Was Gogol für die russische Phantastik war, was Gautier oder Dumas für die französische Phantastik waren, was Poe für die amerikanische Phantastik war, das war E. T. A. Hoffmann erst recht für die deutsche Phantastik. Kaum einer, der sich nicht von ihm inspirieren ließ: Poe, Gogol, Gautier, und Dumas - der Hoffmann sogar als Figur in eines seiner Werke einbindet - haben daraus keinen Hehl gemacht, Hawthorne, Dostojewski, Puschkin, Balzac, Mérimée, de Nerval, Nodier, Ewers und viele andere ebensowenig; in den 1830ern grassierte sogar eine wahre Hoffmann-Mode in Frankreich, von der später noch Jules Barbiers und Michel Carrés Theatervorlage für Jacques Offenbachs Oper "Les Contes d'Hoffmann" (1881) profitieren sollte (um gleichzeitig noch als Spätgeburt dieser Mode durchzugehen). Freilich hat auch Hoffmann ganz erheblich von den gothic novels und den frühen Schauerromanen gezehrt, das Bild der Phantastik im 19. Jahrhundert allerdings ganz erheblich geprägt - um zu einem der wichtigsten Namen der phantastischen Literatur überhaupt zu avancieren.
Mayos "Svengali" kann auf zweierlei Weise auf Hoffmanns Einfluss zurückgeführt werden: zunächst einmal über die literarische Vorlage, dann aber auch über eine kinematographische Vorgeschichte...[1]
Der Film ist die - keinesfalls erste, sondern bereits die (je nach Zählung) 13. bis 15. - Verfilmung des immens erfolgreichen Kurzromans "Trilby" (1894) von George du Maurier (dessen Großtochter Daphne heutzutage weit eher im kollektiven Gedächtnis verankert geblieben ist), welcher durchaus in der Tradition Hoffmanns steht. In "Trilby" geht es [Achtung: Spoiler!] um die schöne, titelgebende Trilby, ein junges Model, das vom düsteren Musik-Genie Svengali per Hypnose zur begabten Sängerin gemacht wird, zugleich aber auch zu seinem willenlosen Eigentum gerät: Sie ist gewissermaßen das Instrument, auf dem Svengali rücksichtslos musiziert. Ihr einstiger Verehrer Billee, ein Künstler, der in einem - mit seinen Freunden Taffy und Sally gegründeten - Atelier den Kontakt mit Trilby, aber auch mit Svengali und seinem Kumpanen Gecko gemacht hatte und Trilby nach Svengalis hypnotischer Einflussnahme aus den Augen verloren hat, entdeckt die geliebte Frau, die längst eine berühmte Sängerin geworden ist, in Paris wieder. Doch dann versagt sie bei einem ihrer Auftritte völlig: Der eifersüchtige Svengali, der um die Anwesenheit des Konkurrenten und um Trilbys Liebe zu diesem weiß, setzt die Sängerin einer Blamage aus - und erliegt dann in seinem gehässigen Triumph-Jubel einem Herzinfarkt (womöglich infolge einer Verletzung, die sein Gehilfe Gecko ihm einst beigebracht hatte, da er Svengalis immer strengeren, hartherzigeren Umgang mit der armen Trilby kaum mehr ertragen konnte). Svengalis Tod lässt Trilby nicht bloß als erneut völlig unmusikalische Frau zurück; sie folgt ihm bald darauf auch ins Grab: Als sie auf ein Foto von Svengali stößt, singt sie ein letztes Mal in formvollendeter Weise und sinkt im Anschluss sterbend hernieder, mehrfach "Svengali" murmelnd... Und auch Billee erkrankt nach den Ereignissen schwer und stirbt als junger Mann.
Man könnte sicherlich auf Charles Brockden Browns gothic novel "Wieland: or, The Transformation: An American Tale" (1798) hinweisen, in welcher der mysteriöse, undurchsichtige Carwin als Ventriloquist den Wahn, der Wieland seine Familie im Auftrag Gottes meucheln lässt, zunächst kräftigt & letztlich auflöst: Auch dort geht es in gewisser Weise um das Besitzergreifen fremder Stimmen und um die Manipulation der Mitmenschen.
Näher kommt du Mauriers Roman allerdings Hoffmanns Fantasiestück "Der Magnetiseur" (1813/1814), in welchem Hoffmann seine - durchaus intensiven - Kenntnisse des wissenschaftlichen & pseudowissenschaftlichen Mesmerismus-Diskurses einsetzt und den dämonischen Magnetiseur Alban mit seinen hypnotischen Kräften ein junges Mädchen in seine Gewalt bringen & sterben lässt.
