Review

„Tödliche Strahlen“ oder „Invisible Ray“ ist ein stimmungsvoller Genremix aus dem Jahre 1936 mit zwei glänzend aufgestellten Schauspielern, Boris Karloff und Bela Lugosi, in den Hauptrollen. Als Genremix ist dieser Film zu sehen, da er nicht nur Elemente des Horrorfilms, sondern auch des Science-Fiction- und Abenteuerfilms enthält. 

Stimmungsvoll, geradezu unheimlich, beginnt der Film in den Karpaten auf der Burg des Wissenschaftlers Janos Rukh, der seine zweifelnden Kollegen endlich vom Wert seiner Entdeckungen und Erfindungen überzeugen möchte. So gewährt er diesen mithilfe einer seiner Apparaturen über den Umweg des Sternenlichts einen Blick in die Vergangenheit der Erde. Man wird Zeuge eines Meteoriteneinschlags in Afrika vor Millionen von Jahren. In der Folge nehmen die überzeugten Kollegen Rukh mit auf eine geplante Expedition zum schwarzen Kontinent. Dort entdeckt er den Meteoriten und mit ihm ein neues Element, das „Radium X“. Dieses offenbart nicht nur heilsame, sondern auch zerstörerische Kräfte. Rukh wird dadurch vergiftet und verändert sich sowohl physisch (er leuchtet im Dunkeln) als auch psychisch (er wird am Ende wahnsinnig). Als ihn seine Frau verlassen hat und er glaubt, dass seine Kollegen ihn um seinen Ruhm betrogen haben, beginnt er mit einem Rachefeldzeug, dem schon bald die ersten Expeditionsteilnehmer zum Opfer fallen. 

Wirkt die Handlung vielleicht noch etwas konventionell (verrückter Wissenschaftler rächt sich unter Einfluss einer unheimlichen Macht an seiner Umwelt), kann der Film vor allem durch seine verschiedenen Settings, die mitunter sichtbar werdende Liebe zum Detail und auch durch die Ausleuchtung überzeugen. So wird der Zuschauer zuerst in die Karpaten auf die Burg des Wissenschaftlers entführt (diese Szenen erinnern in der Ausstattung an die frühen Dracula- und Frankensteinfilme). Man erlebt beeindruckende Laboratorien mit gewaltigen Maschinen, die ihre Kräfte dank ausgefeilter Tricktechnik entfalten dürfen (so erlebt man eine Reise mit dem Sternenlicht zum Andromedanebel und zurück bzw. das Zerschmelzen von Gesteinen dank des Elements „Radium X“). Auch die Entdeckung des Meteoriten in Afrika sowie die Expedition dorthin wird gezeigt (hier sind wir beim Abenteuerfilm angelangt). Zum Abschluss gibt es dann noch einen Ausflug nach Paris. Dass man dem als Betrachter gerne folgt, ist den gelungenen Kulissen geschuldet (es handelt sich um eine reine Studioproduktion), die die Illusion der verschiedenen Orte geschickt transportiert. Die Liebe zum Detail wird für mich schon zu Beginn des Films deutlich. Hier zoomt die Kamera in das Burgzimmer in den Karpaten. Man sieht einen Tisch mit einer kleinen Statue darauf, um dann dahinter die Frau des Wissenschaftlers in der gleichen Haltung wie die Statue vor dem Fenster gewahr zu werden. Bezüglich der hervorragenden Ausleuchtung des Films muss man wahrscheinlich Kameramann George Robinson danken, der mit ihrer Hilfe immer wieder die passende Stimmung erzeugt, dies gilt vor allem für die Burgszenen, die Szenen im nächtlichen Paris und die Großaufnahmen der Charaktere, durch die das mitunter sehr differenzierte Spiel der Mimen unterstrichen wird. 

Bela Lugosi darf hier einen durchweg positiven Charakter (Dr. Benet) verkörpern, schafft es aber zu verhindern, dass dessen Darstellung zu einseitig gerät. Eine anfangs ebenfalls sympathische Figur spielt Boris Karloff als Wissenschaftler Jonas Rukh. Ihm gelingt es überzeugend, den Wechsel des Charakters vom ehrgeizigen, aber freundlichen Wissenschaftler zum wahnsinnigen, vom Element vergifteten Mörder darzustellen. Auch wenn das Drehbuch von John Colton eigentlich eine „Ersatzlösung“ war (vgl. dazu den lohnenswerten Audiokommentar auf der Blu-ray von ostalgica), bietet es den beiden großen Horrordarstellern (Lugosi und Karloff) den nötigen Freiraum für ihre schauspielerischen Fähigkeiten. Dies gilt bedingt auch für die Nebenrollen (insbesondere die Mutter des Wissenschaftlers gespielt von Violet Kemble Cooper fällt hier auf). 

Regisseur Lambert Hillyer liefert mit diesem Film eine gelungene Abendunterhaltung ab, die man beim häuslichen Kinoabend noch mit einem heimeligen Kaminfeuer passend unterstreichen kann. Ein Dank hier noch einmal an das Label „ostalgica“, das diesen Film aus dem Verborgenen herausgeholt und in einer schön aufbereiteten Fassung uns Zuschauern zur Verfügung gestellt hat.

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