10. August 2018

Beitrag

von PierrotLeFou

Vor 75 Jahren: Das Phantom der Universal-Studios

Phantom of the Opera (1943)

Schon wegen des Karloff-Vehikels "Black Friday" (1940), der Abbott & Costello-Komödie "Hold that Ghost" (1941), des Fantasy-Films "Ali Baba and the Forty Thieves" (1944), des Pseudo-Sequels "The Spider Woman Strikes Back" (1946), der Fantasy-Komödie "Francis" (1950) und einiger Addams Family-Folgen dürfte sich Arthur Lubin bei Freunden des phantastischen Films einen Namen – wenngleich einen eher kleinen Namen – gemacht haben. Aber sein Hauptwerk in diesen Gefilden ist eindeutig "Phantom of the Opera", Universals später – und diesmal farbiger – Nachzügler ihrer Monster-/Horrorfilme, der am 12. August 1943 uraufgeführt worden war. "Casablanca"-Star Claude Rains brilliert in dieser Verfilmung als Erique Claudin, während Susanna Foster hier ihre wohl populärste Hauptrolle gibt. Ihr späterer "Climax" (1944) mit Karloff hätte ursprünglich ein Sequel werden sollen. Ein solches hätte es vielleicht geschafft, das Phantom besser in Universals Horror-Reihe zu integrieren, denn anders als Frankensteins Geschöpf, die lebende Mumie, Graf Dracula oder der (unwesentlich ältere) Wolfsmensch ist das Phantom eine ziemlich natürliche Erscheinung, wenngleich bereits die Romanvorlage von Gaston Leroux mit Motiven der Schauerliteratur hantiert. So jedoch ist es ein Unikat geblieben: in satten Farben und hochseriösen Opern-Kulissen hat es wenig gemeinsam mit den klassischen Halbwesen. (Kamera und Ausstattung wurden mit dem Oscar ausgezeichnet, Ton und Musik immerhin nominiert: ganz eindeutig ein Prestige-Film, dieser späte Universal-Grusler...) Selbst im letzten Sechstel, das in den unterirdischen Katakomben spielt, schimmern nur selten Momente des Schauers und des gothic horrors durch. (Kaum stärker als zu Beginn in Claudins schäbiger Dachkammer, deren Architektur noch einmal auf den für Universal so wichtigen deutschen Expressionismus zurückweist.) Bloß eine tragische Figur gibt das Phantom wie Frankensteins Monstrum ab, die zumindest – wie nahezu alle Universal-Monstren – auf unziemliche Weise der schönen Frau nachstellt. Seine Rachsucht mag abstoßend sein, aber im Großen und Ganzen ist es eher dem Glöckner von Notre-Dame verwandt. Tatsächlich erzielte Lon Chaney sr., der erste der großen Horror-Stars, zu Stummfilmzeiten mit den Rollen von Quasimodo und dem Phantom der Oper zwei seiner größten Erfolge. Aber weder an diese – teils liebevoll kolorierte – Version reicht Lubins hübsch ausstaffierter Film heran, noch an den chinesischen "Ye ban ge sheng" (1937); unter den vielen folgenden Verfilmungen – darunter eine von Hammer, eine mit Maximilian Schell, eine mit Robert Englund, eine von Argento – konnten jedoch bloß noch Joel Schumachers 2004er-Version und Brian de Palmas freie Variation "Phantom of the Paradise" (1974) Lubins Version toppen, die inmitten von Technicolor-Farben, Naivität und schwülstiger Sentimentalität einen höchst eigenwilligen Reiz besitzt, der perfekt zu diesem düsteren Monstrum-Muse-Drama passt. (Der Svengali-/Trilby-Stoff von du Maurier hat diese Thematik allerdings weitaus interessanter umgesetzt als Leroux' eigenwilliger Kriminalroman.) Und trotz seiner Maske kann Rains auch nach der tragischen Vorgeschichte des Phantoms noch vor der Demaskierung mit grimmig gefletschten Zähnen ein paar einprägsame Momente für sich verbuchen, die aber nie mit Chaneys Wirkung konkurrieren können: Gerade die Maske von Jack Pierce entpuppt sich als doch eher wenig beeindruckend.
Gut greifbar ist der Klassiker mit den wichtigsten übrigen Universal-Horrorfilmen (auf DVD und) BluRay: Fassungseintrag von McHolsten

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