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von PierrotLeFou

Vor 75 Jahren: Kurosawas Drama über Macht des Geldes

Stichwörter: 1950er Drama Japan Jubiläum Klassiker Kurosawa Spielfilm


Shûbun (1950)
Im Zuge der gesellschaftlichen Umbrüche ab 1968 ging mit dem Anwachsen eines Misstrauens gegenüber dem Staat – infolge des Vietnam-Krieges und vor allem des Watergate-Skandals – neben einem Boom des Paranoia-Thrillers auch eine Aufwertung der wahrheitsliebenden Journalisten einher. Ihre Vertreter waren es schließlich, die den Watergate-Skandal publik machten. Alan J. Pakulas Presse-Thriller "All the President's Men" (1976) prägte das Bild der Presse, das in filmischen Schilderungen von Investigativ-Journalismus noch immer nachhallt: bei "Spotlight" (2015), bei "The Post" (2017), bei "She Said" (2022). Es gibt aber auch Fälle, in denen die ausklärerische Macht der Medien fragiler erscheint, in der das Wahrheitsstreben schon dort kommerziellen Abwägungen unterliegt und von innen heraus gefährdet wird. In Michael Manns "The Insider" (1999) etwa, oder in dem pessimistischen "Network" (1976) oder (schon früh) im optimistischen "Meet John Doe" (1941). Und dann gibt es noch die teils scharfen Attacken auf Sensationsjournalismus, der ohne Skrupel vorgeht: in "Nightcrawler" (2014), in "Die Verlorene Ehre der Katharina Blum" (1975) – in dem sich die Kritik der 68er-Bewegung an der Boulevard- und Springer-Presse niederschlug – und in so manchen Klassikern aus den frühen 50er Jahren, in denen extreme Konfrontationen zwischen Presse und Regierung oder Presse und Kirche noch nicht in Watergate-Ausmaßen wahrgenommen wurden und in denen daher eher die Gefahren einer Pressearbeit in den Blick rückten, die keine Skrupel kennt und nur die Schlagzeilen Sinn hat. "Scandal Sheet" (1952) und natürlich "Ace in the Hole" (1951) wären zu nennen. Oder am Rande "La dolce vita" (1960) mit seinem Paparazzo. Oder Akira Kurosawas am 26. April 1950 uraufgeführter "Shûbun". Kurosawa abstrahiert aber sein Thema der gewissenlosen Pressearbeit, die ohne Rücksichte skandalisiert, so sehr wie er es zugleich auch emotionalisiert: Die Geschichte eines Malers und einer Sängerin, denen eifrige Paparazzi eine Affäre nachsagen, wird mit einer weiteren Partei in der eigentlich klaren Täter-/Opfer-Konstellation angereichert; mit einem Rechtanwalt mit schwerkranker Tochter, der eigentlich den Künstler vertreten sollte, aber in seiner Notlage Bestechungsgelder der mächtigen Gegenseite akzeptiert. Der es wie eine Leserschaft besser weiß, aber angesichts eigener Bedürfnisse keine Handlungsbereitschaft zeigt. Die Verführung zum finanziellen Erfolg gerät so wesentlich ausdrucksstärker als im Fall eines einfachen Sensationsjournalismus, der auf dem Rücken von Personen öffentlichen Interesses nach skandalträchtigen Schlagzeilen strebt: in beiden Fällen sind es die verlockenden finanziellen Reize, die jede Moral vergessen lassen; wobei beim Anwalt sowohl die Schuld größer als auch die Notlage verständlicher ausfällt. Kurosawas oftmals unterschätzter Film verwässert keinesfalls sein Thema, sondern entscheidet sich für eine originelle Perspektive, die das grundsätzliche Problem nicht als berufsspezifisches betrachtet und Schuld und Scham recht eindringlich ins Bild setzt.
In der Masters of Cinema-Reihe von Eureka! liegt der Film gut ausgestattet auf DVD vor: Fassungseintrag von bremsklotz







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