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von PierrotLeFou

Vor 50 Jahren: Václav Vorlíceks Weihnachtsklassiker

Stichwörter: 1970er DDR Deutschland Drama Fantasy Illík Jubiläum Kinder-/Familienfilm Klassiker Liebesfilm Literaturverfilmung Märchenfilm Nemcová Pavlícek Safránková Spielfilm Svoboda Trávnícek Tschechoslowakei Vorlícek

Tri orísky pro Popelku (1973)

Kein Weihnachtsmann, keine Weihnachtsfeier, keine Weihnachtslieder... Und dennoch hat sich der deutsch-tschechische Märchenfilm des tschechischen Familienfilm-Spezialisten Václav Vorlícek zu einem der hierzulande populärsten Weihnachtsfilmklassiker entwickelt. Der schon im Oktober 1973 uraufgeührte Film, der ab dem 16. November 1973 in der Tschechoslowakei, im März 1974 in der DDR und ab dem 19. Dezember 1975 in Westdeutschland in den Kinos zu sehen war, verdankt es sicherlich zu weiten Teilen dem letztgenannten Kinostart sowie der Winterkulisse, dass er sich zum Weihnachtsklassiker mausern sollte, der alljährlich im Dezember und Januar hier und dort in den deutschen Kinos läuft und regelmäßig im TV und den Mediatheken anzutreffen ist. Und die Winterkulisse ergab sich eher bloß zufällig durch eine Verlegung der Drehzeit, wurde dann aber sehr ernst genommen. Die Geschichte fußt auf Bozena Nemcovás tschechischer Aschenputtel-Variante und wurde Frantisek Pavlícek adaptiert, der vor allem als Drehbuchautor von "Marketa Lazarova" (1967) zu nennen wäre und infolge des Prager Frühlings mit einem Berufsverbot belegt worden war: entsprechend wird er nicht im Vorspann genannt, wo stellvertretend Bohumila Zelenková genannt wird. Zumindest mit Blick auf die Geschichte der durchaus emanzipierten oder sich emanzipierenden Titelfigur, die selbst ihrem Prinzen recht keck begegnet, machen sich zwei Autorinnen (Zelenková und Nemcová) in den credits aber auch ganz gut. Vorlícek findet mit seinem Kameramann Josef Illík ("Ucho" (1970), "Kladivo na carodejnice" (1970)) malerische Bilder, die sich an Pieter Bruegels "Die Jäger im Schnee" (1565) orientieren sollten. Unvergessen ist aber vor allem der Soundtrack Karel Svobodas, der vor allem das tschechische Kino in der Zeit nach dem Prager Frühling prägen sollte und etwa noch die Musik für die Kinder-Serien "Wickie und die starken Männer" (1974) oder "Die Biene Maja" (1975) schrieb. Und auch die Hauptdarsteller Libuse Safránková und Pavel Trávnícek waren neue Gesichter, die noch nicht während der Nová vlna, der neuen Welle der 60er Jahre, aktiv waren und künftig das tschechische Kino mitprägen sollten. Und so ist – Pavlícek und Illík zum Trotz –, zumal Vorlícek selbst nicht mehr den beinahe avantgardistischen Touch seiner schrilleren, satirischeren Frühwerke erzielt, "Tri orísky pro Popelku" vor allem ein erster Klassiker eines neuen, formal wie inhaltlich weniger freien tschechischen Kinos aus den repressiveren Jahren nach dem immensen Freiheitsgefühl des Prager Frühlings. Aber immerhin ein zu Kultstatus gelangter Klassiker mit hohen formalen Qualitäten und einer starken Heldin.
Zum 50. Jubiläum ist Vorlíceks Publikumsliebling vor wenigen Wochen bei Filmjuwelen neue als Blu-ray herausgekommen: Fassungseintrag von endoskelett


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