Nicht weniger wichtig und noch eindeutiger auf Hoffmann zurückführbar ist zudem das Motiv der willenlosen, im Auftrag eines älteren Mannes agierende Frau. Man kann beispielsweise an die Automate Olympia aus Hoffmanns "Der Sandmann" (1816) denken, die zwar keine echte Frau ist, aber nicht bloß von ihrem väterlichen Schöpfer als singende Schönheit ausgestellt wird, sondern der Hauptfigur Nathanael als ideale Frau erscheint (wohingegen er 'seine' selbstbewusste, eigensinnige Clara als leblose Automate verschmäht). Vor allem aber muss man an Hoffmanns "Rat Krespel" (1818/1819) denken: dort ist es der vermeintlich strenge, hartherzige, wahnsinnige Rat Krespel, der seiner Tochter Antonie das Singen verbietet, derweil ihre Stimme in einer seiner Geigen eingefangen zu sein scheint. Doch seine Strenge resultiert aus seiner tiefen Liebe, ist doch ein organischer Fehler für Antonies Gesangstalent verantwortlich, welches jedoch bei Überbeanspruchung unweigerlich zu ihrem Tode führen muss. Als sie dennoch mit ihrem Verlobten, einem Komponisten, zu singen beginnt, wird der junge Mann kurzerhand aus dem Haus geworfen; die Heirat und der Gesang sollen für Antonie Tabu bleiben. Doch letztlich kann die Frau nicht ohne ihre Kunst leben: Antonie singt sich zu Tode, derweil die geliebte Geige zerbirst.
Diese Erzählungen Hoffmanns sind schon von anderen Autoren aufgegriffen worden. Charles Rabous phantastische Künstlernovelle "Tobias Guarnerius" (1839) - deren Übersetzer (ins Deutsche) Ignaz Franz Castelli bisweilen ebenso als Autor angeführt wird wie Rabous Freund & Vertrauter Honoré de Balzac - und Jules Vernes "Le Château des Carpathes" (1892) greifen beide auf die Hoffmann-Mode in Frankreich zurück: bei Rabou beseelt ein Geigenbauer ein Instrument mit dem letzten Atem seiner Mutter, bei Verne führt sich ein verschlagener Baron die Ton- & Bildaufzeichnungen einer verstorbenen Operndiva zu Gemüte, deren Liebhaber davon ausgeht, dass der Baron seine noch lebende Geliebte gefangenhalten würde. Die dem Automatendiskurs entstammende Verwischung zwischen Mensch und Maschine, zwischen Subjekt und Objekt, die bei Hoffmanns "Der Sandmann" an den Gesang und ein vermeintlich ideales Frauenbild gebunden wird, und die Übertragung von Stimmen, der Preis der Kunst, der Egoismus der Künstler & Kunstliebhaber aus "Rat Krespel" und die hypnotische Macht von Schurkenfiguren aus "Der Magnetiseur" geraten - direkt und/oder indirekt über diverse Werke in der Tradition Hoffmanns! - in du Mauriers Bestseller "Trilby", der noch einen anderen Wink auf seine Inspirationsquellen enthält; und seinerseits Gaston Leroux zu seinem "Le Fantôme de l’Opéra" (1909/1910) inspirierte.
Svengali, die - Trilby durchaus in sehr egoistischer Form liebende - Schurkenfigur des Romans, spricht nämlich deutsch.[2] Es ist sicherlich angebracht, darauf hinzuweisen, dass Svengali und - der immerhin sympathischer, freundlicher und moralischer gezeichnete - Gecko antisemitische & antiziganistische Haltungen bedienen: Über Svengali, dessen Äußerungen du Maurier bisweilen als "German-Hebrew-French"[3] bezeichnet, heißt es eingangs, er sei ein "tall, bony individual of any age between thirty and forty-five, of Jewish aspect, well-featured but sinister. He was very shabby and dirty [...]. His thick, heavy, languid, lustreless black hair fell down behind his ears on to his shoulders, in that musicianlike way that is so offensive to the normal Englishman. He had bold, brilliant black eyes, with long, heavy lids, a thin, sallow face, and a beard of burnt-up black which grew almost from his under eyelids; and over it his mustache, a shade lighter, fell in two long spiral twists. He went by the name of Svengali, and spoke fluent French with a German accent, and humorous German twists and idioms, and his voice was very thin and mean and harsh, and often broke into a disagreeable falsetto."[4] Und Gecko gibt als Zigeuner die zweite unheilvolle, wenngleich letztlich tragische & sogar sympathische Figur des Werkes ab.
Dass Svengali deutsch spricht, ist kein Zufall (wenngleich für sich allein genommen kein konkreter Hinweis auf Hoffmann selbst): War von Walpoles gothic novel "The Castle of Otranto" (1764) bis hin zu Radcliffes "The Italian, or the Confessional of the Black Penitents" (1797) vor allem auch Italien ein Ort des Schauderns - selbst bei Hoffmann noch! -, so hat sich sehr bald Deutschland als ein solcher Ort etabliert: und zwar derartig, dass sich Poe in seinem Vorwort der "Tales of the Grotesque and Arabesque" (1840) genötigt sah, sich gegen die Einschätzung, er stünde in einer deutschen Tradition, zu verteidigen; terror komme nicht aus Deutschland, sondern aus der Seele.
