Skazka o rybake i rybke (1950)
Angefangen hatte Mikhail Tsekhanovskiy nach seinem 1918 abgeschlossenen Studium an der Moskauer Hochschule für Malerei, Bildhauerei und Architektur als Künstler im Agitprop-Bereich im jungen Sowjetrussland. Nach Plakaten und Bühnenbildern wandte er sich Ende der 20er Jahre auch dem Film zu: Der Kurzfilm "Pochta" (1929) steht dabei weitgehend in der Tradition des Avantgardefilms, der Bild und Ton rhythmisch zusammenführte. Auch sein Opus Magnum, der im Zweiten Weltkrieg größtenteils verloren gegangene "Skazka o pope i o rabotnyke yego Balde" (1934) nach einer Vorlage Alexander Pushkins, zeichnet sich noch durch avantgardistische Abstraktion aus, der kein Geringerer als Dmitri Shostakovich die Musikuntermalung zukommen ließ. Seine Hinwendung zum Kinderfilm begann dann in den 40er Jahren mit dem bereits farbigem "Skazka O Glupom Myshonke" (1940). Kriegs- und fluchtbedingt erfolgte kurz darauf der Wechsel von Lenfilm zu Soyuzmultfilm, wo dann ab 1948 Tsekhanovskiys populärste Phase als Regisseur von Zeichentrick- und Märchenfilmen begann, die teilweise Markstein-Charakter innerhalb der russischen Animationsfilm-Geschichte besitzen sollten: Der in der Tschechoslowakei in Karlovy Vary als Bester Animationsfilm prämierte "Skazka o rybake i rybke" basiert einmal mehr auf einem Märchen Pushkins, das im Wesentlich dem hiesigen "Von dem Fischer und syner Fru" (1808) von Philipp Otto Runge gleicht, gehört zu diesen Filmen. In der gut halbstündigen Laufzeit vereint er eine rustikale Idylle, die sich ganz dem Diktat des Sozialistischen Realismus beugt und auf Mittel der Rotoskopie setzt, mit den eher fantasievollen Eindrücken unterhalb der Wasseroberfläche, die ihrerseits wie die Unterwasserszenen Tsekhanovskiys Herkunft aus dem abstrakten Zeichentrick-Sektor nicht verleugnen kann: Wie bei Disney blickt das Publikum einmal durch die Wasseroberfläche, die kleine Kreise zieht, zur Fischerfrau empor. Im Prolog kommen zudem allerlei folkloristische Motive hinzu – etwa der unsterbliche Kaschtschai oder die Baby Yaga –, die in Verbindung mit dem Sozialistischen Realismus eine reizvolle innere Widersprüchlichkeit aufweisen. Für Kinder ist "Skazka o rybake i rybke" die – auf eine habgierige Frau projizierte – moralisierende Mär ein prächtig gestaltetes Vergnügen, das man im Erwachsenenalter im Wissen um den Druck und die Zwänge hinter dem Konzept des Sozialistischen Realismus und gerade angesichts der gestiegenen Intensität autoritärer Gewalt in (und aus) Russland nicht frei von Schwermut genießen kann.
Registrieren/Einloggen im User-Center