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Eine Beziehungskomödie mit Zach Braff. Wer denkt da nicht an skurrile Schenkelklopfer im Stile der charmanten Sitcom „Scrubs“? Oder zumindest an den hintergründigen Humor von Braffs Regiedebüt „Garden State“? Wer mit diesen Erwartungen an „Der letzte Kuss“ herangeht, wird enttäuscht werden. Braff übernahm in diesem Film zwar die Hauptrolle, war aber weder am Drehbuch beteiligt, noch saß er auf dem Regiestuhl. Nein, er lieh dem Hauptcharakter „nur“ sein Gesicht. Insofern floß wesentlich weniger des Braffschen Geistes in „Der letzte Kuss“. In der Tat ist der Film ein Remake des italienischen „L’ultimo Bacio“ aus dem Jahre 2001. Auch der Begriff Komödie ist nur im entferntesten treffend, handelt es sich doch eher um ein Beziehungsdrama. Und in der Tat, in „Der letzte Kuss“ gibt es viele Beziehungen und viele Dramen.

Paul Haggis, Autor von „Million Dollar Baby“, lieferte mit seinem Drehbuch beinahe eine 1:1-Adaption des italienischen Originales. Im Zentrum stehen mehrere befreundete Päärchen, alle um die 30 Jahre alt und deren Beziehungsprobleme. Was sich im ersten Moment ein wenig dröge anhört, ist es leider auch streckenweise. Beziehungs- und Zukunftsangst werden groß geschrieben, Streitereien stehen ganz oben auf der Tagesordnung. Dabei liegt der Fokus stark auf dem Paar, das von Braff und Jacinda Barrett dargestellt wird. Die anderen Päärchen in „Der letzte Kuss“ haben natürlich auch ihre Probleme, bleiben aber eher blaß und eindimensional, weil eben der Platz fehlt. So läßt sich der Grundtenor von „Der letzte Kuss“ auf das Thema „Angst vor der Zukunft“ zusammenfassen. Genau diese treibt Michael (Braff) in die Arme einer bezaubernden Studentin (Rachel Bilson), nachdem er erfahren hat, dass seine Freundin schwanger ist. Insofern gibt es nicht nur einen letzten Kuss, sondern einen handfesten Seitensprung, der die Welt des eigentlich perfekten Päärchens aus den Fugen springen lässt.

Leider ist das ganze zum Teil eher anstrengend inszeniert. Der Zuschauer wird von einem verbalen Kriegsfeld zum nächsten geleitet. Die Protagonisten sind immer andere, die Gründe für die Streitereien ähnlich. Ein wenig weniger wäre hier mehr gewesen. Die Besetzung ist insgesamt naürlich gutaussehend, wie es sich für Hollywoodverhältnisse gehört. Braff macht seine Sache dabei keineswegs schlecht, auch wenn man sich als Zuschauer immer wieder dabei ertappt, auf eine Scrubs’sche Grimasse oder einen skurrilen Moment zu warten. Dies bleibt aber aus. Dennoch ist es Braff hoch anzurechnen, dass er trotz fragwürdiger Handlungen auf der Leinwand immer sympathisch bleibt, ist er doch die wichtige Identifikationsfigur dieses Dramas. Er ist es, der den Film zusammenhält. Ohne Braff wäre man wohl vollends verloren in den immerwährenden Diskussionen der verschiedenen Paare. Jacinda Barrett ist ein frisches Gesicht, dass man im Kino wohl noch nicht wahrgenommen hat. Dennoch kann auch sie überzeugen, hat sie doch die emotional forderndste Rolle. Zwischen glücklicher werdender Mutter und wütender betrogener Frau variiert sie immer glaubwürdig. Als ihre Eltern (natürlich auch mit Beziehungsproblemen) brillieren zudem Blythe Danner und Tom Wilkinson, die einen schönen Gegenpart zu den sich streitenden jungen Menschen bilden. Die weiteren Darsteller machen ihre Sache zwar durchaus ansehnlich, wirken dabei aber doch austauschbar und blaß. Insofern hat man manchmal das Gefühl, eine überlange Folge „O.C. California“ zu sehen.

„Der letzte Kuss“ enthält keinen Schenkelklopfer, er ist auch keine „Komödie zum Wohlfühlen, mit vielen Lachern“, wie die DVD-Hülle die Hörzu zitiert. Vielmehr ist es ein Lehrstück über die Schwierigkeiten des Erwachsenwerdens und wie man reagiert, wenn es eben nicht so funktioniert, wie es mit 30 funktionieren sollte. Angereichert wird dieses mit vielen Dialogen, denen so mancher der zitierten Witze gut getan hätte, um das Geschehen ein wenig aufzulockern. Eine Sache ist dann doch wie in „Scrubs“ oder in „Garden State“: „Der letzte Kuss“ verfügt über einen schonen Soundtrack mit netten Indienummern. Aber das muß wohl so sein, wenn Zach Braff beteiligt ist.

Fazit:

6 / 10

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