Eine alte, verlotterte Frau wird ermordet aufgefunden. Ihr Neffe Sho, der bis zu jenem Zeitpunkt nie von ihr gehört hat, wird beauftragt, die letzten Habseeligkeiten der zurückgezogen lebenden Einsiedlerin zu entsorgen. Beim Durchwühlen der Messi-Wohnung legt Sho wichtige historische Eckpfeiler im Werdegang seiner Tante frei und rekonstruiert so Stück für Stück ihr ganzes Leben…
„Memories Of Matsuko“ ist ein ganz ein trauriges Portrait über eine Japanerin namens Matsuko und wie das Schicksal nicht immer gnädig mit ihr umspringt. Job verloren, von der Familie verstoßen, zur Prostitution gezwungen, immer an die falschen Typen geraten, schließlich sich selbst und all ihre Hoffnungen und Wünsche aufgebend der Welt und allen Menschen entsagt – überfliegt man das Leben unserer Protagonistin, könnte man glatt meinen, man hätte es hier mit dem tristesten Trauerspiel seit „Lilja 4ever“ zu tun.
Ein hammerhartes Sozialdrama also? – Weit gefehlt! „Memories Of Matsuko“ beginnt als reine Komödie und bietet sogar einige waschechte Schenkelklopfer. Zudem sprüht der Streifen nur so vor Comic-haften Visual Effects á la „Amelie“ oder „Big Fish“, knallbunten Sets in Bubblegum-Farben, Gesangseinlagen und schrägen Kameraperspektiven á la „Survive Style 5+“ (z.B. Extrem-Close-Up auf eine haarige Warze) und vermittelt damit eine Lebensfreude, als gäb’s nichts Schöneres als morgens mit einem lauten „Hurra!“ aus dem Bett zu springen.
In ihren jungen Jahren wird Matsukos tragisch-komisches Schicksal also noch mit einem fetten Augenzwinkern vermarktet, je weiter der Film und somit das Leben unserer Antiheldin voran schreitet, desto herber wird auch die Schokoladenseite.
Trotz aller Schicksalsschläge (und Schläge, die sie von ihren prügelnden Liebhabern bezieht) bewahrt sich Matsuko aber ihren kindlich-naiven Optimismus, vergisst nur selten zu lächeln und hört nicht auf, an das Gute im Menschen und in sich selbst zu glauben.
Gegen Ende ist der emotionale Reichtum, der mit der entkräfteten Hauptfigur untergeht, schließlich unermesslich und es bricht einem schlicht das Herz mit ansehen zu müssen, wie einem so grundguten Menschen das Recht auf ein wenig Glück versagt bleibt.
Lehrerin, Prostituierte, Starfriseuse, Hausfrau, Mörderin, Knastjule… Tochter, Schwester, beste Freundin, gute Zuhörerin, Sonnenschein, Strahlemann… Geliebte, Liebende, Missverstandene, Nicht-zurück-Geliebte, Immer-wieder-Liebende… – Mitsuko nimmt in ihrem Leben, das von ihrem Neffen etappenweise rekonstruiert wird und (um wie in „Forrest Gump“ Authentizität herzustellen) immer wieder Bezug auf geschichtliche Ereignisse nimmt (z.B. erster Mensch im All, Mauerfall etc.), viele Rollen ein und beinhaltet dabei in sich selbst so ziemlich jeden Gegensatz, den man sich nur vorstellen kann.
Aber wie sagte bereits Tom Waits in Jim Jarmuschs „Down By Law“: „It’s a Sad a n d Beautiful World“…
Fazit:
Umsonst gestorben – umsonst gelebt? Das Leben – eine einzige Aneinanderreihung von Tragödien und Misserfolgen?
- Gewiss nicht! „Memories Of Matsuko“ ist ein eindeutiges „Ja!“ zum Leben, auch wenn gegen Ende so krass auf die Tränendrüse gedrückt wird, dass selbst Vin Diesel Rotz und Wasser heulen dürfte.
Ein bisschen „Amelie“, ein bisschen „Big Fish“ und eine Prise „Lilja“. Vom tobenden jungen Spring-ins-Feld zur griesgrämigen alten Schachtel ist es oft ein weiter Weg voller Niederlagen und Enttäuschungen - das beweist der Film. Ein weiter Weg, den man rückblickend aber oft viel zu hastig und unbedacht beschreitet, obwohl es oft genug wert gewesen wäre, am Wegesrand inne zu halten.
Und dann ist man irgendwann alt und bringt’s nicht mehr (Achtung: Zitat!). Und für vieles ist es mittlerweile zu spät. Und vieles kam doch ganz anders als geplant. Ob das wirklich so is’ – wir werden’s seh’n…
Unterm Strich:
Tragisch-komisch in märchenhaft bezaubernden Bildern – einfach bitter-bitter-süß-süß-süß!