Review

So, einmal mehr entwürdigt und ins hiesige Bauernkino gegangen. Doch für einen Michael Mann tut man sogar das dann und wann. Seine Neuinterpretation der Kultserie hat im Prinzip nur noch Namen mit eben dieser gemeinsam sowie das spezielle Crime-Segment, an dem schon Don Johnson und Phillip Michael Thomas arg zu knabbern hatten. Und die Karre.  

„Zeit ist Glück“, heißt es an zweierlei Stellen des Streifens, und nach dieser Formel richtet sich auch „Miami Vice“. Denn Rasanz steht an oberster Stelle des insgesamt noch gut zweistündigen Thrillers. Obwohl die Action ziemlich große Pausen hinnehmen muss, ist der Film durch und durch schnell. Nicht nur der Ablauf der mitunter etwas zu konstruiert wirkenden Handlung wird wie auf Speed runtergespult; auch die Inszenierung ist geprägt, z.B. durch wackelige Handkamera, stresshaltige Dialoge und rasche Wechsel. Wenn das Tempo etwas gedrosselt wird, kommen starke Gefühle, viel Geschmuse und emotionale Hitze ins Spiel, doch sogar dort bekommen die Hauptcharaktere nicht die nötige Tiefe, die sie unbedingt brauchen. Keiner erwartet einen so langfristigen Tiefgang wie er nur in einer Serie möglich ist, doch der Film zu „Miami Vice“ bleibt deutlich zu sehr an der Oberfläche. Keine Verstrickung, keine Überraschung bis zum Ende, keinerlei Komplexität, sondern absolute Vorhersehbarkeit ist angesagt. Nicht unschuldig an all der Dünnbrettbohrerei auf diesem mir doch sehr wichtigen Sektor ist auch die im Vergleich zu intensive Gewichtung von Colin Farell – dem deutlich schlechteren Schauspieler der beiden Undercover-Cops; Jamie Foxx, der für „Ray“ verdienterweise den Oscar einstrich, kommt hier deutlich zu kurz. Erschwerend noch, dass die optische Neuauflage von Sonny Crockett schlichtweg beschissen aussieht, auch wenn das Geschmackssache bleibt...
Aber auf der Habenseite steht eine ganze Menge. Bei all der Hektik möchte Mann die Stimmung nicht zu kurz kommen lassen und versorgt den gefesselten Zuschauer mit einer gesunden Dosis imposanter Bilder, sowohl von Landschaften, als auch von Städten, am Tag und nachts – hier ist für jeden was dabei. Der klangvolle Soundtrack erinnert von der Zusammenstellung her frappierend an „Collateral“ und verleiht „Miami Vice“ ein weiteres, nicht zu unterschätzendes Plus. Die Personen und Schauplätze machen was her und allerlei Fortbewegung ist auf jeden Fall als großspurig zu bezeichnen. Kurzum: der Look stimmt voll und ganz (bis auf – und sei es nur der doppelten Erwähnung willen – bei Colin Farell und seiner grotesk-scheußlichen Fast-Fokuhila-Popelbremsen–Kombination).
Dann haben wir da noch die Action. Quantitativ etwa so gesät wie in „Heat“, geht es hier doch noch eine gute Kerbe heftiger zu. Vermutlich, weil Mann und sein Team sicher die Tatsache vor Augen hatten, dass dem Publikum von heute bisweilen doch mehr als nur ein paar wenige durchschlagende (in jeder Hinsicht durchschlagende) Momente geboten werden müssen, damit am Ende überhaupt noch etwas hängen bleibt. Macht aber nix, denn wir sind ja alle Freunde roher Gewalt und laben uns dementsprechend an diversen ziemlich derben Shootouts, die auch handwerklich voll in Ordnung gehen und sogar dem seichten Mainstreampublikum die Worte haben fehlen lassen (so habe ich es zumindest wahrgenommen). Zwar wird auch hier nicht die Ballerorgie auf der Figueroa zwischen DeNiro und Pacino (und Konsorten) erreicht, die mit deutlich weniger Härte deutlich mehr zustande brachte, doch Mann zeigt klar, dass er einer der Besten in den USA auf diesem Gebiet ist. 

Also insgesamt sollte erstmal jedem klar sein, dass vom Vorbild quasi jede Spur fehlt. (Und wer war so naiv um das zu glauben?!) Wir haben durchaus ein rasantes, schnelles und spritziges Thrillerfest der Marke Mann vorliegen, keinen zweiten „Heat“ (Gott bewahre!), aber immerhin noch einen Mann, wenn auch nicht ohne diverse Macken, die jedoch insgesamt nicht außerhalb von Bereichen liegen, die dem Auge des Betrachters innewohnen. Cooler Look durch und durch, ein eindeutig professionelles Handling, aber zu wenig Tiefe, um zu seinem 95er Klassiker aufschließen zu können. Insgesamt jedoch auf jeden Fall sehenswert und den Kinobesuch wert. Ihr wolltet haben, ihr bekommt.
 
Aber bitte keinesfalls eine Fortsetzung oder sowas...

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