12. Dezember 2016

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von PierrotLeFou

Vor 50 Jahren: Oscar-gekrönter Klassiker von Zinnemann

A Man for All Seasons (1966)

Fred Zinnemann gehörte neben Curt & Robert Siodmak, Rochus Gliese, Billy Wilder und Edgar G. Ulmer zu den Schöpfern von "Menschen am Sonntag" (1930). Doch 1929 verließ er Deutschland, um in Amerika eine erfolgreichere Karriere hinzulegen - eine Hoffnung, der zunächst wenig Erfolg beschieden zu sein schien: aber auch, wenn er die nächsten fünf Jahre bloß rare Regieassistenz-Angebote erhalten konnte, sollte sich die Entscheidung auszahlen; denn nicht bloß wurde aus Zinnemann einer der renommiertesten US-Filmemacher, sondern ihm blieb auch das Schicksal seiner in Deutschland gebliebenen und im Holocaust umgekommenen Eltern erspart. Mit dem in Mexiko realisierten "Redes" (1934-1936), einem sozialkritisch engagierten, dokumentarischen Spielfilm ist ihm dann ein erster Erfolg beschieden. 1937 nimmt er die US-Staatsangehörigkeit an und gelangt zu einer Festanstellung bei MGM, wo er bis in die frühen 40er Jahre rund 20 - teils dokumentarische - Kurzfilme inszeniert, darunter den Oscar-prämierten Kurzfilm "That Mothers Might Live". Ab 1942 gelingt ihm dann der Wechsel zum Langfilm: Mit einer erstaunlich realistischen Inszenierung, die bisweilen auf den Neorealismus zurückgeführt worden war, mit einer Vorliebe für Laienschauspieler neben großen Filmstars - von denen viele ihren Erfolg Zinnemann verdankten - und sozialen Anliegen gelingt ihm schnell der große Durchbruch; unter anderem mit dem antifaschistischen "The Seventh Cross" (1944) und dem mehrfach Oscar-nominierten, im Nachkriegsdeutschland angesiedelten "The Search" (1948). Seine größten Erfolge fallen vermutlich in die 50er Jahre, in denen - neben vielen guten Filmen - mit "High Noon" (1952) und "From Here to Eternity" (1953) zwei der ganz großen US-Klassiker unter seiner Regie entstehen. Die Produktivität der 40er und 50er Jahren (in denen jeweils rund 7, 8 Langspielfilme unter seiner Regie entstehen) lässt ab den 60er Jahren erheblich nach: Drei Spielfilme dreht Zinnemann während der 60er Jahre, zwei Spielfilme während der 70er Jahre und einen letzten in den 80ern (um 1997 beinahe 90jährig zu sterben). Auch unter diesen Spätwerken haben zumindest zwei ihren Klassikerstatus erlangen können: Der Thriller "The Day of the Jackal" (1973) und das Thomas Morus-Porträt "A Man for All Seasons". Insgesamt erhielten Zinnemanns Filme 65 Oscar-Nominierungen und 24 Oscars.

Der am 12. Dezember 1966 uraufgeführte "A Man for All Seasons" geht auf das gleichnamige Theaterstück Robert Bolts zurück, welches dieser auch für die Verfilmung in ein Drehbuch umwandelte. Das zweistündige, im Hinblick auf Ausstattung, Bildkomposition, Farbeinsatz und Beleuchtung überaus sorgfältige und beeindruckende Historienstück erzählt davon, wie Thomas Morus - der Jurist, Diplomat, Undersheriff, Parlamentssprecher und Verfasser von "Utopia" (1516) - im Zusammenhang mit den Heiratsabsichten von König Heinrich VIII. zwischen ebendiesen und die Interessen der römisch-katholischen Kirche gerät, um nach einem Gewissenskonflikt für seine Überzeugungen als Märtyrer zu sterben. Auch wenn Bolt & Zinnemann ein allzu bewunderndes Bild von Thomas Morus zeichnen - das etwa dessen eigenen Griffe zu Todesurteilen für Protestanten ausspart -, so ist die Qualität des Films kaum von der Hand zu weisen, gehen doch Dramaturgie, anspruchsvolle Dialoge und große Schauspielkunst nicht inmitten von Ausstattung & Prunk unter. Großen Anteil am Erfolg haben freilich - neben der Musik Georges Delerues - die Darsteller(innen) des Films, allen voran die gefeierte Theatergröße Paul Scofield in der Hauptrolle: Scofield hatte die Rolle schon am Broadway erfolgreich ausgefüllt und war dafür mit dem Tony Award geehrt worden. Auch eine andere Theatergröße wie Corin Redgrave brilliert hier in der Rolle William Ropers. Daneben sind auch Redgraves Schwester Vanessa Redgrave (als Anne Boleyn), Orson Welles, Nigel Davenport, John Hurt und Robert Shaw in tragenden Rollen zu sehen. "A Man for All Seasons" ist fraglos eine Theaterstück-Verfilmung, die das Theater sehr ernst nimmt, ohne die Filmkunst zu vernachlässigen. Insgesamt erhielt Zinnemanns Meisterwerk acht Oscar-Nominierungen und ging schließlich in sechs Kategorien (Film/Regie/Buch/Hauptdarsteller/Kamera/Kostüme) erfolgreich aus der Preisverleihung hervor: Trotz großer Konkurrenz (zu den mehrfach nominierten Titeln zählten unter anderem Nichols' Prestigefilm des Abends "Who’s Afraid of Virginia Woolf?" (1966), Frankenheimers "Grand Prix" (1966) - welcher in knapp einer Woche am 21. Dezember dieses Jahres ebenfalls sein goldenes Jubiläum feiern kann -, Brooks' "The Professionals" (1966), Hills "Hawaii" (1966), Wises "The Sand Pebbles" (1966), Lelouchs "Un homme et une femme" (1966)) avancierte Zinnemanns Werk so zum erfolgreichsten Film des Abends.
Kostengünstig zu haben ist der Film als eher spärlich ausgestattete Deluxe Edition-DVD von Sony (Fassungseintrag von Karm), wobei das schmale Booklet der Erstausgaben bei den Neuauflagen nicht mehr zur Ausstattung gehört.

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