Rein auf dem Papier scheint Windtalkers wie geschaffen für John Woo zu sein, eine Großproduktion als Nachfolge von bspw. Mission Impossible 2 (2000), wo er gezeigt hat, dass er auch in Hollywood mit deren Aufwand, Budget und Maßstäben umgehen kann, dazu zwei Darsteller aus vorherigen Filmen, den unwesentlich kleineren Face/Off (1997) und Broken Arrow (1996) plus das Genre selber, welches Woo in seiner früheren Tätigkeit in HK bereits zweimal angetestet hat, in Heroes Shed No Tears a.k.a. Sunset Warriors (1984) und in Bullet in the Head (1990). Wobei der erstere ein kruder Kleinkriegsfilm in Dschungelmilieu des Goldenen Dreiecks ist und der zweite in mehrere Teile zerfällt, indem das Kriegsszenario selber mehr oder weniger stark von Ciminos Die durch die Hölle gehen (1978) inspiriert und inspiziert ist. Woo selber ist in seinem Werken immer relativ unpolitisch, er interessiert sich für andere Dinge, für Freundschaften, für Loyalität und Treue unter Männer, was hier in diesem Film auch zum Tragen kommt, aber in dem allgemeinen Krawall eher untergeht; nicht umsonst hat Bullet … in einer Version ein relativ stilles Ende und wird dort von einer bestehenden Freundschaft das Trio gesplittet und muss man sich für eine Seite entscheiden. Dasselbe gilt auch für andere Arbeiten wie A Better Tomorrow (1986), wo auch eine Einheit auseinanderbricht; hier wächst sie zusammen, aber nur, weil man den gleichen Feind hat, wofür Horden namen- und gesichtsloser Japaner herhalten, es ist ein Action-/Kriegsfilm durch und durch, er bleibt an der Oberfläche, welche zuweilen blendend in seinem Szenario aussieht, aber er ist nur eine Fingerübung in dem Genre, welches zur damaligen Zeit für einen Moment gefragt war und dann erstmal nicht mehr. Windtalkers selber setzte keinerlei tiefe Spuren, selbst We Were Soldiers (2002) war zuweilen eindrucksvoller, und das fast als Debüt:
Ab 1942 zieht die US-Kriegsmarine vermehrt Angehörige des Volkes der Diné (Navajo) ein, um einen auf deren Muttersprache basierenden Nachrichtencode zu entwickeln und für die Gegenoffensive der USA im Pazifikkrieg zu nutzen. Marine-Sergeant Joe Enders [ Nicolas Cage ] erhält den Auftrag, den Navajo Private Ben Yahzee [ Adam Beach ] unter allen Umständen zu beschützen, während Sergeant Ox Henderson [ Christian Slater ] wird der Navajo Charlie Whitehorse [ Roger Willie ] anvertraut wird; wohl wissend, dass sie die schutzbefohlenen Untergebenen im Fall einer drohenden Gefangennahme durch die Japaner töten müssten, um den Navajo-Code zu schützen.
Das erste Bild, die Eröffnung ist dabei noch die einflussreichste und prägnanteste Szene – wenn man von dem ganzen folgenden Inferno einmal absieht, welches technisch auf Höchstmaß ist – einmal der Blick in das leere Territorium der indigenen Stämme, dann das Gegenbeispiel, der Fluss, der sich mit Blut und Leichen füllt, von links nach rechts in das Bild schwappend, das blaue Wasser färbt sich rot, tote Menschenkörper in Hülle und Fülle, die Leichen in Massen, von der Friedlichkeit in das Grauen, kaum etwas zu sehen, Solomon Islands 1943, der Feind unsichtbar, im Nebel verschwunden, im Schilf und Gebüsch, ein grobes Gemetzel, die Hauptfigur hier schon übermüdet eigentlich, körperlich sauer und desorientiert. Der Feind kommt von allen Seiten, die Opferzahl hoch, die Verletzten mehr tot als lebendig, "We got orders", der Irrsinn und Wahnsinn des Krieges in all dem Durcheinander beschrieben, viele Seelen vergeudetet, verbrannte Erde und aufgeplatzte Leiber.
Eine Medaille für das Überleben, all die Kameraden verloren, ein Mensch zusammengehalten durch seine Uniform und seine Befehle, ein Mensch am Anfang eigentlich schon innerlich verkümmert und äußerlich verkrüppelt, verletzt am Körper und in der Seele, Cage mit Albträumen am Tag und in der Nacht, mit Tabletten zusammengeflickt, und aus eigener Kraft, "You're a mess, Joe.", eine Sucht nach dem Krieg, die Motive werden nicht erläutert, nur das Einzige, was ihm noch überbleibt, er will, er muss zurück aufs Schlachtfeld, er hat nichts anderes, er wird getestet, ihm wird geholfen, es ist sein Film, der Rest nur Ergänzung, das gilt für Slater vor allem, aber auch in gewisser Weis wie für Beach.
