Manches ist richtig lustig. Aber insgesamt ist der Film zu ideenlos. Zu häufig geht es einfach nur gegen die politische Korrektheit (political correctness). Dann sucht Borat Zustimmung gegen Feministen, Juden, Homosexuelle oder Zigeuner. Das ihn viele dabei unterstützen ist sicher nicht schön, aber nicht wirklich überraschend. Schließlich bewegt er sich die meiste Zeit im Mittleren Westen der USA und da gibt es nun Mal – genau wie auf dem Land in Deutschland wenig „Fremdes“ und entsprechend wenig Toleranz. Neu ist das nicht und dafür braucht man auch keinen Borat.
Ohnehin wirkt vieles im Film überholt, gute Komiker haben darüber schon vor 10 Jahren Witze gemacht. Beispielsweise Harald Schmidts Klobrillenwitz über Bettina Böttinger war noch ein echter Tabubruch.
Aber heute? Eigentlich weiß jeder, dass man mit dem Schutz von Minderheiten auch übertreiben kann, sogar die betrunkenen Studenten im Wohnmobil kennen diese Realität. Dass nun wiederum Borat, die meiste Zeit des Films versucht dagegen anzustänkern, ist nicht witzig, sondern langweilig.
Ohnehin wirkt vieles im Film wie aus einer Reminiszenz an die 90er Jahre. Am besten dokumentiert das die Episode mit Pamela Anderson. Im Film verliebt sich Borat in sie, als er eine Baywatch Episode sieht. Tatsächlich war Pamela Anderson DIE Ikone der 90er und DAS Traumgirl der Zeit. Ihr roter Badeanzug war Kult und jeder Mann fand sie geil. Heute ist Baywatch schon seit 6 Jahren abgesetzt und Pamela eher für ihre kaputten Ehen und privaten Pornos bekannt.
Noch nicht ein Mal ihr Aussehen ist bemerkenswert. Mindestens ein Pfund Plastik trägt sie im Gesicht und sieht nur noch geil aus, wenn sie schön fotografiert und retuschiert wird. Eine Traumfrau ist sie schon lange nicht mehr.
Das Borat sich bei diesem abgehalfterten Star bedient, zeigt leider, wie wenig eigene Ideen er mitbringt, um die heutige Realität zu überzeichnen. Auch seine Ausflüge in eine Benimmschule oder sein Chaos-Auftritt in einer Fernsehshow wirken altbacken, alles wie von vorgestern und noch nicht mal besonders originell umgesetzt.
Tatsächlich erzeugt diese Art der Komik heutzutage eher Betroffenheit, beispielsweise wenn er die Gastgeberin beleidigt oder Gäste mit seiner Scheiße nervt. Beeindruckend ist dann im Gegenzug schon eher, wie gelassen und tolerant die meisten Amerikaner mit ihm als Exoten umgehen ...(gemeingefährlich ist ohnehin keiner der gezeigten Amerikaner. Sie verkaufen ihm keine Waffe und spannen ihn auch nicht für kranke Ideen ein).
Stattdessen bieten sie ihm eine Bühne, lassen ihn mit Mikro auftreten und laden ihn in ihre Häuser ein. Dort gibt er dann den Kasper – mit lauter altem Zeug. Das ist wirklich nicht sehr originell.
Zwar hat man manchmal den Eindruck, Sacha Baron Cohen würde versuchen den Brachialkomiker Andy Kaufman zu kopieren. Aber letzten Endes fehlt ihm dafür das Format. Wenn er wirklich diese Art der Konfrontation suchen würde, dürfte er sich nicht eine Minute lang wünschen vom Publikum geliebt zu werden. Aber so gnadenlos ist Sacha Baron Cohen nicht. Schließlich ist er ja auch als Moderator im Fernsehen erfolgreich.
Aber ganz doof ist Borat auch nicht. Spannend und mutig ist zum Beispiel die Szene, in der Cohen auf die kaputten Crack-Jugendlichen zugeht (Ali G. kennt sich aus ...). Allerdings entsteht dabei leider kaum etwas Sehenswertes.
Und ein echtes Highlight der Brachialkomik ist der nackte Kampf mit Azamat im Hotel, durch Fahrstuhl und Lobby. Da macht der Film richtig Spaß. Aber davor und danach herrscht leider zu häufig Langeweile und verhaltene Kopfkomik.
Insgesamt bleibt es deshalb beim Resumée:
Der Film hätte eine Sensation werden können, wenn er 1996 herausgekommen wäre. Im Jahr 2006 wirkt dagegen Vieles einfach nur bemüht und uninteressant.
Wie schon bei „Ali G“, kann Sacha Baron Cohen zwar in manchen Situationen urkomisch sein. Aber für einen ganzen Film reicht sein Können - ohne guten Produzenten - immer noch nicht aus. So kommt es, dass sein 82 Minuten kurzer Borat-Film an vielen Stellen überraschend langweilig ist.