„Legend of the Forest“ war eines der letzten Projekte die Osamu Tezuka vor seinem Tod 1989 in Angriff nahm. Von den geplanten 4 Teilen wurden leider nur 2 fertig gestellt. Die Inspiration bekam Tezuka dabei mal wieder aus der klassischen Musik, und zwar durch die 4. Sinfonie f-moll op.36 des russischen Komponisten Pjotr Iljitsch Tschaikowski, mit der er seinen Film dann auch gleich unterlegte. Die Story des ersten Teils, rund um das Flughörnchen, entnahm er dann zusätzlich dem Manga „Mosa, the Flying Squirrel“ und verband sie über den Holzfäller mit der gesamten Thematik der Umweltzerstörung, die im 4ten Teil ihren Höhepunkt erlebt. Leider ist die Geschichte dadurch das sie nie vollendet wurde recht holprig und man kann nur erahnen was daraus hätte werden können. Die beiden kompletten Teile, und besonders der 4te, funktionieren in sich aber trotzdem recht gut. Während der erste etwas episodenhaft rüberkommt, ist der 4te doch relativ in sich geschlossen und kann seine Botschaft gut transportieren. Diese ist auf den ersten Blick natürlich die Umweltzerstörung und die Rücksichtslosigkeit des Menschen gegenüber der Natur, auf die Spitze getrieben in dem hitlerresken Baustellenleiter des 4ten Teils, der das letzte Friedensangebot der Natur auf grausame Weise zurückweist und damit deren ultimative Rache heraufbeschwört.
Doch unter der Fassade geht es Tezuka noch um etwas anderes. Der Film ist eine Reise quer durch die Geschichte des Zeichentrickfilms. Beginnend mit einfachen Zeichnungen und abgefilmten Standbildern, geht das ganze in der ersten Episode allmählich über in erste einfach Animationen, die immer komplexer werden, hin zu Zeichnungen and Animationen wie in den alten Disney und Warner Brothers Filmen. Eine erste vollanimierte Kamerafahrt führt rund um einen Baum (wenn die Wachtel dem Flughörnchen den verletzten Baum zeigt) und die Animationen und Zeichnungen werden immer detaillierter und aufwendiger, bis hin zur Romanze der beiden Flughörnchen, die mich von ihrer ganzen Optik sehr an Bambi erinnert.
In der 4ten Episode hingegen stellt Tezuka zwei Animationstypen gegenüber. Die aufwendige „Kinoanimation“ und ihr einfacher gehaltenes TV-Pendant. Während er bei der Natur den aufwendigen Disneystiel des ersten Teils weiterführt, zeichnet und animiert er die Holzfäller und ihre Maschinen um einiges gröber und einfacher. Eine gute Vergleichsmöglichkeit bietet hier die Kettensäge, genauer die Sägeszenen aus dem ersten und dem vierten Teil. Doch auch an alle, die nicht die Muße haben noch einmal zurückzuspulen, wird gedacht. In der Hochphase der Abholzung stellt Tezuka beide Versionen dann direkt einander gegenüber. Erst der blühende Wald, dann die kahle abgeholzte Fläche.
So wird das Ganze nicht nur zu einem Kampf Mensch gegen Natur, sondern auch aufwendige Animationskunst gegen einfache TV-Unterhaltung. Wer hier auf Seiten der guten und wer auf Seiten der bösen steht ist dabei offensichtlich. Tezukas ganz eigene Anklage gegen den Verfall seiner von ihm so hochgeschätzten Kunst, so zu sagen.
Wunderbar untermalt wird das alles wie schon gesagt von der Musik Tschaikowskis, die besonders im Finale mit einer, die Bilder herrlich unterstützenden, Wucht daherkommt, das jegliche Ambitionen des Menschen sich als Herrscher über die Natur aufzuschwingen in deren alles verschlingender und überwuchernder Schlussattacke unter geht.
So ist „Legend of the Forest“ eigentlich ein perfektes Lehrstück für alle, die an Animes (und auch dem Zeichntrick allgemein) mehr als nur das bloße ansehen eben dieser interessiert. Sicher, die Story ist durch ihre Unvollendetheit kein Meisterstück und auch von der Entwicklung der Animationen und Zeichnungen fehlt sicher einiges, das wohl noch seinen Platz in diesem Film finden sollte. Aber das was da ist, ist es auch alle mal wert gesehen zu werden und lässt erahnen was aus diesem Film hätte werden können. Und es beweist ein weiteres mal Tezukas immensen Pioniergeist und seine unbebrochene Kreativität, die ihm den „Godfather of Manga & Anime“-Status eingebracht hat, der ihn heute auszeichnet.