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von Stefan M

Vor 25 Jahren: Die Blair-Hexe hält die Welt in Atem

Stichwörter: 1990er Donahue Filmreihe Horror mockumentary Myrick Mystery Sánchez Spielfilm USA

Blair Witch Project (1999)

Es war eine interessante Idee, die Daniel Myrick und Eduardo Sánchez da hatten: einen Mythos über eine Hexe erfinden, der womöglich drei Studenten zum Opfer gefallen sind, das noch eher in den Kinderschuhen steckende Internet nutzen und eine Website kreieren, auf der mittels historischer Zeittafeln, angeblicher schriftlicher und filmischer Dokumente sowie fiktiver Interviews mit Familienmitgliedern und Bekannten der Verschwundenen die Legende zum Leben erweckt wird. Und zusätzlich stattete man drei Laiendarsteller mit Kameras aus und schickte sie damit in die Wälder, denn sie sollten dort eine Fake-Dokumentation drehen, in der sie dem Mythos jener Hexe nachgehen – und schließlich selbst in ihren Bann geraten, um eben spurlos zu verschwinden, worauf bereits die Einleitungstafel hindeutet. Wie sich herausstellen sollte, war dies eine Multimillionenidee, wie es sie nur sehr selten gibt: Bei nur 60.000 US-Dollar Kosten spielte der am 25. Januar 1999 uraufgeführte "Blair Witch Project" über 248 Millionen US-Dollar ein – höhere Einnahmen im Verhältnis zu seinen Kosten hatte lediglich der Pornofilm "Deep Throat".
Aber nicht nur die Idee hinter "Blair Witch Project" beeindruckt noch heute – auch die angewendeten Mittel, um eine höchstmögliche Authentizität zu erreichen, faszinieren. Es gab zwar ein grobes Storygerüst, aber kein richtiges Drehbuch. Den drei Schauspielern Heather Donahue, Joshua Leonard und Michael C. Williams, deren Realnamen mit den Figurennamen identisch sind, wurden lediglich grobe Anweisungen vom Filmteam mit auf den Weg gegeben, was in den einzelnen Szenen geschehen sollte, und sie mussten daraufhin ihren Dialogtext improvisieren. Hinzu kam, dass sie von Tag zu Tag weniger zu essen erhielten, damit die handlungstechnisch zunehmende Panik realistischer wirkte. Tatsächlich tragen diese Maßnahmen entscheidend zum Gelingen des Films bei: Die grobkörnigen Billigkamerabilder erzeugen eine beklemmende Sogwirkung, trotz der Weite der Wälder wirkt der Film regelrecht klaustrophobisch, weil die Figuren bald immer wieder an denselben Stellen landen, wo sie ursprünglich gestartet sind, und es keinen Ausweg zu geben scheint. Das immer angespanntere Nervenkostüm der Jugendlichen überträgt sich dabei auch verstärkt auf den Zuschauer und funktioniert tadellos: Gegen Ende nerven die Figuren durchaus mit ihrem gegenseitigen Anschreien, aber das ist einerseits nachvollziehbar, wenn man sich selbst in ihre Situation hineindenkt, und andererseits auch Absicht vonseiten der Regisseure.
"Blair Witch Project" trat eine Welle sogenannter Found-Footage-Filme los, aber nur wenige kamen mit ihren Werken an die Qualität des Originals heran. So innovativ der Film aber auch erscheinen mag, neu war der Einfall mit dem angeblich gefundenen Filmmaterial nicht: Bereits Ruggero Deodato hatte in "Cannibal Holocaust" äußerst wirkungsvoll damit gespielt, wenn auch nur als Teil eines mit konventionellen Mitteln gedrehten Films. Deodato standen seinerzeit allerdings noch nicht die Möglichkeiten des neuen Mediums Internet zur Verfügung, die sich Myrick und Sánchez so optimal zunutze machen konnten.
Mehr? Review  von Professor Moriarty


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