Die populäre Annahme, dass Deutschland & Schauder bestens zusammenpassen, hat eine längere Tradition: Caesarius von Heisterbachs "Dialogus miraculorum" (1219-1223), das in einigen Kapiteln über Geister und Dämonen berichtet, galt etwa schnell als eine der europaweit wichtigsten Quellen zum Dämonenglauben; und Ludwig Lavaters "Von Gespänsten, vnghüren, fälen, vnd anderen wunderbare dingen" (1569), das den Gespensterglauben kritisch & skeptisch beurteilt, trägt eine Vielzahl von Beispielen dieses Gespensterglaubens zusammen und ist in etliche Sprachen - darunter Latein, Französisch und Englisch - übersetzt worden. (Shakespeares "Hamlet" (1603) soll von der englischen Ausgabe profitiert haben.[5]) Es finden sich im 16. und 17. Jahrhundert etliche Geschichtskalender, Sagensammlungen und Traktate dieser Art, im 18. Jahrhundert noch bereichert um aufklärerische Untersuchungen des Vampir- & Gespensterglaubens. Dazu zählen etwa die "Unterredungen von dem Reiche der Geister" (1730), die - als Vorlage für Carl Maria von Webers Oper "Der Freischütz" (1821) dienende - Schrift von Otto von Graben zum Stein - der auch einen Beitrag zur "Leipziger Vampirdebatte" (1725-1734) leisten wollte, der dann doch nie gedruckt worden ist -, oder der Bericht "Blockes-Berges Verrichtung" (1668) vom Rübezahl-Sagen-Sammler Johannes Praetorius, auf den sich unter anderem Grimmelshausen und Goethe bezogen haben. Von solchen Berichten & Traktaten profitieren dann auch die Geschichtenerzähler & -sammler.
Auch M. G. Lewis' gothic novel "The Monk" (1796) nimmt auf deutsche Vorbilder Bezug: "Die blutende Nonne verdankt sich einer Überlieferung, welcher man auch heute noch in vielen Gegenden Deutschlands Glauben schenkt, und mir ist berichtet worden, daß die Ruinen der Burg Lauenstein, darin zur Nacht besagte Nonne noch immer umhergeistern soll, in Thüringens Grenzlanden bis auf den heutigen Tag zu sehen sind."[6] Und es war Jean-Baptiste Benoît Eyriès' - überwiegend auf Apels & Launs "Gespensterbuch" (1810) basierende - Sammlung "Fantasmagoriana" (1812), die französische Übersetzung ausgewählter Gespenstergeschichten aus Deutschland, die Lord Byron, Mary & Percy Shelley, John William Polidori und Claire Clairmont in der Villa Diodati gelesen haben, um dann selbst "Frankenstein" (1818) und "The Vampyre" (1819) zu verfassen. Überhaupt gab es parallel zur gothic novel nicht bloß die unheimlicheren Kunstmärchen von Tieck oder Musäus (dessen "Entführung" (1787) sich Lewis für seine Episode der blutigen Nonne borgte), sowie die von Karl von Eckartshausen bis Apel & Laun reichenden Gespensterbücher, sondern vor allem auch den Ritter-, Räuber- und Geisterroman umspannenden und in den 1790er Jahren kulminierenden Schauerroman in Deutschland, mit Autor(inn)en wie Sophie Albrecht, Ignaz Ferdinand Arnold, Karl Gottlob Cramer, Joseph Alois Gleich, Karl Friedrich August Grosse, Johann Andreas Karl Hildebrandt, Theodor Hildebrand, Elisabeth Hollmann, Karl Friedrich Kahlert, Heinrich August Kerndörffer, Benedikte Naubert, Karl August Gottlieb Seidel, Christian Heinrich Spieß, Kajetan Tschink und anderen... und gleichwohl es eine wechselseitige Befruchtung von englischsprachiger und deutschsprachiger Schauerliteratur gab, wurde ein Hinweis auf deutsche Ursprünge oder Schauplätze mehrerer gothic novels - etwa in Eliza Parsons Titeln "The Castle of Wolfenbach" (1793), "The Mysterious Warning, a German Tale" (1796) und "The Orphan of the Rhine" (1798) - verkaufsfördernd eingesetzt, sodass sich bald die Sparte der german horrors beobachten ließ...
Doch während von den deutschen Schauerromanen ein knappes Jahrhundert später nur noch Ausnahmewerke bekannt waren, waren die phantastischen Texte von Hoffmann wie auch die von ihnen beeinflussten Texte anderer - vor allem französischer! - Autoren noch ein Begriff. Es verwundert auch kaum, dass Poes Distanzierung vom germanism zu einem Zeitpunkt erfolgte, dem ein Jahrzehnt der Hoffmann-Mode in Frankreich vorangegangen war. Dass Deutschland als der perfekte Ort des Schauders erschien, verdankte sich zwar dem Geleitwort Lewis' oder dem in Ingolstadt angesiedelten "Frankenstein": Der deutsche Vertreter der Phantastik war dann aber ein E. T. A. Hoffmann - und kein(e) Grosse, Naubert oder Spieß...
Dass sich in du Mauriers "Trilby" neben dem deutsch parlierenden, dämonischen Schurken dann auch etliche Hoffmann-Anleihen finden lassen, verwundert nicht übermäßig...
