Den Begriff „Renaissance“ assoziiert man im Allgemeinen mit der gleichnamigen Kunstepoche. Er bedeutet „Wiedergeburt“ und läutete im kulturellen Bereich die Rückbesinnung auf alte Werte, genauer gesagt auf die Antike, ein. Und genauso fühlt man sich beim Betrachten von Christian Volckmans Spielfilmdebut: zurückversetzt in die „Antike der Filmgeschichte“ und das, obwohl man sich deutlich erkennbar im Frankreich der Zukunft befindet.
Paris, 2054: In einer Welt der totalen Überwachung bekommt der eigenbrötlerische Polizist Karas den Auftrag, die entführte Schwester der geheimnisvollen Bislane Tasuiev wieder zu finden. Doch er muss feststellen, dass auch „Big Brother“ Interesse an ihr zeigt und die Entführte selbst ein kleines Geheimnis mit sich trägt, welches die Welt nachhaltig verändern könnte. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, in dem es nur einen Gewinner geben kann…
Zu einer Zeit, in der die moderne Computertechnologie die Vorherrschaft im Filmgeschäft längst übernommen hat und zu einem alltäglichen Gebrauchsgegenstand geworden ist, lässt sich die anhaltende Schwemme von Animationsfilmen in unseren Kinos nicht übersehen. Und für jeden scheinen sie etwas zu bieten: „Cars“ für die Autofraktion, „Happy Feet“ für die Tierliebhaber und „Die Unglaublichen“ für alle Anhänger von Superhelden. Aber findet sich wirklich für jeden Geschmack etwas Passendes? Leider nein, wird doch die etwas ältere Klientel, die es gern einmal düsterer und „erwachsener“ mag, bis jetzt vom Mainstreambereich des Animationsfilms eher vernachlässigt. Damit ist zumindest fürs Erste Schluss, denn mit Volckmans „Renaissance“ bekommt der geneigte Zuschauer genau das vorgeführt.
Der Film ist düster, spannend und besticht vor allem durch seine bis ins kleinste Detail durchkomponierte, innovative Optik. Dabei existieren nur zwei Elemente, aus denen jedes Bild besteht: entweder hell leuchtendes weiß oder mitternächtliches schwarz. Aus diesen Komponenten entsteht ein Spiel mit Licht/ Schatten- Effekten, das sich für eine ungewöhnliche –und doch wundervolle- Plastizität verantwortlich zeichnet und in seinem Stil unübersehbar an „Sin City“- gemeint sind die Comics, nicht der Film- erinnert. Ob diese Verbindung als Hommage zu verstehen ist, bleibt offen, jedenfalls kann man Volckman unterstellen, seine Hausaufgaben gemacht zu haben. Er zitiert gekonnt aus der Filmgeschichte und die Ähnlichkeiten zwischen seinem Paris im Jahre 2054 und den Städten in „Metropolis“ (1927) sowie „Blade Runner“ (1982) sind genauso unverkennbar wie hübsch anzusehen. Der Ausflug in die „Antike der Filmgeschichte“ hat somit begonnen und wir bewegen uns beständig zurück in der Zeit. Passend dazu orientiert sich „Renaissance“ inhaltlich am Film Noir aus dem Hollywood der 30er und 40er Jahre. Der in sich gekehrte Held, die dunklen, von finsteren Gesellen bewohnten Straßenschluchten, die undurchsichtige Femme Fatale, die scheinbar alles verschlingende Einsamkeit der Individuen- all das sind bekannte und bei Genreanhängern beliebte Motive aus der „Goldenen Ära“ Hollywoods.
Technisch befinden wir uns beim Animationsfilm im Bereich der schier unbegrenzten Möglichkeiten, die auch „schamlos“ ausgenutzt werden. Als Beispiel sei die dynamische Kameraarbeit genannt, die mehr als nur sehenswert ist. Die Kamera gleitet durch den virtuellen Raum, schwebt elegant vorbei an den Figuren und der imposanten Architektur des Films. Sie findet automatisch immer den passenden Winkel für jede Einstellung und darf sich des Öfteren rühmen, mit durchaus unkonventionellen Ansichten aufwarten zu können.
Bei all der optischen Reizüberflutung scheint es fast nicht mehr erwähnenswert, dass die Story- obwohl sie mit netten Einfällen aufwarten kann- etwas altbacken und antiquiert wirkt. Dabei möchte ich nicht so weit gehen, zu behaupten, dass sie reines Tragwerk für die opulente Optik ist, aber es wäre vielleicht noch ein bisschen mehr drin gewesen. Nichtsdestotrotz bietet der Film spannende Unterhaltung. Er wirft bereits zu Beginn jede Menge Fragen auf: Wer steckt hinter der Entführung? Was sind die Motive? Woran hat die gekidnappte Ilona Tasuiev gearbeitet? All diese schon früh gestellten Rätsel sorgen dafür, dass der Zuschauer das Geschehen aufmerksam und gespannt bis zum Finale verfolgt. Dies fällt dann typisch für den Film Noir schön düster und ein wenig unerwartet aus.