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von PierrotLeFou

Vor 50 Jahren: Zwischen Rassismus und Black Power – Skandalheischendes am Rande der Exploitation

Stichwörter: 1970er Bakshi Drama Fleischer Historienfilm Jubiläum Klassiker Kriminalfilm Literaturverfilmung Onstott Real-/Animationsfilm Satire Skandalfilm Spielfilm USA Zeichentrick


Coonskin (1975) & Mandingo (1975)
Wer am heutigen Internationalen Tag gegen Rassismus einmal zurückdenkt, und die gegenwärtigen Dramen und Satiren zu Themen wie rassistischer Diskriminierung, Widerstand und Empowerment mit der Filmkultur vergleicht, die sich vor einem halben Jahrhundert solcher Themen annahmen, wird die Unterschiede schwerlich übersehen können. Solche Unterschiede mögen naivere Stimmen der jüngeren Generationen der Perspektive eines alten weißen Mannes anlasten, wobei man dann freilich übersehen würde, dass diese Perspektiven in der Zeit nach den Ereignissen und Bewegungen von 1968 durchaus ein Selbstbewusstsein für rassistische Muster und Strukturen entwickelt hatten. Die Auseinandersetzung indes erfolgte nicht behutsam, sondern hochgradig polemisierend, provozierend und kalkuliert skandalhesichend. Das gilt etwa für Ralph Bakshis schon 1973 begonnenen Zeichentrick-/Realfilm-Mix "Coonskin", der in kleinen Kreisen schon Ende 1974 zu sehen war, um seinen Kinostart nach weiteren Überarbeitungen im August 1975 zu erleben: Von der bald 100 Jahre alten Uncle-Remus-Figur arbeitet sich Bakshis Film bis hin zum Blaxploitationfilm der frühen 70er Jahre durch die Abbildungen Schwarzer in der US-Kultur, ist dabei durchaus entlarvend, arbeitet aber auch mit Übersteigerungen, die heute sicher noch mehr treffen und noch mehr problematisiert werden als noch Mitte der 70er Jahre. Das Review von horror1966 gibt einen adäquaten Überblick über Bakshis polarisierenden Klassiker.
Und auch der erfahrene Hollywood-Routinier Richard Fleischer, der sich standfest quer durch alle Genres arbeitete, hatte mit dem am 7. Mai 1975 uraufgeführten Historiendrama "Mandingo" ähnlich aufwühlend den Finger in die Wunde der US-Gesellschaft gelegt, wenn auch Bezug nehmend auf längst überwundene Verhältnisse: Nach einem Roman von Kyle Onstott greift Fleischer dabei den Mythos der inszenierten Kämpfe unter Sklaven zum Amüsement ihrer Unterdrücker auf, dem zuletzt Quentin Tarantino mit "Django Unchained" (2012) neue Popularität bescherte. Gewichtiger noch ist aber die Rolle des sexuellen Begehrens, mit der sich schön zeigt, wie Rassismus und Sexismus Hand in Hand gingen: der weiße Mann schläft mit der versklavten Schwarzen; die Retourkutsche seiner Ehefrau, die sich dann einem Sklaven, wie man es nennen muss, hingibt, wird dann aber mit brutalster Vergeltung gestraft. In der Darstellung von Sexualität und Gewalt zieht sich "Mandingo" klar die Vorwürfe der Exploitation auf sich. Zugleich aber ist offenkundig, wem die Sympathien in diesem Film zu gelten haben – und mehr noch: "Mandingo" darf mit einem Moment des Empowertments enden, das diesen Stoff aus Zeiten vor Beginn des Sezessionskrieges abschließt.
Vor drei Jahren ist der hierzulande lange schlecht greifbare Film bei Koch Media auf DVD und Blu-ray als nunmehr vergriffenes Mediabook herausgekommen: Fassungseintrag von ShapeshiftersFX



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