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von PierrotLeFou

Vor 25 Jahren: Chantal Akerman verfilmt Proust

Stichwörter: 2000er Akerman Belgien Drama Frankreich Jubiläum Klassiker Literaturverfilmung Proust Spielfilm


La captive (2000)
"La prisonnière" war 1923 der fünfte Band in Marcel Prousts unvergleichbaren Romanzyklus "À la recherche du temps perdu". In ihm steht die Eifersucht des Erzählers im Mittelpunkt, die ihn seine geliebte Albertine sowohl vergöttern als auch verdächtigen lässt. Die Beziehung ist im Grunde zum Scheitern verurteilt und verläuft keinesfalls harmonisch. Und doch ist es Albertine, die den Erzähler zum Sinnieren und Grübeln bringt, selbst oder vor allem, wenn sie bloß in seiner Gegenwart schläft. Doch Albertine erscheint bald als Gefangene in diesem ungesunden Liebesgefüge; sie wird sich letztlich entziehen. Chantal Akerman, die mit "Un divan à New York" (1996) in irritierende RomCom-Gefilde vorgedrungen war, kehrte am Ende der 90er Jahre zu ihrer früheren, strengen, formal beachtlichen und dramaturgisch konzentrierten Form des Filmemachens zurück. Der am 15. Mai 2000 in Cannes uraufgeführte, am 27. September 2000 ins Kino gelangte "La captive" adaptiert Prousts Text frei, verlegt ihn in die Gegenwart, beraubt ihn der schilderungen der Belle Époque und bleibt ihm doch zugleich sehr treu. Sorgsam entfaltet Akerman die dysfunktionale Beziehung ihrer Figuren und findet für den Argwohn, für das Verdächtigen stimmige Bilder des Verschimmens hinter kaum durchsichtigen Glasscheiben oder unter wogender Wasseroberfläche. Solche Momente des Ungefähren finden ihren Platz in sehr sorgfältig aufgebauten Bildkompositionen und tragen erheblich dazu bei, dass Akermann ein echtes Proust-Feeling zumindest mehrfach in Ansätzen intensiv spürbar werden lässt.



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