Ich weiß nicht, was ich an "Top Gun" mehr bewundern soll: die schiere Brillianz der Oberflächlichkeiten, die hier in einer Hochglanzverpackung für Männer- und Frauenträume zusammengebraut wurde oder die Fähigkeit, eine stinksimple Story dermaßen mit Optik aufzuforsten, daß alle Welt dem Film auf Knien hinterherrutscht.
Es ist allerdings optisch erlesen, was Tony Scott hier als seine "letzte Regie-Chance" angerührt hat. Rasante Flugszenen, knackige Typen, reichlich Konfliktpotential im Innenleben wie zwischen den aufrechten Flieger, strahlend blauer Himmel, gedämpfte lichtüberströmte Farben gegen strahlendweiß Uniformen, Tragik, Verzweiflung und Neuanfang.
Für eine ebenso platte wie auf Autopilot funktionierende Mischung kommt natürlich Tom Cruise gerade recht, der "Everybodys Darling", den beide Geschlechter toll finden können, ein Gesicht, das zur Marke wurde, das jedoch seitdem den Fluch der papierdünnen plakativen Stories mit seiner bloßen Anwesenheit aufwiegt, weswegen ihm auch die schauspielerische Anerkennung bis zum St.Nimmerleinstag verwehrt bleiben wird, je intensiver er ihr nachhascht.
Cruise war als Chiffre selten passender besetzt als hier, ein Strahlemann, dessen fokussiertes Sonnyboy-Leben aus der Bahn gerät, bei dem man aber nie Angst haben muß, daß sich Erfolg und Selbstbewußtsein nicht bis zu den Schlußtiteln wieder eingestellt haben.
Allerdings konnte er (damals noch nicht der Superstar, zu dem ihn dieser Film machte) auch nie wieder auf einen so starken Supportcast setzen, der sich hier in kleinen und kleineren Nebenrollen erbricht. Anthony "ER" Edwards als Co-Pilot und Gewissen, Val Kilmer als Gegenspieler, Kelly McGillis als aus unerfindlichen Gründen Cruises Charme Erlegene, Meg Ryan als Mäusele, Tom Skerrit als väterlicher Chef und Michael Ironside als harten Trainer-Hund.
Das ist nach dem Malen-nach-Zahlen-Prinzip schön klischeehaft aneinandergepappt, daß man schon keine Wetten auf den weiteren Handlungsverlauf abschließen darf, weil niemand dagegen einsteigt. Andererseits lädt der Plot (eher ein Plöttchen) auch zum hemmungslos-trivialen Versinken in diesem Überschlagsreißer ein, was dann ja auch alle gemacht haben.
Scott hat das visuell auf Hochglanz poliert, kaum eine Szene, die nicht künstlich oder stilisiert wirkt, auf Aus- und Eindruck getrimmt. Und es funktioniert. Die Gefühlsmühle ist auf vollen Touren und wer die übersteht, kann sich immer noch an den Flugsequenzen sattsehen, deren Vielfalt noch eine ganze Armada anderer Filme versorgte.
Ich habe schon lange das Handtuch geworfen, denn über Top Gun zu meckern, heißt mit Kanonen auf Spatzen zu schießen. Der Film ist immun gegen Löcher, denn er ist selbst ein einziges schwarzes Loch. Auf mich kann er nur bedingt wirken, alle anderen dürfen weiter von der Pilotenkanzel träumen. (6/10)