Interessanter ist allerdings, dass auch Mayos "Svengali" - trotz mancher Veränderungen der Vorlage - an einem deutsch sprechenden Schurken festhält. Denn das Französische, das die deutschen Passagen des vor allem in Paris spielenden Romans noch überwiegt, tritt hier - abgesehen von dem ein oder anderen "Bonjour" und den Anreden mit "Madame" & "Monsieur"! - beinahe vollständig zurück, während Svengalis deutschtümelndes Sprachverhalten in den knapp 80 Minuten Laufzeit eher noch stärker hervorsticht als im Roman. Sieht man einmal vom Dialekt ab, den sich der große John Barrymore für diese Rolle zugelegt hat, schiebt er auch regelmäßig ein "Ja, Liebchen!", "Ja, naturlich!", "Ah, hier, ja!", "Gott strafe England!", "Wunderbar!", "Auf Wiedersehen!" usw. ein. Das Weltmännische Svengalis wird ein wenig zurückgefahren, das diabolisch Deutsche hingegen stärker betont.
Bereits in der Exposition wird Svengali - der hier wie auch schon in früheren Filmen zur titelgebenden Figur gerät - als finsterer Schurke präsentiert (vermutlich auch deshalb, weil Svengali zu diesem Zeitpunkt längst ein so sprechender Name geworden ist wie Mabuse): Zu Beginn des Films ist er noch mit einer anderen Sängerin zu sehen, die er - als sie ihm erzählt, dass sie sich von ihrem Mann getrennt habe, ohne finanziell davon zu profitieren - mit seinem durchdringenden Blick anstarrt, den zu diesem Zeitpunkt bloß die bemitleidenswerte Frau, nicht jedoch das Publikum sehen kann. (Dieses Moment hebt sich der Film für sein inszenatorisch herausragendes Herzstück auf.) Entsetzt schreit die Frau auf, ergreift panisch die Flucht; dann ein Zeitsprung: Gecko betritt die Bühne und informiert Svengali über den Ertrinkungstod seiner einstigen Partnerin. (Unklar bleibt, ob dieser von Svengali hypnotisch befohlen worden ist oder ob er eine 'freiwillige' Reaktion auf Svengalis kühle Zurückweisung darstellt.)
Interessanter ist dieser auffällige Einsatz deutscher Sprachbrocken aber auch deswegen, weil der hoffmanneske Kontext hier noch stärker betont wird: nicht allein dank der von du Maurier stammenden Parallelen der Handlung umweht der Geist Hoffmanns diesen deutschen Unhold, sondern auch dank inszenatorischen Anleihen beim expressionistischen Stummfilm aus Deutschland, der - sofern der Phantastik oder dem Unheimlichen angehörend! - stets mit E. T. A. Hoffmann verglichen worden ist. Das liegt vor allem daran, dass der phantastische Film in Deutschland erheblich vom Hoffmann- & Poe-Kenner & -Liebhaber Hanns Heinz Ewers geprägt worden ist, der 1913 nicht bloß die Hoffmann-, von Chamisso- und Poe-Hommage "Der Student von Prag" als Autor auf die Leinwand brachte, sondern auch "Die Eisbraut" (1913) und "Die Augen des Ole Brandis" (1913), die eng an Hoffmann angelehnt waren, welcher dann mit "Hoffmanns Erzählungen" (1916) und "Das Fräulein von Scuderi" (1919) auch selbst verfilmt worden ist. Schon zu dieser Zeit blitzt manchmal - etwa in "Hoffmanns Erzählungen" - ein kontrastreiches Spiel mit Licht und Schatten auf, welches die ideale Form für den Widerstreit von Schuld & Unschuld, Gedeih & Verderben, Gut & Böse zu sein schien. Im expressionistischen Film, der dann vor allem mit "Das Cabinet des Dr. Caligari" (1920) die Welt erblickt, werden diese Kontraste radikal ausgereizt und um zersplitterte, verschwommene Formen, windschiefe Kulissen und ein übersteigertes Schauspiel ergänzt; zugleich ließ sich eine Vorliebe dieser Filme für das Schauerliche & Phantastische beobachten.
