Hangmen Also Die (1943)
Fritz Lang, der Regisseur der großen deutschen Ufa-Stummfilm-Epen, hatte sich im amerikanischen Exil und der Hollywood-Filmindustrie gut etabliert und bereits 1941 mit „Man Hunt“ einen expliziten Anti-Nazi-Film gedreht (Anniversary-Text). Zwei Jahre später folgte „Hangmen Also Die“, eine Fiktionalisierung der Ermordung von Reinhard Heydrich im Reichsprotektorat Böhmen und Mähren (auf dem Gebiet der Tschechoslowakei) und der gnadenlosen Folgen des Attentats für die Zivilbevölkerung. Der Film, für den der ebenfalls im Exil lebende Bertolt Brecht mit Lang das Drehbuch erarbeitete, prämierte am 27. März 1943 in der von tschechischen Einwanderern gegründeten Stadt Prague, Oklahoma.
War „Man Hunt“ noch ganz auf das Einzelschicksal des selbstsicheren Hauptfigur ausgelegt, herrscht in „Hangmen“ nun ein harter, realistischer und unglamuröser Ton, der wenig Raum für Heldentaten läßt. Es sind ganz normale Menschen, die, sofern sie sich nicht im Untergrund organisieren, im Rahmen ihrer Möglichkeiten Widerstand leisten, um sich und ihr Land zu verteidigen. Das ambitionierte Drehbuch (das offenbar in kürzester Zeit entstanden ist) verfolgt mehrere Erzählstränge: die Flucht des Attentäters (Brian Donlevy) und sein Versteck bei der Familie des Professors Novotny (Walter Brennan noch vor seinem Western-Typecasting), die Absicht der Tochter des Professors (Anna Lee), den Attentäter zu verraten, die Ermittlungen der Gestapo und die Kollaboration eines Verräters sowie dessen Kontakt zu einer Widerstandsgruppe, die Heydrichs Ermordung geplant hatte und nun in höchster Gefahr schwebt. Dramaturgisch wird ein hohes Tempo vorgelegt, das selbst über die ungewöhnlich lange Laufzeit (über zwei Stunden) nicht nachläßt und die Spannung aufrechterhält – nicht von ungefähr waren Lang und Hitchcock in jenen Jahren Konkurrenten um den Titel des Master of Suspense. Immer wieder findet Lang kontrastreiche Bildkompositionen, die etwa mit Schattenwürfen arbeiten, oder läßt in einer Szene im Café die Filmmusik die Dialoge übertönen, während die Darsteller in Stummfilmmanier gestikulieren – dem Zuschauer erschließt sich mühelos, was vor sich geht. Da sämtliche NS-Würdenträger grotesk überzeichnet werden, der Verräter seine verdiente Strafe erhält und auch eine mitreißende Widerstandshymne nicht fehlt (komponiert von Hanns Eisler, der dafür mit einem Oscar ausgezeichnet wurde), wird „Hangmen Also Die“ bei allen unschuldig Ermordeten nicht zu düster (auch Langs berühmter sardonischer Humor blitzt gelegentlich auf) und seinem Zweck als Unterhaltungsprodukt mit propagandistischer Ausrichtung gerecht.
„Hangmen Also Die“ ist somit ein handwerklich makelloser und außerordentlich spannender Thriller, der sich natürlich massive historische Freiheiten nimmt, aber für Hollywood-Verhältnisse in seiner Darstellung des zivilen Widerstandskampfes einen ungewöhnlich realistischen Zugriff findet. Die deutsche DVD von e-m-s (Fassungseintrag) ist leider vergriffen bzw. nur antiquarisch verfügbar, ebenso die vorbildliche Ausgabe von absolut-Medien, jedoch ist in Großbritannien von Arrow ein sehr gut ausgestattetes Blu-ray/DVD-Set erhältlich, das mit reichhaltigen Hintergrundinformationen aufwartet. Als Lektüre sei hier die Kritik von Sven Jachmann in der Filmgazette empfohlen, die die schwierige Zusammenarbeit von Lang und Brecht hervorhebt.