellen. Eines Abends finden sie den stockbesoffenen Obdachlosen Kallmann auf einer Parkbank schlafen und spielen ihm einen üblen Scherz, in dem sie ihn heimlich nach Tschechien transportieren und dort ablegen. Das Unheil nimmt seinen Lauf... Oder lieber, sollte wohl seinen Lauf nehmen, denn im Grunde passiert nach dieser Aktion eigentlich nichts, was auch nur annähernd nach einem wirklichen Unheil ausschaut. Viel zu zahm geht der Streifen bald mit seinen Figuren um, viel zu lasch werden die Motive der beiden Jungs erklärt und wirklich Mitfühlen kann man mit dem armen Obdachlosen Kallmann eigentlich auch nicht.
Und da sind wir schon bei dem wohl extremst misslungensten Detail von "Slumming" angekommen, denn der Grund warum man mit Kallmann einfach nicht mitfühlen kann, liegt an einer derart miserablen Figurenzeichnung, dass einen das sonst eigentlich recht ernste Szenario, schnell keinen Deut mehr interessiert. Kallmann ist z. Bsp. schon von der ersten Filmminute an so derart auf unsympathisch, bösartig und unberechenbar getrimmt, dass man sich die ganze Zeit nur fragt, mit was für einer Figur man es hier zu tun hat. Eigentlich sollte man meinen, dass seine schlimme Situation ihn zu so einem regelrechten Arschloch gemacht hat, doch eigentlich hat man eher durchgehend das Gefühl, dass das Arschloch in ihm, ihn erst in diese Situation gebracht hat. Sein stetiges Gefluche, Beleidige und Gequengel geht einem schon nur allzu bald gehörigst auf den Geist. Viel zu sehr übertrieben hat man es, als man der Figur die nötige Tiefe geben wollte, so dass es einem wirklich schnell scheißegal ist, was mit ihm in den bald folgenden Minuten passieren soll. Hier wäre weniger doch deutlich mehr gewesen. Denn warum sollte man so einer Person, die einem sowieso schon von Anfang an gegen den Strich geht, eigentlich noch folgen wollen? Bedauerlich ist die Situation in der sie steckt ohne Frage, aber wirklich leid tut einem die Figur beileibe nicht. Und das ist definitiv einer der entscheidendsten Fehler, die der Film macht.
Aber auch der Gegenpart, sprich unsere beiden beknackten, neureichen Yuppies, sind einem schon bald völlig egal. Man greift sich beim Zuschauen eigentlich nur durchgehend an den Kopf, welchen Idiotismus diese beiden Gestalten vorantreibt, ohne den wirklichen Sinn dahinter zu erkennen. Es sind halt einfach zwei Möchtegern-Bösewichter, die nun früher oder später einen ihrer Scherze zu weit treiben. Nicht mehr und nicht weniger. Wo man bei Kallmann mit fast schon übertrieben viel (leider misslungener) Charakterzeichnung die Figur letztendlich zerstört, fehlt bei Sebastian und seinem Freund so etwas wie Tiefe in der Figur eigentlich völlig. Und das scheinen auch die Autoren bald gemerkt zu haben, in dem sie Sebastian dann bald noch eine weibliche Figur in Form einer Lehrerin hinzudichten, die in seinen Strang allerdings dann überhaupt nicht passen will. Das hätte doch wesentlich anders laufen müssen.
Einen weiteren gravierenden Fehler macht der Streifen dann noch durch seine völlig unpassende Humorkomponente, die zwar spürbar gewollt ist, aber kaum für Lacher sorgen kann, da man sie in dem ernsten Szenario eigentlich gar nicht haben will. Auch wenn so mancher Gag durchaus ein Schmunzeln hervorzaubern könnte, ist dies einfach nicht so recht möglich, da man eben einfach nicht lachen will, wenn Kallmann z. Bsp. plötzlich ins Eis einkracht, aus dem Loch krabbelt und dort nun plötzlich drei Gartenzwerge aus dem Eisloch raus gucken. Das Lachen bleibt einem da doch regelrecht im Hals stecken und man möchte demjenigen, der den Humor in den Film gebracht hat, fast schon das Drehbuch um die Ohren hauen.
Wenn man dann doch noch ein paar gute Punkte an dem Streifen finden will, dann kann man zum einen die Musik erwähnen, welche dann doch wirklich erstaunlich gut geraten ist und die Darstellerleistungen. Denn auch wenn die Figuren wirklich durch die Bank weg nicht beim Zuschauer ankommen, so sind sie doch einigermaßen talentiert von ihren Darstellern wiedergegeben worden. Vor allem August Diehl als neureicher Sebastian und Paulus Manker als bösartiger und eben kaum Mitleid erzeugender Obdachloser Kallmann, machen ihre Sache eigentlich verdammt gut. Doch was nutzt die beste Performance, wenn die Figuren einen so anstinken?
Fazit: Der hochgejubelte Film "Slumming" aus Österreich, entpuppt sich, zumindest aus meiner Sicht, als einer der nervigsten und misslungensten Filme der letzten Zeit, der aus seiner guten Ausgangssituation nicht viel mehr zu Stande gebracht hat, als 90 Minuten irgendwelchen höchst unsympathischen Figuren dabei zuzusehen, wie sie entweder ihre Not im dreckigen Bepöbeln und Beschimpfen anderer Mitbürger versuchen zu übertünchen oder ihre viel zu viele Zeit damit vergeuden, in dem Sie ihren Mitmenschen dumme Streiche spielen, ohne dafür wirklich an den Pranger gestellt zu werden. Eine gewisse Sozialkritik zwischen Arm und Reich ist natürlich definitiv vorhanden, doch bei diesen grausigen und wirklich höchst nervig ausgefallenen Figuren auf beiden Seiten der Schere, kann man diese einfach zu keinem Zeitpunkt wirklich für vollnehmen. Und warum man selbst den Abspann noch mit Kallmanns Pöbeleien vollstopfen musste, dass werde ich wohl nie erfahren. Denn schon nach knapp einer Minute hat der Filmvorführer diesen dann abrupt abgebrochen. Ein leises "Danke" konnte ich mir dabei jedenfalls nicht verkneifen!
Wertung: 3/10 Punkte