Schnell wurden solche Filme dann mit Hoffmann in Verbindung gebracht. Das gilt natürlich ganz besonders für die teilweise expressionistisch ausgefallene Neuverfilmung "Der Student von Prag" (1926), die erneut starke Anleihen bei Hoffmann erkennen lässt, um sie noch um einen besonders deutlichen Verweis anzureichern: Im Gegensatz zum 1913er Original lassen Ewers & Galeen den dämonischen Scapinelli eine Parforcejagd dirigieren, um das Schicksal der Figuren zu lenken - und man darf unweigerlich an Hoffmanns Magnetiseur Alban denken, "wie er z. B. die Ulmen, die Linden und was weiß ich noch was für Bäume magnetisiert, wenn er, mit ausgestreckten Armen nach Norden gerichtet, von dem Weltgeist neue Kraft in sich zieht"[7]. Aber auch "Das Cabinet des Dr. Caligari" oder die Stoker-Verfilmung "Nosferatu - Eine Symphonie des Grauens" (1922) wurden ihrerzeit mit Hoffmann in Verbindung gebracht; wegen der hypnotischen Macht der Unholde, wegen des Wahns, wegen der Ausstattung oder der Kulissen, wegen kauziger Figuren, die auch bei Hoffmann hätten auftauchen können: Der Häusermakler Knock aus Murnaus Film erinnert weniger an Renfield, als vielmehr an einen der typischen Sonderlinge Hoffmanns.[8]
Das blieb nicht ohne Folgen: wurde Hoffmann oder wurden hoffmannsche Motive später für die Leinwand inszeniert, griff man vielfach auf den expressionistischen Stummfilm zurück; so etwa in Ingmar Bergmans "Vargtimmen" (1968), in Paul Berrys "The Sandman" (1995) oder in David Teagues "The Sandman" (2001). Und immer wieder verweisen Filmemacher des phantastischen Films auf die phantastischen, unheimlichen Seiten des Expressionismus, die unweigerlich mit Hoffmann - und den von ihm inspirierten Autoren Poe oder Balzac! - verbunden waren. (Was auch daran lag, dass im frühen 20. Jahrhundert wieder eine Phantastik in Deutschland aufblühte, deren Vertreter - darunter Meyrink, Ewers und Strobl - vor allem Hoffmann, aber auch Poe oder Balzac hochhielten.)
In Amerika haben schon späte Avantgarde-Stummfilme und frühe Ton-Spielfilme mit phantastischer oder schauerlicher Ausrichtung auf den Expressionismus zurückgegriffen: Etwa die avantgardistische Poe-Ver(kurz-)filmung "The Fall of the House of Usher" (1928). Von den Spielfilmen im sich etablierenden Horrorgenre, die auf den Expressionismus Bezug nahmen - und das tat selbst der späte "Son of Frankenstein" (1939) in vereinzelten Szenen noch recht deutlich! -, stechen zwei Titel (und ein weiterer aus Frankreich) besonders heraus: Duviviers aufwendiger, ambitionierter "Le golem" (1936) bezieht sich in seinen Kulissen deutlich auf Wegeners "Der Golem, wie er in die Welt kam" (1920). Der - nur angeblich auf Poe basierende! - Karloff-/Lugosi-Klassiker "The Black Cat" (1934) des Exilanten Edgar G. Ulmer setzt immer deutlicher auf den Expressionismus, je schauerlicher seine brutale Handlung voranschreitet. Und dann wäre da noch Mayos "Svengali", der zwischendurch recht zurückhaltend, in seinem Herzstück dann aber völlig enthemmt auf den expressionistischen Film verweist und dabei ein regelrechtes Zitat einbringt.
Es ist sicher kein Zufall, dass ausgerechnet drei Filme, die mehr oder weniger in einem deutschen Umfeld zu verorten sind, so überdeutlich vom Expressionismus Gebrauch machen: Duviviers 1936er Film bezieht sich auf den deutschen 1920er Titel Paul Wegeners und handelt vom Konflikt zwischen Rudolf II., dem König von Böhmen, und den Juden des Prager Ghettos um den Rabbiner Jacob. "The Black Cat" von Ulmer, der als Szenenbildner viele deutsche und österreichische Filme der 20er Jahre betreute - und einer der Autoren & Regisseure von "Menschen am Sonntag" (1930) war! - spielt zwar in Ungarn, allerdings im Anwesen des österreichischen Architekten Hjalmar Poelzig - benannt nach dem deutschen (Film-)Architekten Hans Poelzig, der das Kulissenbild von "Der Golem, wie er in die Welt kam" geschaffen hatte! -, welches auf einem blutgetränkten Schlachtfeld des Ersten Weltkriegs errichtet worden sei. Und der ungarische Dr. Vitus Verdegast, der das amerikanische Heldenpaar durch das gewaltreiche, satanische Geschehen im Hause seines einstigen Freunde und jetzigen Widersachers Poelzig führt, ist - trotz mancher ungarischer Ortsnamen und Wortfetzen des in Visegrád spielenden Films - als deutsches "Werde Gast!" eine letztlich doch sehr deutsche Verlockung.[9] Und "Svengali" bietet einen deutsch sprechenden Schurken in der Tradition des hoffmannschen Magnetiseurs, der sich in die Reihe xenophober US-Horrorfilme einreiht, in denen Schurken aus Mittel- oder Osteuropa über englische/amerikanische Helden herfallen (z.B. "Dracula" (1931), "The Most Dangerous Game" (1932)).
Der expressionistische Stil macht das Bedrohliche immer auch etwas deutscher und damit zugleich noch bedrohlicher. (Auch in den Filmen der Frankenstein-Reihe (1931-1945).) Mit seinem Rückgriff auf den Expressionismus betont Mayo die Herkunft des du Maurierschen Schurken noch und macht nicht nur dadurch stärker auf den Einfluss Hoffmanns aufmerksam, sondern auch über den Umstand, dass die expressionistische Phantastik immer schon als etwas hoffmannesk gegolten hatte.
