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Kaum eine Tragödie hat die Welt in den letzten Jahren so nachhaltig erschüttert wie die Terroranschläge vom 11. September 2001. Dieses Datum ist zum Synonym dafür geworden, wohin fehlgeleitete Ideologien und fanatischer Extremismus führen können. Dementsprechend gibt es inzwischen eine ganze Reihe von Filmen, die sich auf unterschiedliche Weise und mit unterschiedlichen Schwerpunkten mit diesem Ereignis auseinandersetzen. Das Drama von Regisseur Peter Markle über die Passagiere des Fluges UA 93, die es als einzige schafften, die Terroristen an der Erreichung ihres Zieles zu hindern und das gekaperte Flugzeug stattdessen auf offenem Feld abstürzen zu lassen, ist wohl der eindringlichste und nachhaltig aufwühlendste Beitrag.

Obschon ein Großteil amerikanischer TV-Produktionen allzu oft durch Kitsch und Klischees glänzt, überzeugt "Flight 93" durch eine große Sensibilität, mit der er die Ereignisse aufarbeitet. Hier werden keine sensationsgierigen Action- oder Spannungssequenzen aufgebaut - die Anschläge zum Beispiel auf das World Trade Center werden nur über Fernsehbilder gezeigt und dienen nicht etwa der medialen Ausschlachtung, sondern der Charakterisierung der beobachtenden und hilflosen Figuren. Das Leid der Betroffenen wird nicht auf voyeuristische, sondern auf beinahe nebensächliche Weise dargestellt - zwar gibt es viele Großaufnahmen weinender Menschen, doch die starken, nicht überzogenen Darstellerleistungen und der zurückhaltende Musikeinsatz verleihen solchen Szenen eine unglaublich wirksame Intensität, ohne in Kitsch oder Melodramatik abzugleiten. Und, vielleicht am wichtigsten, die Passagiere werden nicht zu Helden mystifiziert, sondern als verängstigte Menschen dargestellt, die sich mit dem Mut der Verzweiflung gegen ihr Schicksal auflehnen.

Die größtenteils nüchterne Inszenierung mit langen, ruhigen Kamerafahrten, leiser Hintergrundmusik und beinahe unterkühlter Farbgebung verleihen dem Film eine beinahe dokumentarische Atmosphäre, die durch die minutiöse Aufbereitung der Geschehnisse noch verstärkt wird. Doch gerade durch diese stilistische Distanz entwickelt sich eine ungeheure emotionale Sogwirkung, der man sich kaum entziehen kann: Wenn ein Passagier nach dem anderen seine Angehörigen, seine Männer, Frauen, Eltern und Freunde anruft, um sich zu verabschieden, ist das angesichts der historischen Unausweichlichkeit des Finales kaum zu ertragen. Kaum ein Film vermag das Leid, das ideologischer Wahnsinn über ganz alltägliche, unbeteiligte Menschen zu bringen vermag, derart eindrücklich darzustellen.

Die gesellschaftlichen und politischen Nachwirkungen der Terroranschläge haben Einfluss auf die ganze Welt genommen, und wenn ich hier von Ideologie spreche, dann meine ich durchaus beide Parteien jenes inzwischen langjährigen Konfliktes. In einer westlichen Gesellschaft, die immer stärker von Vorurteilen und Diskriminierung gegenüber religiöser Instanzen - vor allem eben des Islams - determiniert ist, ist es einfach nur ärgerlich, wenn hier im Film anfangs finster dreinblickende Moslems gezeigt werden, die durch bedrohliche Musik charakterisiert werden - ein Bild des Islams, das inzwischen zum beinahe rassistischen Zerrbild geworden ist. Allerdings ist es angesichts der Thematik selbstverständlich unvermeidlich, auch diese Dimension der Ereignisse darzustellen.

Dadurch, dass sich Peter Markle vorrangig auf das Leid, die Angst und den erwachenden Mut der Passagiere konzentriert, entgleitet sein Film jedoch nicht zum politischen Kommentar, sondern beschränkt sich auf das psychische Verhalten der Betroffenen in einer Extremsituation. Diese still inszenierte Katastrophe ist der Mittelpunkt des Films und macht ihn zu einem extrem intensiven, aufwühlenden Meisterwerk, das noch lange nachwirkt.

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