Crossroads nennt sich diese Streifen von Walter Hill. Zuerst einmal sei gesagt, dass man - wenn man Walter Hill mag – auch diesem Streifen etwas abgewinnen kann. Der Film trägt eindeutig seine Handschrift. Aber eines nach dem anderen:
Haben wir uns nicht schon einmal alle diese Fragen gestellt: Kann ein weißer Musiker den Blues spielen? Ist es die Musik wert, seine Seele zu verkaufen? Kann man ein Leben verstehen, ohne es selbst zu erleben? (IMHO auf alle Fragen ein eindeutiges JA!!!)
Eugen ist ein Wunderkind unter den Gitarristen. Aus diesem Grund durfte er die Schule früher verlassen um an einer Musikschule für klassische Gitarrenkunst zu lernen. Aufgrund seiner Liebe zum Blues fängt er allerdings bald an, bei seinem Lehrer anzuecken, der ihn dann schließlich vor die Wahl stellt: Blues oder Klassik – beiden Meistern könne man nicht dienen, deswegen müsse er sich entscheiden.
Synchron dazu macht sich Eugen auf die Suche nach einem Blind Dog Fulton, der damals mit seinem Lieblingsbluesmusiker Robert Johnson zusammen einen verlorenen Song aufgenommen haben soll. Eugen ist quasi besessen davon, diesen Song zu hören und zu vertonen, und so macht ihm Blind Dog schließlich ein Angebot: Eugen bringt ihn raus aus dem Altersheim und zurück nach Mississippi, und Blind Dog zeigt ihm den verlorenen Song und das wirkliche Leben als Bluesman auf der Strasse. So entwickelt sich der Film nach etwa 20 Minuten zu einer Art Roadmovie. (Nicht, dass man so etwas von Walter Hill nicht gewohnt wäre.)
Nun zu den Schauspielern: Die Darsteller machen ihre Sache im Allgemeinen gut – allen voran Joe Seneca als alter Bluesharpspieler. Ralph Maccio macht ebenfalls eine gute Figur, allerdings wirkt er von Zeit zu Zeit etwas überzeichnet naiv, aber eine ansonsten überdurchschnittliche Leistung. (Im Vergleich zu Karate Kid auf jeden Fall !) Da sich die Erzählung aber hauptsächlich auf die beiden Hauptcharaktere konzentriert, verblassen die Nebendarsteller doch ein wenig, sind sie doch nur schmückendes Beiwerk. Für Gitarristen und 80er Jahre Metalfans sollte man noch kurz Steve Vai erwähnen, der am Schluss des Teufel’s Gitarristen in einem Duell mit Eugen mimt. Um Kosten für den Synchronsprecher zu sparen, hat er dann aber doch keinen Text bekommen – na ja, er soll ja eigentlich nur spielen, und dass macht er vorbildlich.
Der Film weiß hübsche Bilder zu präsentieren: Gerade die Provinzeinöde und die trocken-heißen Strassen des Mississippi Delta sind hier genial eingefangen, allerdings ist auch dies nichts Neues für Walter Hill, da viele seiner Filme eine ähnliche Atmosphäre erzeugen wollen. Der Schnitt ist bodenständig aber nichts Besonderes. Hektische Schnitte wären wohl auch nicht angebracht, schließlich ist dieser Film kein Actionreisser, wie viele andere Werke von Walter Hill.
Der groovige und stets stimmige Soundtrack stammt aus der Feder von Ry Cooder, der auch schon für „Long Riders“ „Strassen in Flammen“, „Magnolien aus Stahl“ und “Last Man Standing“, oscarverdächtige Bluesrock Soundtracks komponierte. Übrigens ist er einer der tragenden Köpfe von „Buena Vista Social Club“, also ein musikalisch verdammt vielseitiger Typ. Schon allein wegen dem Soundtrack ist dieser Film ein Geheimtipp für Musiker.
Also, machen wir ein Fazit: Der Film weiß, über lange Strecken zu gefallen, auch wenn er – wie viele Filme von Walter Hill – sein volles Potential aufgrund der sehr dünn geratenen Story nicht ganz ausschöpfen kann. Wie oben bereits erwähnt, passen die Rahmenbedingungen eigentlich. Brauchbares Visuelles, schöne Schauplätze, stimmige Atmosphäre, verdammt cooler Soundtrack – also warum ist dieser Film am Ende dann nicht DAS Meisterwerk?
Weil die gesamte Story sich nur um die Reise zur besagten Kreuzung dreht. Dies zeichnet sich gleich zu anfangs ab und bis zum Ende ändert sich dies auch nicht. Ich meine, Roadmovies sind nicht für ihre epischen Handlungen bekannt, aber ein wenig mehr ausser „X und Y reisen nach Z“ (natürlich mit diversen Ablenkungen in der Handlung, die aber allesamt weder die Charaktere ausbauen oder stützen, noch überraschende Wendungen verheissen) hätte es ruhig sein dürfen. Und auch wenn der Herr Macchio seine Sache wirklich gut macht, erlaubt es einfach seine Rolle nicht, etwas mehr als Naivität auszudrücken. 7 von 10 Punkten, weil es an für sich ein guter Film ist, denn man auch gerne mal wieder rauskramt. Hätte Walter Hill hier wirklich eine Geschichte erzählt, oder wäre er ein wenig mehr auf die zwei, drei Hauptcharaktere eingegangen, dann wäre dies ein unglaublich intensiver Roadmovie geworden.