Ein Zwiespalt entsteht auch, nicht den ihm zugeteilten Mann zu beschützen, sondern den Code, das gleichzeitige Bewahren des ihm Anvertrauten und das Töten dessen im Ernstfall, eine doppelte Aufgabe, zurück vom Training in die Mission, im Director's Cut gibt es einige wirkungsvollen Szenen mehr, es wirkt trotzdem lange nicht nach Woo, sondern einer Auftragsarbeit, ein unpersönliches Werk, ein Handwerk in den Actionszenen, des Rest gelingt ihm eher nicht, erregt sein Interesse nicht; anders als der Red Cliff Zweiteiler (2008/09) – auch ein Historical War Drama – oder der The Crossing Zweiteiler (2014/15), der mit Zügen dessen spielt und umrahmt, der Erste ein Erfolg, der Zweite Film ein Flop und herber Rückschlag zu einer ungünstigen Zeit, filmografisch ausgebrannt und mit einer längeren Schaffenspause und vielen abgesagten Projekten wie Flying Tigers (über eine Freiwilligen-Fliegerstaffel im Zweiten Weltkrieg) einhergehend.
Hier selber war die Welt bis zur mäßigen Aufnahme bei Publikum und Kritikern noch in Ordnung, ein Star in der Besetzung, eine gefragte Filmgattung, ein endloses Scharmützel mit entsprechenden finanziellen Aufwand, dazu theoretisch geeignete Themen, die nur nicht zum Tragen kommen; ein Film ohne Persönlichkeit seltsamerweise, wie ein großes Abenteuer wirkend, auch in den Kulissen, im Zeitkolorit gefangen oft, eine Verstellung, ein Spiel für das Publikum, ein Ausstattungs-, immerhin kein Propagandastück. Die endlose Diskussion über Kriegs- oder Antikriegsfilm kann man hier abkürzen, es geht um die Schlachtszenen, die verschiedenen Scharmützel, es geht später um das Chaos in den Bildern, die Hektik und das allgegenwärtige Sterben, mit teilweise atemberaubenden Stunts, Explosionen und Handgranaten aus nächster Nähe, mit Detonations- und Feuerstunts, ein Mann wird bei lebendigem Leibe verbrannt; die Brutalität nicht ausgespart, auch nicht zelebriert, eher so ein Mittelweg gefunden zwischen Ablehnung und Faszination, der Regisseur ist deutlich gegen den Krieg, der Film nicht so sehr, er verliert sich hier.
Sowieso hat der Film die meisten Probleme bei der Einleitung, die angedeutete Romanze wirkt fehl am Platz, der Regisseur interessiert sich nicht für gemischtgeschlechtliche Narrative oder Frauenporträts generell, es wirkt wie eine unnötige Verzögerung, die Ruhe vor dem Sturm, ein letztes Vorgeplänkel, ein so tu als ob, klischeehaft umgesetzt und auch so geschrieben, ein Festhalten an Schablonen, kein eigenes Initialisieren. Das Leben ein Schauspiel hier, das Sterben ein Theaterstück, eine Actionpalette, im Großen wie im Kleinen, mit Momenten der Verletzlichkeit, der Ablehnung, Sanpan '44 da die erste große Schlacht, mit Flugzeugbeschuss und Panzerdetonation über mehrere Hektar Land verteilt, ein organisiertes Chaos aus zerbomter Erde, Flammenmeer und Leichenbergen.
Woo, der in der aktuellen, seit The Eight Hundred (2020) grassierenden einheimischen Kriegsfilmwelle um The Sacrifice (2020), den The Battle at Lake Changjin Zweiteiler (2021/22), Sniper (2022) und den The Volunteers Dreiteiler (2023/24/25) keinerlei Rolle spielt, sondern die Filme von Kollegen wie Chen Kaige, Frant Gwo, Zhang Yimou respektive Tsui Hark und Dante Lam fabriziert werden – entweder er wurde nach mehreren lokalen Flops nicht gefragt oder hält sich raus und war nicht interessiert; deswegen wieder westlichen Aufträge um Silent Night (2023) und das The Killer (2024) Remake – inszeniert die Gefechtsgemälde relativ grobschlächtig, in Einzelszenen kommt seine Sprache durchaus zum Ausdruck, ansonsten ist das Angriff und Verteidigung, Heranstürmen und 'Niedermähen' oder 'niedergemäht' werden, die typischen Zeitlupen sind ebenfalls bei Einzelszenen, gerade bei dem Überfall im Dorf aus erhöhter Lage zu bemerken und deren Wirkung (durch Stunt Coordinator Brian Smrz) zu vermelden, ansonsten Durcheinander pur und Hektik und Kampf um Leben und um Sterben. Schauspielführung und Charakterisierung ist vielleicht bei drei, vier Figuren existent, wobei die beiden Navajo noch am menschlichsten und am reichsten gezeigt werden, was immerhin den Titel und ihre Funktion rechtfertigt, der Kampf für andere Männer in einem für sie fremden Land. Die Stuntarbeit und allgemein das technische Handwerk hier ist immerhin exquisit, wenn man das so sagen kann, die Kriegsszenen als spekulatives Spektakel, als explosive Exploitation, auf Dauer ermüdend und kräftezehrend selber für den Zuschauer auch, Krieg als andauerndes Feuerwerk, als baldige Abstumpfung und als großer dumpfer Kokon. Narrativ bis auf die Prämisse (und einige Details) seltsam leer und unpersönlich wirkend, Hunderte von Menschenleben vernichtet, ein riesiges Grab.