Im Gegensatz zur vorangegangenen deutschen Verfilmung des Stoffes - Gennaro Righellis "Svengali" (1927), in der Paul Wegener ganz ohne Bart den Svengali gegeben hatte und dem antisemitischen Stereotyp der Vorlage kaum entsprach - entspricht Svengali äußerlich wieder stärker der Vorlage und dem Bild, das spätestens Maurice Tourneurs 1915er Filmversion populär gemacht hatte. Die hochgeschossene Gestalt mit dem stechenden Blick und dem spitz zulaufenden Bart ist wieder eine kauzig-kuriose Hoffmann-Gestalt, der aber auch wieder du Mauriers antisemitischen Aspekte zukommen, die damals durchaus en vogue waren. Wenn Barrymore ein bissel jiddisch ein "Ach, Liebchen..." schnurrt, wenn seine Unterlippe inmitten seines dichten Bartes besonders betont (und seine Nase künstlich zu einem beachtlichen Zinken vergrößert) wird, wenn er seinen Oberkörper immer wieder leicht nach vorne gebeugt hält, wenn er knauserig das Kleingeld in seiner Handfläche dreht und wendet und dann als Manipulator und Frauenräuber agiert, der wie sein Zigeuner-Freund nirgends wirklich daheim zu sein scheint, dann ist darin unschwer eine Folge & eine Bedienung des zeitgenössischen amerikanischen Antisemitismus zu erkennen, der ganz besonders dann ausgesprochen schäbig wirkt, wenn Svengali abschätzig & höhnisch über die Reinlichkeit eines badenden Engländers herzieht, um zugleich als unreinlicher, schmutziger Typ ausgewiesen zu werden, dem es ganz recht geschieht, dass man ihn ins Badewasser schubst, wo er dann entnervt & rachsüchtig "Gott strafe England!" murmelt...
John Barrymore füllt diese recht bedenkliche Rolle mit großer Effektivität aus, wirkt beinahe durchgängig hinterhältig, verschlagen, unehrlich, unsympathisch, bedrohlich und gefühlskalt. Bloß einmal entfaltet er bemitleidenswerte, tragische Züge: in der Selbsterkenntnis, dass die Liebesschwüre der hypnotisierten Trilby bloß seine eigenen Selbstgespräche sind, dass ihn Trilby - und auch keine andere Frau - jemals aus sich heraus lieben könne. (Aber selbst in diesem Moment ist eine Abwertung vorhanden, die perfiderweise dadurch etwas milder wirkt, dass die Abwertung vom Abgewerteten selbst stammt.) Barrymore, der elf Jahre zuvor als "Dr. Jekyll and Mr. Hyde" (1920) überzeugen konnte, kam als sinisterer, finsterer Hypnotiseur Svengali sogar so gut an, dass er für Warner noch im gleichen Jahr den manipulativen Ivan Tsarakov in Curtiz' "The Mad Genius" (1931) gab.
Wie Lugosi in "Dracula" profitiert auch Barrymore hier von der Beleuchtung seiner Augen in den Großaufnahmen: auch hier wird seine hypnotische Kraft durch ein Aufleuchten seines Blicks visualisiert (wobei scheinbar auch Doppelbelichtung und Kontaktlinsen-Vorläufer zum Einsatz gekommen sind). Wenn er erstmals auf Trilby trifft, deren - schlecht beherrschte - Stimme ihm ideal für seine Zwecke zu sein glaubt, nutzt er ihre Kopfschmerzen aus, um sie per Hypnose zu kurieren (und dadurch in seine Gewalt zu bringen): Während er mit Flüsterstimme auf sie einspricht - und dabei recht aggressiv seine Zähne im bloß schmal geöffneten Mund erkennen lässt -, hebt er seine linke Augenbraue in beachtliche Höhen, derweil seine Augäpfel blass & leer wirken und auf eine Art & Weise zu leuchten beginnen, die seine kaum noch sichtbaren Pupillen durch einen schlangenaugenartigen Schlitz aus Licht ersetzt...
Höhepunkt ist dann aber die kommende Nacht, in der Svengali seinen Blick über die Dächer der Stadt ins Trilbys Schlafgemach schickt, um sie zu sich zu locken. Zunächst umkreist die - ohnehin hervorragend geführte! - Kamera den starr vor seinem Fenster stehenden Svengali. Es folgen Fenster und Svengali in Schuss und Gegenschuss: erneut werden seine Augen blass, die Kamera entfernt sich geschwind, verlässt rückwärts das Fenster und zieht sich immer weiter zurück, derweil Svengali in seiner hell erleuchteten Kammer des Hauses wie dieses immer weiter verschwindet. Einen Schnitt später schwenkt der Kamerablick über die Dächer der Stadt, die wie eine Mischung jener Städte aus "Das Cabinet des Dr. Caligari" und "Der Golem, wie er in die Welt kam" wirkt, um dann auf Trilbys Fenster zuzufahren. Als er dann durch dieses hindurch und an Trilbys Bett fährt, erfolgt zwar ein Schnitt, der aber durch das plötzliche Aufklappen der Fenster infolge eines unheilvollen Windstoßes (oder des Blickes selbst!) gekonnt überspielt wird.
