Gesamte Serie
Ihr Haar ist lang und schimmert silbern. Sie ist unnahbar und mysteriös; hinter ihrer Schönheit scheint sich ein tiefer Schmerz zu verbergen. Sie heisst Shizuma Hanazono und hat den Posten der Étoile inne. Die Étoile ist die höchste Schülerin des Mädcheninternats Astraea Hill; eine Vertrauensperson, ein Vorbild für alle jüngeren Semester. Zu diesen jüngeren Semestern gehört Nagisa Aoi. Da ihre viel beschäftigten Eltern keine Zeit für sie haben, findet Nagisa als Quereinsteigerin Platz in Astraea Hill. Sie wird Miator zugewiesen, einem der drei Häuser des Internats. Die beiden anderen heissen Spica and Le Rim. Jedes dieser Häuser hat eine Präsidentin, über denen nur noch die Étoile steht, also unsere Madame Mysteriös Shizuma. Die Étoile fungiert als Brücke zwischen den drei Häusern. Eine Vermittlungsinstanz, die dringend nötig ist, da sich vor allem Miator- und Spica-Schülerinnen öfters mal in die Haare kriegen.
Na, fleissig mitgeschrieben? Keine Angst, das ist mehr oder weniger alles, was man über das Setting von Strawberry Panic wissen muss. Und damit kommen wir zum Plot der Anime-Serie. Kurz nach ihrer Ankunft tritt Nagisa Aoi auf die rätselhafte Shizuma, die ebenfalls Miator angehört. Und es funkt sofort! Aber hat diese Liebe eine Zukunft? Ist doch Nagisa ein etwas naives Energiebündel, während Shizuma ein verschlossenes Enigma darstellt. Und was ist das Geheimnis, das Shizuma bedrückt? Ist es überhaupt ratsam, es lüften zu wollen? Neben diesem Hauptplot gibt es diverse romantische Nebenstränge: Kreuz und quer durch ihre drei Häuser verlieben sich die Schülerinnen, was zu Unsicherheiten und Spannungen führt.
Spätestens jetzt schmunzeln die Schelme unter uns und fragen: „Gibt es in diesem Anime überhaupt Jungs?“ Die Antwort darauf ist ein dickes Nein. Für Strawberry Panic existiert das männliche Geschlecht schlichtweg nicht, und keine der handlungstragenden Figuren ist nicht zumindest andeutungsweise lesbisch. Wir haben es hier also mit Shojo Ai in Reinkultur zu tun. Und das ist schonmal verdächtig. Ist die vorliegende Animeserie etwa eine blosse Ausschlachtung weiblicher Homosexualität, um bestimmte – ähem – Vorlieben zu befriedigen? dem ist glücklicherweise nicht so. Strawberry Panic portraitiert Mädchenliebe keineswegs auf voyeuristische Weise. Auf Sexszenen wird höchstens angespielt, und der Fanservice hält sich in Grenzen.
Die Schwierigkeiten der Serie sind andernorts zu suchen. Zunächst im technischen Bereich: So süss das Charakterdesign auch ist, die Animation ist über weite Strecken minimalistisch, ja oft noch nicht mal vorhanden. Soll heissen, häufig hat man einfach ein unbewegtes Bild vor meinen ermüdeten Augen vorbeiziehen lassen. Ich verstehe schon, dass es sich bei Strawberry Panic nicht um eine Actionserie handelt, aber etwas belebter und vor allem abwechslungsreicher hätte die Bebilderung schon ausfallen können. Die Musik kann mit einigen schönen Pianostücken aufwarten, die sich leider zu oft wiederholen.
Strawberry Panic ist eine sanfte, flauschige Seifenoper ohne Männer. Die Protagonistinnen verlieben sich, zittern vor Aufregung, kichern schüchtern und weinen exzessiv. Teeparties und Pferde inklusive. Aber sie streiten sich nur selten. Die punktuell aufflackernden Konflikte lösen nie einen flächendeckenden Waldbrand aus. Anders gesagt: Die Dilemmas werden häufig aufgelöst, bevor sie sich richtig entwickeln können. Auffällig ist überdies, dass die Homosexualität nie wirklich thematisiert wird. Sie ist einfach da, und ganz selbstverständlich wird ihr zelebriert. Und natürlich ist Homosexualität etwas ganz Normales, über das man in einer aufgeschlossenen Welt nicht viel Aufhebens machen müsste. Aber Strawberry Panic baut geradezu ein Luftschloss aus lesbischen Träumereien auf. Das ist insofern ironisch, als dass es sich bei Astraea Hill offenbar um eine katholische Schule handelt. Die Autorität des Lehrpersonals wird denn auch völlig ausgeblendet. Einfluss wird lediglich den Präsidentinnen der drei Häuser zugestanden. Und natürlich der Étoile. Als hätten allein die Schülerinnen das Ruder in der Hand, als richtete sich alles nach ihnen. Dieses Ausblenden eines jeglichen sozialen Kontexts hat in seiner kompromisslosen Naivität fast etwas Entwaffnendes.
Das zentrale Problem der Serie liegt in ihren Charakteren. Die sind einfach zu blass, als dass sie die 26 Episoden von Strawberry Panic tragen könnten. Die einzig tatsächlich interessante Figur ist Shizuma, da diese mit einem handfesten Dilemma zu ringen hat. Fast alle anderen Mädchen sind schlicht Spielpuppen einer romantischen Storyline. Besonders frappant ist das bei Hikari Konohana aus Spica, die ganz offensichtlich nichts anderes kann, als verliebt und besorgt herum zu säuseln. Nein, dreidimensionale Charaktere sehen anders aus. Da sind die Schülerinnen aus Le Rim, die eigentlich nur als Comic relief fungieren, noch wesentlich spannender. Die sind wenigstens ohne Wenn und Aber meschugge! (Ich weiss ja nicht, wie’s euch geht, aber eine Serie über Kagome Byakudan, die ständig mit ihrem Plüschteddy spricht, würde ich jedenfalls sofort schauen.)
Nun mag man vermuten, der Rezensent sei einfach zu abgebrüht für eine solche Serie – er liesse den Fluff nicht an sich heran. Aber das stimmt nicht! Ja, ich gestehe: Aus irgend einem Grund klebte ich während der letzten Folgen vor dem Bildschirm und wollte verdammt nochmal wissen, wie die Liebeswirren sich denn nun auflösen. Ich fieberte mit. Denn irgendwie süss ist Strawberry Panic eben doch.
Sehr süss sogar.
Oh mein Gott, ist Strawberry Panic süss …
Okay, zurück zur Realität und auf zum Fazit. Strawberry Panic ist eine kuschelige Romantik-Serie nur mit Mädchen, deren Geschichte sich meist harmlos, konstruiert, durchschaubar und dröge gestaltet. Trotzdem hat die Serie in ihrer Verträumtheit einen gewissen Charme. Wer seinen Zynismus zehn Stunden lang wegsperren kann (oder idealerweise gar keinen hat), wird sich vielleicht auf die lieblichen Eskapaden einlassen können. Ich konnte es leider nur teilweise. Aber wer auf Shojo Ai steht, wird sich von meinen Worten eh nicht abbringen lassen. Tut euch keinen Zwang an, meinen Segen habt ihr. Nur Zähneputzen nicht vergessen! Zu viel Zucker schadet der Gesundheit.