In a Lonely Place (1950)
Hollywood-Superstar Humphrey Bogart konnte es sich 1948 leisten, seinen Vertrag beim Warner-Studio ruhen zu lassen und eine eigene, unabhängige Produktionsfirma zu gründen: Santana Productions sollte zwar nur wenige Jahre bestehen und ganze sechs Filme hervorbringen, die an den Kinokassen nicht all zu erfolgreich waren, doch am 17. Mai 1950 brachte Santana mit „In a Lonely Place“ ein Glanzlicht des psychologischen Film Noir auf die Leinwände, das alle Qualitäten eines – damals noch sehr seltenen – Independent-Films hatte.
Diese Qualitäten beginnen mit der ungewöhnlichen Vorlage der Hardboiled-Autorin Dorothy B. Hughes, deren gleichnamiger Roman für den Film zwar stark abgewandelt wurde, jedoch die schillernde, undurchsichtige Hauptfigur Dixon Steele liefert, von dem fast bis zum Schluß nicht klar ist, ob er ein Mörder ist. Diese Antihelden-Rolle ist Bogart natürlich wie auf den Leib geschneidert, indessen findet er einen würdigen Gegenpart in Gloria Grahame, die die Wandlung ihrer Figur Laurel von einer selbstbewußten und eigenständigen Frau zu einem verängstigen Mißbrauchsopfer beeindruckend verkörpert. Der Regisseur Nicholas Ray, der noch am Anfang seiner beachtlichen Karriere steht und auch hier sein Feingefühl für psychologisch komplexe Stoffe erkennen läßt, manipuliert geschickt die Sympathie des Publikums. Am Anfang ist es noch ganz bei Steele, darf dessen gewitzt-zynische Kommentare goutieren und seine rührende Verliebtheit in Laurel mitempfinden (Kameralegende Burnett Guffey baut einige Point-of-View-Shots aus Steeles Perspektive ein). Doch nach einem schockierenden, gewalttätigen Ausbruch Steeles schaltet der Fokus auf Laurel um: nun steht sie mit ihrer zunehmenden Verunsicherung, Angst und Panik im Mittelpunkt. Das Szenenbild von „In a Lonely Place“ spiegelt Steeles abgründige Persönlichkeit wider, denn seine Wohnung wird von Metallgittern vor der Tür und den Fenstern dominiert, auch Decken, Lampenschirme und Vorhänge tragen bedrückende Gittermuster. Doch das Drehbuch und Nicholas Ray sorgen auch für etwas Comic Relief und lassen überzeichnete Nebenfiguren auftreten, wie überhaupt das Milieu des ziemlich unschmeichelhaft dargestellten Filmbusiness die Gelegenheit für etliche Anspielungen und augenzwinkernde Meta-Gags bietet.
Im Kern jedoch bleibt „In a Lonely Place“ eine kluge und spannende Verbindung aus Film Noir und Psychodrama über eine Paarbeziehung, die man heute asymmetrisch oder toxisch nennen würde. Daß dieser etwas ungewöhnliche Bogart-Klassiker gelegentlich unterschätzt wurde und wird, wie auch der OFDb-Review von Leimbacher-Mario betont, zeigt seine begrenzte Verfügbarkeit, denn abgesehen von gelegentlichen TV-Ausstrahlungen bietet aktuell nur das englischsprachige Ausland DVD- und Blu-ray-Ausgaben an, so in Großbritannien, wie immer üppig mit tiefschürfendem Bonusmaterial ausgestattet, die Criterion Collection (Fassungseintrag).
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