Dies ist dann auch das große, expressionistische Moment des Films, der hiermit eindeutig Murnaus "Faust - Eine deutsche Volkssage" (1927) zitiert, in welchem nicht bloß ein Kameraflug über die Miniaturmodell-Gegend zu sehen ist, sondern auch ein über weite Räume fliegender Schrei, den Gretchen ausstößt und der Faust erreicht. Man kann ohne Übertreibung sagen, dass Mayo in dieser Sequenz ein paar der schönsten Kamerafahrten des Jahres 1931 gelungen sind: Was der großartig montierte & gefilmte Prolog aus Brownings "Dracula" in diesem Film geleistet hatte, das leistet diese Sequenz im Mittelstück von "Svengali".
Aber auch ohne diese inszenatorische Unterstützung leistet Barrymore eine eindringliche, charismatische Leistung - wenngleich in recht eindimensionaler Rolle. Dass "[d]ie anderen Darsteller [...] dagegen blaß bis zur Unkenntlichkeit"[10] bleiben, wie Robert Moss sich einst ausdrückte, ist sicherlich wahr: Das liegt aber vor allem auch an deren weniger charismatischen Rollen - und macht darüber hinaus bei der passiv-willenlosen Trilby auch recht viel Sinn. Marian Marsh gibt hier mit Schmollmund, freundlichem Lächeln, einer hübschen Ponyfrisur eine so attraktive wie naive Frau ab, die ein leichtes Opfer für Svengali ist. Erstaunlich ist das Ausmaß an Erotik, das ihr hier - vor dem Hays Code freilich! - zugestanden wird: Das Aktmodell, das wegen seiner Tätigkeit nicht mit Billee zusammenkommen kann, preist keck & selbstsicher die Schönheit ihres Gesichtes, ihrer Hände und ihrer Füße - vor allem ihrer Füße, die sie sogleich entkleidet, um sie Billee und seinen Freunden zu offenbaren. Derartig offensiv stellte in anderen Horrorfilmen dieser Zeit wohl bloß noch Miriam Hopkins als Ivy in "Dr. Jekyll and Mr. Hyde" (1931) ihre Reize aus. Diese Szene - die sich auch im Roman wiederfindet, wo du Maurier die Figuren noch ein wenig über den besonderen Reiz dieses fetischisierbaren Körperteils sinnieren lässt - konnte vermutlich deshalb als unanstößig durchgehen, weil sie sich zwischen einem Modell und drei Malern ereignet und somit vordergründig dem Gebiet der Erotik enthoben ist. Vergleichsweise harmlos bleibt dagegen ihr Auftritt als Aktmodell, bei welchem zwar die entscheidenden Körperpartien verdeckt bleiben - allerdings von einer Staffelei, auf welcher diese dann als künstlerische Abbildung sogleich wieder auftauchen... ein cleverer, kleiner Witz am Rande!
Positiv hervorzuheben sind noch ein paar - zumeist laufzeitbedingte - Abweichungen von der Vorlage: Hier ist es nicht eine Verwundung durch Gecko, welche zunächst für das Ableben Svengalis mitverantwortlich zu sein scheint (was dann später noch revidiert wird), sondern hier scheinen es die Kopfschmerzen Trilbys zu sein, die Svengali während seiner Hypnose-Heilung schluckt und in sich aufnimmt. Bereits nach dieser Heilung klagt er über ein erstes Herzleiden - mit dem Hinweis, dass ihre Schmerzen in sein Herz gewandert seien. Wenn er dann am Ende als eifersüchtiger, ungeliebter, egoistischer Liebhaber der Frau (und ihrer Stimme) ihr musikalisches Versagen auf der Bühne einleitet und verlacht, dann wird ihm die hypnotische Bemächtigung des wehrlosen Opfers viel unmittelbarer & eindeutiger zum Verhängnis als in der Romanvorlage. Und während die 1927er Version noch ein Happy End für Trilby & Billee bereit hält, setzt Mayo auf ein konsequentes Ende: Sterbend fleht Svengali, Trilby möge ihm - wenn schon nicht im Leben, so doch - im Tode gehören, woraufhin es auch um die junge Frau geschehen ist. Billee, der anders als im Roman beinahe bloß eine Nebenfigur bleibt, überlebt jedoch: ein Happy End ist das freilich trotzdem nicht.
Dass die nicht ganz glücklich mit Rückblicken und Nacherzählungen arbeitende Dramaturgie der Vorlage hier auf Kosten von Billee, seiner Mutter, Gecko und seiner Tante Marta in eine geradlinige, straffe Handlung für einen 80-Minuten-Film transformiert wird, ist sicherlich nicht die schlechteste Idee gewesen.
Herausgekommen ist somit eine schnörkellose Hypnose-Schauermär, die formal ausgesprochen bestechend ist, einen herausragenden Hauptdarsteller in eindimensionaler & - gelinde gesagt! - problematischer Hauptrolle bietet und die literarischen Einflüsse der eigenen Romanvorlage geschickt um sinnvolle filmische Einflüsse ausweitet... die grundsätzlich moralische Aussage wird durch den kruden Antisemitismus zwar nicht vollständig eliminiert, aber doch gehörig relativiert.
