Beitrag

von Stefan M

Vor 25 Jahren: Per Aronofsky in die Hölle

Stichwörter: Aronofsky Burstyn Drama Jubiläum Klassiker Literaturverfilmung Selby Spielfilm USA Wayans


Requiem for a Dream (2000)
Nach seinem vielbeachteten Low-Budget-Debüt "Pi" (1998), das expressionistische Elemente des deutschen Stummfilmkinos der 1920er ebenso aufnahm wie die Cyberpunk-Ästhetik von Shinya Tsukamoto ("Tetsuo: The Iron Man" (1989)), sollte Darren Aronofsky mit dem am 14. Mai 2000 uraufgeführten "Requiem for a Dream" auch einem breiteren Publikum bekannt werden.
Den Alptraumcharakter seines Vorgängers transferiert er dabei auch in diesen Film, der auf einem bereits 1978 erschienenen Roman von Hubert Selby basiert: Hier rückt er vier Menschen (die einsame Mutter Sara, ihr Sohn Harry, dessen Freundin Marion und dessen besten Freund Tyrone) in den Mittelpunkt, die in den Sog der Tabletten- und Drogenabhängigkeit hineingezogen werden und dabei ungebremst ihre Leben zerstören – und ihre Träume, die sie eigentlich hatten, sei es der Auftritt in einer Fernsehshow (Sara) oder die Eröffnung eines Modeladens (Marion und Harry). Auf dem Weg dorthin geraten sie auf unterschiedliche Weise auf die schiefe Bahn: Sara missversteht einen Telefonanruf als Einladung in die heiß geliebte Show und lässt sich daraufhin Diätpillen verschreiben, die sie nicht nur abmagern, sondern auch halluzinieren lassen, Harry und Tyrone steigen auf Dauer erfolglos ins Drogengeschäft ein und konsumieren ihre Ware in immer stärkeren Maße, und Marion prostituiert sich, um wenigstens etwas Geld heranzuschaffen, das aber bald nur noch für die eigene Sucht draufgeht.
"Requiem for a Dream" macht dabei keine Gefangenen: Man weiß von Beginn an, dass der Film nur schlecht ausgehen kann – und Aronofsky nimmt uns mit auf den Sprung in die tiefsten Abgründe. Parallel zu den in immer größere Nöte geratenen Protagonisten werden auch die Bilder immer unruhiger und hysterischer, die Schnitte schneller und schneller (rund 2.000 am Ende insgesamt – im Durchschnitt hat ein Film 600 bis 700). Unterteilt in drei Kapitel – die Jahreszeiten Sommer, Herbst und Winter – gibt es im finalen Abschnitt praktisch keine Szenen mehr, nur noch Parallelmontagen, wie das Quartett fällt und fällt und fällt, bis es schließlich niedergeschmettert auf dem Boden landet, zerbröselt in der tragischen Realität.
Aronofsky setzt neben der sogenannten Hip-Hop-Montage dabei auf alle erdenklichen weiteren visuellen und auditiven Mittel, diesen Sturz fühlbar zu machen. Man kann von einem experimentellen Stil reden: Clint Mansells Musik (mit dem berühmten Stück "Lux Aeterna") arbeitet permanent im Hintergrund, ungewöhnliche Kameraperspektiven machen den Zuschauer orientierungslos wie die Figuren, die Bilder werden immer grauer und kälter, es werden Split-Screen, Extrem-Close-ups, Pixelierung und Fischaugenobjektiv eingesetzt. Gleichzeitig kann der Regisseur sich auf Darsteller verlassen, die alles aus sich herausholen und an ihre Grenzen gehen. Womöglich waren sie nie besser: Ellen Burstyn heimste eine Oscar- und Golden-Globe-Nominierung als Beste Hauptdarstellerin ein, aber Jared Leto und Jennifer Connelly stehen ihr in nichts nach. Die größte Überraschung ist Marlon Wayans, der sich in den letzten Jahrzehnten hauptsächlich durch unlustigen Klamauk wühlte, aber hier die Rolle seines Lebens abgestaubt zu haben scheint.



Kommentare und Diskussionen

  1. Noch keine Kommentare vorhanden

Um Kommentare schreiben zu können, müssen Sie eingeloggt sein.

Registrieren/Einloggen im User-Center

Details
Ähnliche Filme