Neben dem 31er "Dr. Jekyll and Mr. Hyde", "White Zombie" (1932) und "The Old Dark House" (1932) ist "Svengali" sicherlich einer der besseren Genrefilme des frühen Tonfilms und geht wie diese leider ein wenig im Schatten der zeitgenössischen großen Klassiker unter...
Und auch in Archie Mayos Karriere nimmt er einen der oberen Plätze ein: den Humphrey Bogart-Filmen "The Petrified Forest" (1936) & "Black Legion" (1937) steht er - wie auch der späten Marx Brothers-Komödie "A Night in Casablanca" (1946)! - in nichts nach...
8/10
1.) Wer einfach nur wissen möchte, wie der Film ist, kann die nächsten vier bis sieben Leerzeilen - und die dazwischenliegenden Textblöcke selbstverständlich! - getrost überspringen.
2.) Oder das, was ein Engländer für deutsch hält: "Gott in (!) Himmel!" ist eine der vielen Wendungen, die Svengali immer wieder ausstößt. Ganz so, wie es auch Van Helsing in Bram Stokers "Dracula" (1894) tut - einem anderen großen Bestseller desselben Jahres über einen hypnotischen Schurken, der drei befreundeten Männern eine Frau streitig macht...
3.) George du Maurier: Trilby. Digireads 2011; S. 24.
4.) A.a.O.; S. 7.
5.) Vgl.: Gero von Wilpert: Die deutsche Gespenstergeschichte. Motiv - Form - Entwicklung. Kröner 1994; S. 78-80.
6.) Matthew Gregory Lewis: Zum Geleit. In: Ders.: Der Mönch. Hanser 1971; S. 5.
7.) E. T. A. Hoffmann: Der Magnetiseur. In: Ders.: Fantasiestücke in Callot's Manier. Werke und Musikschriften 1814. Deutscher Klassiker Verlag 1993; S. 204.
8.) Ein Blick auf filmhistoriker.de lässt einen allein zum Wiene folgende Hoffmann-Vergleiche finden: "Der prachtvolle Dr. Caligari von Werner Krauß war eine Figur ganz im Geiste E.T.A. Hoffmanns." (Der Abend. Berlin, 27. 02. 1920); "[...] das Thema ist weder pedantisch wissenschaftlich noch brutal kriminell gewendet, sondern romantisch, recht deutlich in die Atmosphäre Meyrinks, Poes, Hoffmanns eingetaucht." (B. Z. am Mittag. Berlin, 27. 02. 1920); "Vor allem der Caligari des Werner Krauß (der hier in die vorderste Reihe der Filmdarsteller tritt) ist in Maske, Miene und Gebärde von gespenstischer Romantik, stärkster E.T.A. Hoffmann." (Vossische Zeitung. Berlin, 29. 02. 1920); "Die Fabel ist gewöhnlich. Die Linie der Herkunft E.T.A. Hoffmann-Poe nur am Objekt, nicht an der Gestaltung zu spüren." (Die Neue Schaubühne (Dresden) vol. 2, no. 5, May 1920, pp. 136-137); "Aus einem in absichtlicher Unlogik gehaltenen Manuskripte [...] hat Film-Reinhardt Wiene einen nervenpeitschend-bizarren Bildertaumel geschaffen -- ebenbürtig den Phantasiegebilden von Poe, Hoffmann, Meyrink." (Der Kinematograph (Düsseldorf) vol. 14, no. 696, 16 May 1920.); "Faszinierend die untersetzte Gestalt von Werner Krauß. Halb Striese und halb E.T.A. Hoffmannsche Spukfigur." (Film-Kurier (Berlin) vol. 2, no. 4, 06 Jan 1920, p. 1).
Über Murnaus Schauerfilm findet man ähnliches: "Im Marmorsaal erlebte man zwar das Mysterium des Nosferatu etwa so, wie man Nachts zwischen zwölf und eins E.T.A. Hoffmann oder Edgar Alan Poe liest." (Berliner Lokal-Anzeiger, 06. 03. 1922); "Denn das Grauen in Kunstform zu gießen, ist in dieser Vollendung bisher nur den Hoffmann, Poe und Ewers auf dem Gebiete der Literatur gelungen." (Lichtbild-Bühne. Berlin, vol. 15, no. 11, 11. 03. 1922, p. 49). Vgl.: http://www.filmhistoriker.de/films/cabinet_caligari.htm
9.) Das haben freilich in erster Linie deutschsprachige Rezipienten bemerkt. Vgl. Noah Isenberg: Perennial Detour: The Cinema of Edgar G. Ulmer and the Experience of Exile. In: Bernd Herzogenrath (Hg.): The Films of Edgar G. Ulmer. Scarecrow Press 2009; S. 8.
Gerd Gemünden: Parallel Modernities. From Haunted Screen to Universal Horror. In: Jaimey Fisher (Hg.): Generic Histories of German Cinema: Genre and Its Deviations. Camden House 2013; S. 37.
10.) Robert Moss: Der klassische Horror-Film. Heyne 1982; S. 99-100.